Obstgarten

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„Edle Piern und Öpfl Pelzer“

Die Geschichte des Obstbaus in Eggenberg ist älter als das heute bestehende Schloss. Schon das spätmittelalterliche Haus besaß einen großen Garten, der während des Umbaus zur fürstlichen Residenz weiter betrieben wurde, schließlich waren Früchte und Gemüse kostbar. Ein großer Hof hatte immer viele Mäuler zu stopfen. Hofgärtner Peter Preiner betreute schon vor 1630 den fürstlichen Obstgarten, den man damals “Pelzgarten” nannte, weil darin Edelreiser (“pelzer”) auf robuste Unterlagen (“wiltling”) veredelt (gepölzt) wurden.

Nach Abschluss des Schlossbaus begann man 1663 mit dem umfangreichen Ausbau des alten Renaissancegartens zur riesigen formalen Anlage mit ihren „Kränzelgärten“ und Baumalleen, „Wasserkünsten“, Spielflächen und Fasangärten, die sich bald bis an die heutigen Parkmauern erstreckte. Ein großer Bereich davon – auf einer nördlich des Schlosses gelegenen Terrasse – war ein Baumgarten, den der Hofgärtner Conrad Windthofer ab 1663 mit „allerlei Pirnen, Öpfl, Marillen, Spänische Weixel und andere Fricht“ befüllte. Schon ein Jahr später konnten kostbare „Busigan Piern“ und Nüsse sowie Pfirsiche und andere Früchte durch Boten nach Schloss Waldstein gebracht werden, wo sich die alternde Fürstinwitwe aufhielt, der man damit Freude bereiten wollte. Hunderte „edle Piern und Öpfl Pelzer auß denen demollirten Gärten umb die Statt Gräz“ wurden zum Veredeln für die Eggenberger „Pelzschuell“ angekauft, um genug Obst für den riesigen barocken Hof zur Verfügung zu haben.

Nach Sommer-, Herbst- und Wintersorten getrennt, wurden die Früchte sorgfältig eingelagert, auf vielfache Art konserviert und verarbeitet oder von einer eigens eingestellten „Obstdörrerin“ in zwei großen Dörröfen haltbar gemacht.

„Von Pämmeräntschen und Lemonj Pämblen“

Obst war nicht nur essenzieller Teil der Nahrung, man brauchte es auch, um kostbare Toilette-Artikel („schmeckertes Wasser“) oder Arzneien herzustellen. Vor allem die seltenen Zitrusfrüchte, die nur in eigenen Glashäusern überwintern konnten, zählten zum wertvollsten Schmuck barocker Gärten. Daneben waren sie aber auch unverzichtbare Hilfsmittel barocker Diät, Hygiene und Heilkunde.

Dafür wurde auch in Eggenberg ab 1689 ein riesiges Pämäräntschenhaus (Orangerie) erbaut und vorerst mit mehreren Fuhren„Pämmeräntschen und Lemonj Pämblen“ aus der fürstlichen Herrschaft Haasberg in Krain (Hošperk/Slowenien) befüllt, Lorbeer und Granatäpfel gab es schon zuvor. Andere Exoten wurden sogar aus Holland importiert. Fürstin Eleonora Maria Rosalia von Eggenberg engagierte sich ganz besonders in der Krankenpflege und hatte 1695 eine umfangreiche Rezeptsammlung „zu Trost, Nutz und Hülff aller Rath- und Mittellosen armen Krancken“ herausgebracht, die unter dem Namen „Aufgesprungener Granatapfel des christlichen Samaritans“ weite Verbreitung fand und über 30 Auflagen erlebte. In ihren Diätspeisen und Arzneien spielt Obst – im Besonderen Zitrusfrüchte, Quitten, Birnen und Trauben – eine große Rolle.

„Im herrschaftlichen Hof Baumgarten“

Ab 1755 wird der Garten im großen Stile umgestaltet und modernisiert. Zwar bleiben die Dimensionen erhalten, aber alle Bauten, Pavillons, Mauern, Brunnen und der Statuenschmuck werden im Geschmack des Rokoko erneuert. Die Hainbuchenspaliere werden ebenso neu gepflanzt wie die üppigen Broderieparterres vor dem Schloss. Und natürlich sind auch die Obstbäume von den Umgestaltungen betroffen. Auf persönliche Anweisung des neuen Hausherrn, Leopold Graf Herberstein, kauft man in Schielleiten Hunderte neue Obstbäume. Es folgen aber auch modische „zwerglbaumer“ – niedriges, in vielfältige Formen zu schneidendes Spalierobst, das aus Frankreich importiert und an den schützenden Mauern des großen Küchengartens gepflanzt wird.

