Streuobstwiesen

1994 Jahr der Streuobstwiese

Streuobstwiesen gestalten die Landschaft und bieten vielen Wildtieren Lebensraum. Warum die Erhaltung und Pflege von Streuobstwiesen so wichtig ist.

Endlich fanden sich zwei öffentliche Institutionen, das LÄNDLICHE FORTBILDUNGSINSTITUT STEIRMARK und die Landesgruppe Steiermark des ÖSTERREICHISCHEN NATURSCHUTZBUNDES, und haben die landschaftsgestaltenden Streuobstwiesen zu einem Schwerpunktarbeitsprogramm für die nächsten Jahre gemacht.

Bildinformationen

Streuobstbäume erhalten und pflegen

Es gibt eine Vielzahl von Argumenten, warum gerade die Streuobstwiese eine besonders zu erhaltende Kulturlandschaft ist.

Zu nennen wären hier unter anderem die ökologische Bedeutung, der landschaftsästhetische Wert und natürlich der uns allen fruchtbringende Wert, wenn wir im Herbst nach der Ernte in frisches, aromatisches und vitaminreiches Obst beißen bzw. Veredelungsprodukte aus diesen Früchten genießen dürfen und dabei gleichzeitig an den Blütenzauber der Obstgärten im Frühjahr denken, an die Schönheit der Dörfer, gleichsam eingebettet in unsere vorhandenen Obstgärten.

Die Streuobstwiese, die ihre Bedeutung vor rund 250 Jahren bekam, als man gezielt begann, Obstbäume in Baumschulen zu züchten und zu kultivieren, entstand eigentlich unbeabsichtigt als ein von Menschenhand geschaffenes Stück Natur, die nun einen ganz charakteristischenLebensraum für eine große Vielfalt von Pflanzen und Tieren bietet.

Hecken, Feldgehölze, Säume an Äckern und Wegen werden immer seltener, daher auch unsere Kulturlandschaft immer monotoner. Alte Obstgärten bieten daher auch eine Art Rückzugsgebiet bzw. Ersatzlebensraum für viele Arten, die hier ideale Lebensbedingungen vorfinden, weil diese Wiesen zumeist einer extensivenNutzung unterliegen.

Die Streuobstflächen mit ihren blütenreichen Wiesen, mit ihren lockeren, licht- und wärmedurchfluteten Baumbeständen bieten unzähligen Schmetterlingen, Fliegen, Wespen, Bienen, Hummeln, Heuschrecken, Käfern und Wanzen Nahrung und Lebensraum. Diese stellen wiederum eine Bereicherung des Nahrungsangebotes für die Vogelwelt, Fledermäuse, Eidechsen und Spitzmäuse dar.

Von besonderer ökologischer Bedeutung sind aber auch die Altbaumbestände mit einem gewissen Anteil an „Totholz“. Sie sind unersetzbarer Lebensraum für Käfer, Wildbienen und spezielle Ameisenarten. Die Astlöcher bzw. offenen Stammteile dieser Bäume geben vielen Höhlenbrütern die Chance, ihre Nachkommen aufzuziehen. Besonders gerne nehmen sie der Steinkauz – in der Steiermark konnte leider in den letzten Jahren kein brütender Steinkauz mehr beobachtet werden – Wendehals, Grünspecht, Buntspecht, Gartenrotschwanz und verschiedene Meisen Arten an.

Auch für uns Jäger stellen Streuobstwiesen ein Dorado dar. Wie herrlich aufregend kann es im Frühjahr sein, wenn wir zur Zeit der Obstbaumblüte unsere ersten längeren Erkundungsgänge machen, sich bei Windstille am Abend der Duft der Blüten des Maschanzkerbaumes oder der Kirsche über uns legt, die Rehe das erste zarte Grün unter den mit Blüten bedeckten Obstbäumen aufnehmen und im letzten Abendlicht die Vögel Schutz in den Kronen der Bäume suchen. Streuobstbäume sind aber auch Nahrungsspender für den Steinmarder, Iltis, Hermelin, Mauswiesel und für den Igel. Vor allem im Herbst, wenn das Fallobst am Boden liegt und ansonsten das Äsungsangebot nicht mehr besonders vielfältig ist, hat dieses Nahrungsnagebot für unser Wild eine besondere Bedeutung. Viel zu selten, da die Streuobstbäume oft zu wenig gepflegt werden, bietet sich unserem Wild die Delikatesse des Prossholzes aus dem Winterschnitt an.

Streuobstwiese vor dem Winterschnitt

Wie lange wird es sie noch geben, diese für unsere ländlichen Gebiete so charakteristischen Streuobstwiesen, oder fallen sie alle unserem Rationalisierungsdenken zum Opfer? Wie wird es in fünf Jahren aussehen, wenn wir uns in einem „Europäischen Wirtschaftskreislauf“ bewegen, der noch mehr maschinenegerechteProduktionsflächen verlangt? Wer wird am ehesten diesem Profitstreben weichen müssen? Höchstwahrscheinlich jene Pflanzen, die am unwirtschaftlichsten sind. Für viele Besitzer werden es ihre zum Teil überalterten und wenig gepflegten Obstbäume sein, die zwar in ausreichender Sortenvielfalt zur Verfügung stehen, aber offensichtlich zu wenig finanziellen Ertrag bringen. Dass Produkte aus dem Streuobstbau gut vermarktbar sind, zeigen uns einige Spezialisten in der Steiermark.

Wie lange wird es sie noch geben, diese für unsere ländlichen Gebiete so charakteristischen Streuobstwiesen, oder fallen sie alle unserem Rationalisierungsdenken zum Opfer? Wie wird es in fünf Jahren aussehen, wenn wir uns in einem „Europäischen Wirtschaftskreislauf“ bewegen, der noch mehr maschinenegerechteProduktionsflächen verlangt? Wer wird am ehesten diesem Profitstreben weichen müssen? Höchstwahrscheinlich jene Pflanzen, die am unwirtschaftlichsten sind. Für viele Besitzer werden es ihre zum Teil überalterten und wenig gepflegten Obstbäume sein, die zwar in ausreichender Sortenvielfalt zur Verfügung stehen, aber offensichtlich zu wenig finanziellen Ertrag bringen. Dass Produkte aus dem Streuobstbau gut vermarktbar sind, zeigen uns einige Spezialisten in der Steiermark.

Welche Bilder könnte unsere Fremdenverkehrswirtschaft heute in fernen Ländern unter dem Markenartikel „typisch Österreich“ verkaufen, wenn es nicht unsere, durch Obstgärten strukturierte und durch Obstbaumalleen gekennzeichnete Kulturlandschaft, die uns alle angeht, ob Bauer, Jäger, „Naturbenützer“ oder Ökologen, gäbe.

Ich hoffe mit diesen Gedanken dazu beizutragen, dass es uns vielleicht gemeinsam gelingt, in den nächsten Jahren mit Überzeugungskraft, Idealismus und auch wirtschaftlich bedeutenden Ideen die Obstbaumbesitzer zu überzeugen, dass die Pflege und Erhaltung unserer Streuobstbäume und der darunterliegenden Wiesen einen wertvollen Beitrag für unser gesamtes Ökosystem darstellen.

Text: Mag. Karlheinz Wirnsberger
Veröffentlicht: Der Anblick 2/1994

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