Im herbstlichen Reigen

Die Zeit der Ernte

Der Herbst hat einen besonderen Zauber. In der bunten Jahreszeit wird der Natur ein besonderer Tribut gezollt. Die Erntezeit steht im Vordergrund und viele Bräuche lehnten sich an das Wetter an, wenn stürmische Zeiten begannen und vermeintliche Geister Einzug hielten. Dankbar sein für die Ernte und sich im Positiven verbinden, um für die kalte und oft schwere Jahreszeit gut vorbereitet zu sein. 

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Erntedank

Die gefüllten Scheunen, Keller und Kammern im Herbst gaben Anlass zu Dank und Fest. Als Arbeitsabschlussbrauch wurde das Erntedankfest im Laufe der Zeit aus der häuslichen Sphäre in die Öffentlichkeit getragen und geformt. Während heute die Erntekrone oder ein Erntekranz aus Maiskolben, Ähren, Obst oder Feldfrüchten hergestellt, in einem Umzug geführt wird, gliederte sich das Fest in früheren Zeiten in drei Teile. Der Ernteabschluss bestand aus der Überreichung eines Erntekranzes, mancherorts auch einer Krone, an den Grundherrn, aus dem Erntemahl und dem anschließenden Schnittertanz. Der Erntekranz wurde aus den schönsten und längsten Halmen gebunden und mit Bändern geschmückt. Nach vollendetem Schnitt wurde er am Felde stehen gelassen oder nach Einbringung der Ernte am Kornschober aufgehängt. Das Erntemahl, auch „Schnitthahn“ oder „Saathenne“ genannt, fand im Haus des Bauern oder Grundherrn statt, der als Dank ein üppiges Essen auf den Tisch stellte. Der anschließende Schnittertanz wurde vom Hausvater mit der Magd, oder einer ausgestopften und mit Bändern geschmückten Puppe aus Kornähren eröffnet. Es folgten allgemeiner Tanz, verschiedene Spiele und Wettläufe.

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Ruabfeldln oder Ruamfeldln

Die „Raffelmess“ in Gößl am Grundlsee (Steirisches Salzkammergut) wird am letzten Sonntag im Oktober zu Ehren des Erzengels Raphael gefeiert. Nach der Messe kochen die Kinder an einer Feuerstelle für ihre Eltern das regionale Gericht „Esch(d)bohnkoch“, ein Erdäpfelsterz, oft mit Würsteln. Dazu wird Schnapstee gereicht, und das Ganze wird von Musik begleitet. Der Brauch des „Ruabfeldln“ hat eine lange Tradition und entstand vermutlich, weil bei der Rübenernte wegen der Wetterverhältnisse keine Mittagspause gemacht wurde. Stattdessen kochten die Kinder für die Eltern. Es gibt verschiedene Erklärungen über den Ursprung dieses Brauchs: Eine besagt, dass Knechte und Mägde nach der Ernte Rüben und Schnaps vom Bauern bekamen. Eine andere Version erzählt, dass Kinder und arme Leute die Felder nach übrig gebliebenen Rüben absuchten und sie vor Ort braten durften. Ein besonderes Element dieser Tradition ist das „Teebeutelschupfen“, bei dem die Kinder gebrauchte Teebeutel gegen eine Felswand werfen, damit sie haften bleiben. Der Brauch wird auch heute noch von den Dorfkindern, deren Eltern Grundbesitz haben, gepflegt.

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Martiniloben

Am Gedenktag des heiligen Martin, der jedes Jahr am 11. November gefeiert wird, spielte traditionell ein reichhaltiges Festmahl eine zentrale Rolle. Dieses Festessen, das als Martiniloben bekannt war, brachte die Menschen zusammen, um den Tag gebührend zu feiern. Dabei wurde insbesondere die Legende des heiligen Martin in Erinnerung gerufen, die von seiner Bescheidenheit und seinem Versuch erzählt, der Wahl zum Bischof zu entgehen. Der Überlieferung nach versteckte sich Martin in einem Gänsestall, doch die Gänse verrieten ihn durch ihr lautes Geschnatter, weshalb er schließlich doch zum Bischof ernannt wurde. Aus diesem Grund kam den Gänsen eine besondere symbolische Bedeutung zu, und so spielte das Verspeisen von Gänsen oder anderem Geflügel an diesem Tag eine zentrale Rolle. Das Gänseessen fiel zudem mit der Endphase der Gänsemast zusammen, sodass die Vögel besonders gut genährt und für das Festmahl geeignet waren. Auch in der heutigen Zeit ist das sogenannte „Martinigans-Essen“ weit verbreitet und vielerorts eine beliebte Tradition. Familien und Freunde versammeln sich, um gemeinsam Gänsebraten zu genießen und so die alten Bräuche rund um den heiligen Martin fortzuführen. Diese Tradition verbindet kulinarischen Genuss mit historischem und religiösem Erbe.

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Kasmandln

Nach alter Tradition mussten sowohl Mensch als auch Vieh bis zum Martinstag, der am 11. November gefeiert wird, die Almen verlassen haben. Erst am Georgitag, dem 24. April, kehrten sie zurück, um die neue Almsaison zu beginnen. In der Zwischenzeit, so glaubte man, zogen Geister und mystische Wesen in die verlassenen Almhütten ein und trieben dort ihr Unwesen. Besonders in Salzburg und im oberen Ennstal waren diese Geister unter verschiedenen Namen bekannt, darunter „Kasmandln”, „Hüttenwaberl” oder „Winterschwoagerin”. Diese Geister sollten die Almhütten während der kalten Wintermonate bewohnen. Um die Geister gnädig zu stimmen und ihr Unheil abzuwenden, ließ man häufig Speisereste als Wintervorrat für sie in den Hütten zurück. Es war ein Zeichen des Respekts und diente zur Beschwichtigung dieser übernatürlichen Bewohner. Für Kinder bot diese Zeit ebenfalls besondere Bräuche. In manchen Gegenden verkleideten sie sich als Sennerin, Hüterbub oder Almvieh und zogen von Haus zu Haus. Sie trugen dabei Sprüche vor, oft als Dank für kleine Gaben, die ihnen die Hausbewohner reichten. Mancherorts trugen die Kinder lediglich einen Sack mit Augenlöchern über dem Kopf, um eine mystische Gestalt zu imitieren und an die alten Traditionen zu erinnern. So blieb die Verbindung zu den sagenumwobenen Almgeistern lebendig.