Der neue herrschaftliche Hof Baumgarten wird nun sogar wesentlich erweitert. Auch die Heckenkarrees des Ziergartens an der Ostseite des Parks sind nun mit Obstbäumen bepflanzt. Der Hofgärtner Johann Pech und sein Nachfolger Ignaz Hofmann verwenden viel Mühe auf Pflanzung und Pflege der zahlreichen hochstämmigen Äpfel-, Birnen- und Zwetschgenbäume, die hier angezogen werden. Das war in den ersten Jahren harte Arbeit – die Baumgärten wurden regelmäßig umgegraben und mit Farn bepflanzt, der zur Bodenverbesserung eingearbeitet wurde. Man kann diese aufwendigen Techniken noch heute in barocken Pomologien nachlesen.

Waren sie einmal angewachsen, blieben die Obstwiesen bestehen und wurden nur zweimal jährlich gemäht. Am Ende des 18. Jhs. lieferte der Schlossbaumgarten auch 350 Zenten Heu und 175 Zenten Krumet im Jahr. Die harte Arbeit scheint sich jedenfalls gelohnt zu haben, Hoffmanns „sehr schöne und schmackhafte Borstorfer Äpfel” wurden noch eine Generation später gelobt. Der Obstüberschuss, der nicht für den Eigenbedarf benötigt wurde, erbrachte immerhin noch mehr als 1.000 fl. Einnahmen im Jahr. 

Vom großen Ziergarten zur gewinnbringenden „Obsttreiberey“

„Wir haben uns hier seit 5 Tagen niedergelassen. Eggenberg zeigt sich in seiner ganzen Schönheit. Die Obstbäume stehen in voller Blüte und verbreiten einen köstlichen Duft“, kann der neue Besitzer, Jerome Graf Herberstein, noch kurz nach 1800 von einem ersten Besuch berichten. Doch das sollte sich rasch ändern.

Die Napoleonischen Kriege treffen auch die Steiermark hart, Graz wird zweimal besetzt und Herberstein zieht es vor, viele Jahre lang auf seinen weit entfernten schlesischen Gütern zu bleiben. Eggenberg steht leer und im Garten fuhrwerkt der neue Obergärtner Severin Purtscher, der bald „unverkennbare Zeichen des Wahnsinns“ zeigt. Fataler jedoch ist der Krieg. Im Mai 1809 quartiert sich General MacDonald mit einem ganzen Kavallerieregiment in Eggenberg ein – zwar nur für wenige Tage, doch auch in so kurzer Zeit können Hunderte hungrige Soldaten, die viel Brennholz brauchen, gewaltigen Schaden anrichten. Als die Franzosen abziehen, wird das Schloss für einige Zeit Militärspital und es braucht Jahre, bis die Anlage wieder instand gesetzt werden kann. Erst 1829 nimmt Jerome Herberstein, der selbst ein begeisterter Amateurgärtner war, die Arbeiten auf und lässt Eggenberg mithilfe seines jungen schlesischen Obergärtners Franz Matern langsam zum englischen Landschaftsgarten umgestalten.

Matern und sein Herr haben große Pläne. Sie wollen nicht nur die schönste Gartenanlage weit und breit erschaffen, sondern auch einen rentablen Handelsgarten – also eine Verkaufsgärtnerei – einrichten, in der der Überschuss der Produktion an Blumen, Bäumen und Sträuchern verkauft werden kann. Doch Matern plant so großzügig – mit neuen Glashäusern und Schauanlagen, umfangreichen Ankäufen von Exoten in ganz Europa –, dass die Ausgaben die zu erwartenden Einnahmen bei weitem übersteigen und der Handelsgarten nie ein finanzieller Erfolg wird. Herberstein verliert rasch das Interesse daran.

Lediglich die Obsttreiberey erweist sich nach 1835 als gewinnbringend. Der viel zu groß gewordene barocke Küchengarten wird zur Baumschule umgestaltet, auf der über 10.000 Hochstämme und getriebenes Zwergobst (französ. Pfersich Baumer, Apricosen, Hochstammige Reglotten od. Perdrigon, Merawelln) für Eigenbedarf und Verkauf produziert werden.

