Bräuche und Rituale

Warum gibt es Rituale und Bräuche?

Viele Objekte im Volkskundemuseums stehen mit Bräuchen und Ritualen im Jahres- und Lebenslauf in Verbindung. Mit ihnen markieren, strukturieren und erleichtern Menschen ihr alltägliches Leben, sie können Halt und Sicherheit geben. Dazu gehören gelernte und fast schon automatische Handlungen wie das Grüßen, Bedanken, Glückwünschen oder auch die von vielen gepflegten, oft auch individuell gestalteten Feierlichkeiten wie Geburtstagspartys, Hochzeitsfeiern oder andere festliche Anlässe.

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Insbesondere in Übergangssituationen in Lebenszusammenhängen, bei welchen sich größere Veränderungen abzeichnen, also zum Beispiel beim Schuleintritt, beim ersten Job oder bei der Pensionierung, oder auch im Verlauf eines Kalenderjahres (zum Beispiel zu Neujahr, zum Frühlingsbeginn, zum Ende des Sommer) haben Rituale und Bräuche für viele Menschen eine wichtige Funktion. Sie markieren Anfang und Ende einer als wichtig verstandenen Periode. Bräuche und Rituale sind eng mit Gewohnheiten, Vorstellungen und Bedürfnissen von sozialen Gruppen verbunden und spiegeln auch einen eingeübten Rhythmus wider. Oft werden Bräuche als etwas "Altes, das immer gleich bleibt" angesehen. Allerdings ändern sich Bräuche immer wieder und damit zumeist auch ihre Bedeutung für die Menschen bzw. die einzelnen Gruppen.

Im Volkskundemuseum finden Besucher*innen Objekte, Fotos und Geschichten zu Bräuchen und Ritualen, aber auch zu deren Veränderung!

Jahreslauf

Rituale vom Frühling bis zum Winter

Immer schon haben Menschen versucht, einen Blick in die Zukunft zu werfen, vor allem rund um den Jahreswechsel. Zahlreiche Bräuche, sogenannte "Orakelbräuche", zeugen von diesem Bedürfnis. Im Volkskundemuseum können Besucher*innen Näheres über das früher übliche "Hütl heben", "Scheitl ziehen" oder "Pantoffel werfen" erfahren – Bräuche, die noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter anderem bei Hausangestellten, Arbeiter*innen in der Landwirtschaft oder auch bei Unverheirateten sehr beliebt waren und auch zur Unterhaltung beigetragen haben.

Das Bleigießen am 31. Dezember ist heute noch bekannt. Die Figuren, die beim Gießen entstanden und mit denen die Zukunft gedeutet wurde, wurden früher übrigens aus flüssigem Wachs gegossen.

Im islamischen, chinesischen und jüdischen Kalender fällt der Jahreswechsel auf ein anderes Datum, aber auch hier wird der Übergang vom alten ins neue Jahr unter anderem mit Musik und speziellem Essen gebührend gefeiert.

Doch nicht nur zum Jahreswechsel zelebrieren wir einen "Zeitenübergang": 
In alpinen Gegenden wie der Steiermark ist das Ende des Sommers ein bedeutender Abschnitt, nämlich der, die Almwirtschaft zu beenden. Die Senner*innen gehen mit dem Vieh von den Almen zurück ins Tal. Ist die Zeit auf der Alm ohne Unglück verlaufen, werden die Tiere mit Blumen, Tannengrün und bunten Bändern geschmückt. Der "Almabtrieb" markierte deutlich den Übergang vom Almleben zum Hofleben und ist heute auch für Tourist*innen ein beliebter Ausflugstermin. Somit hat dieser Brauch eine weitere Bedeutung erhalten.

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Lebenslauf

Rituale von der Geburt bis zum Tod

In allen Weltgegenden üben Menschen rund um die Geburt eines Kindes Rituale und Bräuche aus, um Mutter und Kind zu stärken und zu schützen.

Das Volkskundemuseum hat in seiner Sammlung etliche Objekte, die von diesen Übergangsritualen erzählen. So wurde zum Beispiel dem Neugeborenen ein sogenanntes Fraisenhäubchen aufgesetzt, dies sollte das Kind vor Krankheiten und "bösen Geistern" schützen. Verwandte haben von Wallfahrten Taufgeschenke mitgebracht, sie sollten die neuen Erdenbürger*innen stärken.

Auch heute sind populäre magische Handlungen äußerst beliebt. Verschenkt werden Amulette, Steine, Armbänder oder Halsketten und auch wenn wir nicht unbedingt "daran glauben" – mit ihnen wünschen wir Glück, Gesundheit und Erfolg.

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Alltagsleben

Gerade auch unser Alltagsleben ist geprägt von rituellen Handlungen.  Wir grüßen uns, wünschen uns einen "guten Tag" oder "guten Appetit". So banal das auch erscheinen mag, diese Handlungen sind weder zufällig noch unveränderbar. Sie passen sich permanent aufs Neue den jeweiligen soziokulturellen Bedingungen an. Die Krise rund um Covid-19 erforderte ein rasches Umdenken. Von Händelschütteln, Umarmungen und Küsschen mussten wir lernen Abstand zu nehmen. Doch entsteht im kulturellen Tun niemals ein Vakuum. Sofort kursierten etwa über die verschiedensten sozialen Medien Tipps für eine neue Begrüßungskultur. Auf die gesetzliche Anordnung von Mundschutz folgten alsbald Nähanleitungen für deren kreative Gestaltung. Und wir haben gelernt, auch damit umzugehen.
Alltagsrituale sind wichtig. Wir markieren damit nicht nur Zeitpunkte im Tagesablauf, sie helfen uns auch, die Interaktion und Kommunikation mit anderen zu lenken und zu stabilisieren. Sie haben also eine wichtige soziale Funktion im gesellschaftlichen Miteinander. 

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