Jagdlicher Festtagsrock

Nadelmalerei aus der Werkstatt Amalie Hayduck

Graz 1838

Ein Rock der besonderen Art ist in der Dauerausstellung im Jagdmuseum Schloss Stainz zu sehen. Die Größe des Kleidungsstückes lässt vermuten, dass er für einen Knaben geschneidert wurde, die gestickten Motive hingegen lassen auf einen Jäger als Besitzer schließen. Die Details scheinen wiederum von einem Botaniker oder Zoologen beeinflusst zu sein.

Dieser jagdliche Festtagsrock wurde aufwendig von „Amalie Hayduck Grätz den 16. Juny 1838“ gefertigt.

Der graue, taillierte Herrenrock mit glatt anliegendem Oberteil ist mit breitem Umlege- und Reverskragen ausgestattet. Die langen Ärmel sind mit Manschetten aus dunkelgrünem, reich besticktem Tuch versehen. Der Oberstoff ist aus feinem Loden gearbeitet, das Futter im Vorderteil aus Tuch geschneidert. Für die Rückenteile wurde Seidengewebe verarbeitet.

Das Besondere an diesem Stück ist die Art der Stickerei aus Seide in einer Vielzahl an Farbtönen. Diese Flachstickerei bezeichnet man auch als „Nadelmalerei“, da sie den Eindruck eines Gemäldes vermittelt.

Material/Technik: Rock aus Loden und Tuch; Flachstickerei/Nadelmalerei aus Seide

Dauerleihgabe, Landwirtschaftliche Sammlung, Reg.Nr. 0004/02

Bildinformationen

Was zeigen die Motive der Stickereien?

Auf der linken Rückseite zeigen die Jagdszenen einen Jäger mit zwei Hunden auf Hasenjagd, auf der rechten Rückseite einen Jäger auf Gamsjagd. Woher kennt man diese Art der Darstellung? Die Ähnlichkeit mit der bekannten Darstellung des Erzherzogs Johann in alpenländischer Kleidung ist augenscheinlich, besonders auffällig ist der traditionelle „Erzherzog-Johann-Hut“ mit dem Gamsradel. 

Interessant sind auch die besonders detailreich gearbeiteten Manschetten, die das nach Erzherzog Johann benannte und nur an wenigen Plätzen im Salzkammergut, auf der Koralpe und am Hochobir vorkommende Erzherzog-Johann-Kohlröschen (Nigritella archiducis-joannis) zeigen – die „vielleicht seltenste Orchidee Österreichs“.

Wem gehörte der Festtagsrock?

Johann Dulnig war ein an der Montanlehranstalt in Schemnitz ausgebildeter Bergmann und wurde 1830 aufgrund seiner Fachkenntnisse im Bereich der Konstruktionstechnik vom „Radmeister“ Erzherzog Johann als Bergverwalter nach Vordernberg geholt. Er bekam den Auftrag, dort Transportanlagen für die Lieferung des am steirischen Erzberg gewonnenen Eisenerzes nach Vordernberg zu bauen. So lernte Dulnig auch Anna Plochls Schwester Marie kennen, die er im Jahre 1837 mit Erzherzog Johann als Beistand im Zuge einer Doppelhochzeit in Vordernberg heiratete.

Da Johann Dulnigs Körperbau klein und zart war, ist der jagdliche Festtagsrock für einen erwachsenen Mann relativ klein geschnitten.

Das Rätsel um den Auftraggeber des prachtvollen Kleidungsstückes scheint gelüftet: Erzherzog Johann beschäftigte sich unter anderem intensiv mit Naturwissenschaften, speziell mit Botanik, und darüber hinaus ganz besonders mit der Jagd. Dieser Rock war sein Geschenk an Johann Dulnig (1802–1873), einem besonders geschätzten Freund.

Text: Mag. Karlheinz Wirnsberger