Aus diesen Jahren haben sich einige Verkaufskataloge der Herberstein´schen Handelsgärtnerei erhalten, die uns einen guten Einblick in die Sortenvielfalt von Edelobst in Eggenberg geben. „Veredelte Obstbäume, welche als Hochstämme, Zwerg- oder Spalierbäume abgegeben werden“ bietet Matern darin an, darunter 46 Sorten Äpfel, 72 Sorten Birnen, 16 Sorten Marillen, 23 Sorten Pfirsiche, 51 Sorten Kirschen oder Weichseln und 16 Sorten Pflaumen – alle auf Quitten- bzw. Johanneskirschen-Stämmchen veredelt, wie Matern erklärt – werden neben 23 verschiedenen Weinreben ab 1836/37 zum Verkauf angeboten.

Selbst als Matern den Dienst quittiert und sich selbstständig macht, hält sein Nachfolger, der ebenfalls aus Schlesien stammende Friedrich Wägner, den Obstbau in reduzierter Form noch über Jahrzehnte aufrecht. Erst nach Jeromes Tod 1847 unter einem neuen Gutsherrn, der für Gärten wenig Interesse zeigt und sich kaum in Graz aufhält, geht es mit dem Eggenberger Garten langsam bergab. Wägner wird alt und misslaunig, das Gartenpersonal wechselt immer häufiger und 1859 kann der Garten und die Obsttreiberei nur noch als „verwahrlost“ beschrieben werden. In den 1870er-Jahren wird die Handelsgärtnerei ganz eingestellt.

Erinnerung – ein neuer Obstgarten entsteht

Nach 1880 hat sich niemand mehr mit Obstbau in Eggenberg beschäftigt, die einst pflegeaufwendige Parkanlage verwandelte sich im 20. Jh. zum einfachen Stadtpark, der eingefriedete ehemalige Küchen- und Schaugarten verwilderte zur Gänze. Seit 2003 konnten in einem großen Parkpflegewerk viele der verlorenen ehemaligen Gartenräume restauriert und wieder erlebbar gemacht werden.

Dramatische Schäden in einem der ältesten Parkbereiche an der Ostecke der Anlage zwangen uns im Winter 2015/16, dort einen großen Teil der schwer erkrankten, noch aus dem 18. Jh. stammenden Hainbuchen zu entfernen. Die dabei entstandene große freie Fläche hatte aber auch etwas Gutes. Sie bot die Möglichkeit, dort eine Erinnerung an die ehemaligen Obstwiesen, die sich seit 1755 zwischen den hohen Heckenwänden des Ziergartens befanden, zu erschaffen und so den Besucherinnen und Besuchern von heute eine kleine Vorstellung vom Eggenberger Garten des 18. Jhs. zu geben, dessen Wegestruktur sich dort ungestört erhalten hat.

Außerdem wird es so möglich, zumindest einige der kostbaren historischen Obstsorten, die heute vielfach vom Aussterben bedroht sind, wieder zu pflanzen und auch dem modernen Publikum etwas von der Vielfalt an Formen, Farben und Geschmack alter Früchte zu vermitteln. Die aus dem frühen Biedermeier erhaltenen Kataloge der Herberstein´schen Handelsgärtnerei waren uns bei der Auswahl der Sorten eine große Hilfe.

Die kleine Fläche, die wiederum im Schutz einer hohen Hainbuchenhecke steht, bietet Platz für etwa 50 Apfel- und Birnbäume, die – wie im 18. Jahrhundert – in Linie gepflanzt sind. Die Reihen werden jeweils von einer Quitte – der „barockesten“ aller Früchte – eröffnet. Historische „Berühmtheiten“ unter den Äpfeln wie der Rote Stettiner, Weißer Wintercalville, Danziger Kantapfel oder Champagnerrenette wechseln sich mit uralten, weniger bekannten Sorten wie Patte de Loup, Sternapi, Weiberrenette oder Wiener Rosenapfel ab. Die seit der Renaissance dokumentierte Palmischbirne wird ebenso zu finden sein wie die doppelte Philippsbirne, Grise bonne oder die Köstliche aus Charneux. Sobald der Garten angewachsen ist, kann man mitunter bei Führungen Vieles zur Kulturgeschichte des Obstbaus erfahren.

Der Geschmack der Vergangenheit

Mit der Wiederherstellung eines kleinen formalen Obstgartens ist der Eggenberger Schlosspark um eine weitere Attraktion reicher. Gut 50 historische Apfel- und Birnensorten, in traditioneller Manier auf Hochstamm veredelt, werden in den kommenden Jahren die Vielfalt an Formen, Farben und Geschmack alter Früchte wieder erlebbar machen.

Gute Graue

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Roter Stettiner

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Champagner Renette

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Weißer Winterkalville

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Sternapi

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Borsdorfer Apfel

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