Gerhardt Moswitzer hat in seiner bisherigen, langen Schaffensphase einige ganz charakteristische Werkstränge durchlaufen. Einer davon umfasst die Gruppe der Figurenbilder, welche um 1960 erstmals in seinem Werk auftauchen und Moswitzer mit Unterbrechungen und in verschiedenen Variationen etwa zwei Jahrzehnte lang beschäftigten. Der Begriff „Figur“ ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn nicht um Figuren im eigentlichen Sinn handle es sich, sondern um „quasi-figürliche Gebilde: allerhand Köpfe, Büsten und aufrecht dastehende Gestalten“, wie Otto Breicha bemerkte.
Die Skulptur von 1961 zählt zu den ältesten dieser Arbeiten, sie weist jedoch bereits die wesentlichen Merkmale dieser Werkgruppe auf. Zunächst: Moswitzer arbeitet (in der Hauptsache) mit Eisen und alle Bestandteile dieser Figuren sind aus einer Vielzahl verschiedenartiger Eisenteile, Bänder, Stäbe, Platten etc. zusammengesetzt bzw. verschweißt. Im konkreten Fall haben wir es mit einer schmalen Konstruktion zu tun, der ein kubenförmiges Gebilde aufgesetzt ist, aus dem wiederum zwei längliche, zum Ende hin auskragende Bänder senkrecht in die Höhe ragen. Der klassischen Bildhauerkunst ist die Montage des Objekts auf einem Steinsockel verpflichtet. So behutsam wir mit der Bezeichnung dieses Objekts als „Figur“ auch vorgehen sollten, sosehr evozieren seine Umrisse die Form einer menschenähnlichen Gestalt, welche sich in die Bereiche Rumpf und Kopf zu gliedern scheint.
In gewisser Weise erinnern diese frühen Arbeiten an Idole, magische Objekte religiöser Verehrung, wie wir sie aus den Kulturen der primitiven Völker kennen. Und sie zeigen eine auffällige Verwandtschaft zur Plastik im Umkreis des Surrealismus, zu Max Ernst oder Picasso, einem der „Urväter“ der modernen Eisenplastik, der wie viele andere auch aus dem Motivkreis der Primitiven schöpfte. Obgleich der lyrische Gehalt im Lauf der Jahre konstruktiver Formstrenge gewichen ist, stets sind Moswitzers Figuren von dieser wesenhaften Aura umgeben.