Der Ginkgo ist ein echter Überlebenskünstler, dessen erstaunliche Geschichte mehr als 200 Millionen Jahre zurückreicht. Fossile Blätter datieren, kaum verändert, bis in die Kreidezeit zurück und machen den Ginkgo zu einem „lebenden Fossil“, das Einblicke in Bau- und Lebensweise von Bäumen in früheren Stadien der Evolution ermöglicht. Weder den Laub- noch Nadelgehölzen zuzuordnen, ist dieser Urvater der Bäume zweihäusig (diözisch), es gibt also männliche und weibliche Exemplare.
Der Ginkgo ist nicht nur überaus robust und kann bis zu 1.000 Jahre alt werden, er bietet mit seinen prachtvollen, feurigen Herbstfarben auch einen spektakulären Anblick im Garten. Die charakteristisch gelappten Blätter erinnern an kleine Fächer und damit auch an seine ostasiatische Heimat, wo Gin-Kyo, die „Silberaprikose“, seit über tausend Jahren in Tempelgärten Chinas und Japans kultiviert und verehrt wird. Unser Eggenberger Exemplar stammt aus den 1830er-Jahren.
Der deutsche Arzt und Forscher Engelbert Kaempfer brachte den Ginkgo aus Japan nach Europa, wo er sich Ende des 18. Jahrhunderts als gesuchter Exote in Landschaftsgärten etablieren konnte. Einer seiner frühesten Verehrer war J. W. von Goethe, der ihm auch ein Gedicht widmete.
Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie’s den Wissenden erbaut.
Ist es Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Dass man sie als Eines kennt?
Solche Fragen zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn:
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Dass ich Eins und doppelt bin?
J. W. von Goethe, Ginkgo biloba, Westöstlicher Diwan, 1819