Rüdiger Pichler liebte Schach, davon zeugt auch dieses Spiel, das er unter besonders prekären Umständen hergestellt hatte. Im Jahr 1939 zur Wehrmacht und an die Ostfront eingezogen, blieb Rüdigger Pichler dort bis zu den letzten Kriegstagen stationiert. Er wurde aufgegriffen und im südrussischen Krasnodar in ein Kriegsgefangenenlager gebracht, wo er bis 1949 inhaftiert blieb. In dieser Zeit fertigte er diese Schachfiguren aus Dachrinnenblech an. Das verzinkte Eisen lässt sich sehr leicht formen, wie an den Figuren gut zu erkennen ist. Schach war (und ist) einer der wenigen Möglichkeiten des Zeitvertreibes für Gefangene. Die Möglichkeit, Spielsituationen zu kreieren, ist schnell geschaffen und muss nicht die feine Ausarbeitung von Rüdiger Pichlers Figuren haben. Ein paar Linien am Fußboden, mit Spielfiguren aus Steinen, Brot oder anderen verfügbaren Materialien reichen zum Spielen aus, um andere Personen oder auch sich selbst zu fordern.
Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft wurde Schach für Rüdiger Pichler zur intellektuellen Betätigung, der er laut seiner Familie jedoch nur als "durchschnittlicher" Spieler nachkam.
Das Schachspiel verwendete er allerdings nicht, um seiner Leidenschaft nachzugehen, sondern er hielt es im Verborgenen- genauso wie die meisten seiner Erlebnisse und Erfahrungen in zehn Jahren Krieg und Gefangenschaft. Nur einmal bekam sein Sohn die Dose mit den 32 Schachfiguren zu Gesicht, bevor Rüdiger im Jahr 2007 verstarb und das Spiel im Zuge der Verlassenschaft wieder auftauchte. Von einem dazugehörigen Schachbrett wissen seine Nachkommen jedoch nichts zu berichten.