Vor ungefähr 500.000 Jahren tauchen aus Asien kommend die ersten Menschen in Mitteleuropa auf. Während der ersten 490.000 Jahre bildet die Jagd ihre primäre Existenzgrundlage. Erst vor ungefähr 10.000 Jahren (!) – bedingt durch die Einführung einer produktiven Nahrungserzeugung durch Ackerbau und Viehzucht – endet die Vorherrschaft der Jagd als vorrangige Ernährungsquelle. In den folgenden Jahrtausenden entwickelt sie sich mehr und mehr von einem existenziellen zu einem gesellschaftlich-kulturellen Phänomen. In ihrem Wandel bilden sich in Europa wesentliche Aspekte herrschender Machtverhältnisse ab. Diese reichen vom ausschließlichen Jagdrecht einiger weniger privilegierter Jagdherren über die höfische Jagd bis zum im Rahmen gesetzlicher Regelungen herrschenden individuellen Recht jagdhandwerklich geschulter Personen auf die Ausübung der Jagd.
Im frühen Mittelalter dominiert in Europa die Volksjagd. Das Recht zur Jagd war frei und stand jedem Menschen zu. Erst unter den Merowingischen und Karolingischen Königen, also ab dem 8. Jahrhundert, eignen sich die Herrschenden das alleinige Jagdrecht an. Zuletzt lagen alle Rechte in der Hand des Königs. Indem er diese an den Adel weitergab, tauschte er Geld oder Dienstleistungen gegen Prestige und soziales Ansehen. Damit bleiben Bürger und Bauern fast tausend Jahre lange von der Jagd ausgeschlossen. Übertretungen des Verbots werden mit hohen Strafen geahndet.
Aus der mittelalterlichen Herrenjagd entsteht im Barock die verschwenderisch und ausschweifend gestaltete höfische Jagd, die sich zu einem wichtigen Element absolutistischer Repräsentation entwickelt. Unterhaltung und Belustigung bestimmen ihre Organisation und Techniken. Sie befriedigt aber auch die Schaulust des einfachen Volkes.
Höfische Jagd diente nicht dem Nahrungserwerb. Ihr Ziel und Erfolg waren die Inszenierung der Herrschaft in Verbindung mit einer möglichst großen Zahl erlegten Wildes. Hohe Wildbestände waren dafür die Voraussetzung. Die bäuerliche Landwirtschaft hatte unter den Folgen zu leiden: Für die manchmal überhandnehmenden Wildschäden gab es – im Gegensatz zu heute – keinen Schadenersatz. Darüber hinaus musste die ländliche Bevölkerung bei der Jagd auch noch unbezahlte Hilfsdienste, Frondienste oder Jagdrobot, leisten. Kein Wunder, dass die Einstellung weiter Kreise der Bevölkerung zur Jagd bis weit in das 19. Jahrhundert hinein negativ geprägt war.
Dem Wilderer, der sich durch sein Tun gegen die Herrschaft und ihr System auflehnte, gehörten naturgemäß die Sympathien des Volkes.
Reste der höfischen Jagd lassen sich noch in gegenwärtigen Jagdritualen erkennen. Sie reichen über die Ansprache des „Jagdherren“ bis zum „Schüsseltrieb“. Der Anspruch auf Exklusivität wird in der Kleidung und im Pflegen einer seit dem Mittelalter entstandenen eigenen Begrifflichkeit („Jägersprache“) bestimmt.