Zapfen bezeichnen in der Botanik die weiblichen Blütenstände der Nadelholzgewächse, in der Medizin die in der Netzhaut des Auges liegenden Sehzellen. Damit weist sich dieser Begriff als changierend zwischen dem für uns zu Beobachtenden und dem aktiven Beobachten aus. Modifiziert erscheint er formal bei großer Kälte als Eiszapfen. In seiner morphologischen Besonderheit und phänomenologischen Vielfalt entspricht der Zapfen auch semantischer Mehrdeutigkeit.
Eine konstruierte, von einem Ast hängende, zwei Meter große weiße Watte-Zapfenform dekonstruiert in seiner Weichheit und Überdimensionalität nicht nur unsere Vorstellung von Zapfen, sie untersucht als bewusst im Außenraum platzierte Arbeit auch skulpturale Formgebung, Materialität, Fragilität und Präsenz sowie Dauer und Vergänglichkeit.
„Watte ist grundsätzlich ein loses Gefüge von Fasern oder Fäden, die nur aufgrund der Haftung untereinander ein Volumengefüge ergeben.“ (Wikipedia) Wir assoziieren mit diesem Material Wärme, Heilung, Reinheit und Stille, gleichzeitig vermittelt seine Weißheit Kälte und Starre. Innerhalb dieses bipolaren Paradoxons oszilliert jede Formgebung zwischen dieser Starre und Unschärfe, Flüchtigkeit und Unfasslichkeit, sodass eine Plastik trotz präziser Modellierung nicht endgültig begrenz erscheint.
Diesen scheinbaren Widerspruch erweitert Martin Gostner noch einmal, indem er der amorphen Struktur einen strukturellen Begriff zuordnet und Watte in seiner Arbeit als Apparat begreift, um von ihr als „Vorrat an visuellen Werkzeugen“ zu sprechen. „So besitzt eine Plastik aus Watte“, wie er sagt, „in ihrer Gestaltlosigkeit und morphologischen Vielfältigkeit…den größten Vorrat. Sie ist ein ungeheurer morphologischer Speicher – Reservoir und Ressource zugleich.“