Seit den 80er-Jahren verfolgt Tom Carr einen Weg, der mit monumentalen Plastiken markiert ist und mit denen er an die Vitalität der Archetypen anknüpft. Es sind jeder Theorie vorgelagerte Eröffnungsformen, entstanden zum Zeitpunkt, da man mit der Welt zurechtkommen muss, was ihre Mächtigkeit gebietet: teilen und aufziehen, artikulieren, verbinden und überholen, einfangen oder durchqueren … Der Bildhauer begreift den Bezug zwischen Materie und Raum als Metapher des Geistes, der sich selbst entdeckt.
Open, eine gigantische Zusammenfügung zweier identischer Stahlrohrstrukturen, materialisiert den Übergang eines Menschen, des Lichts und der Luft zur Transparenz. Der zentrale Spitzbogen in Menschengröße ist eine Aufforderung an den Besucher mitzumachen. Von vorne gesehen, streckt das Werk seine Flügel aus und lädt zum Aufstieg ein. Die vertikale mit Schwarz betonte Achse gerät zu einem Pfeil: Das Werk lebt im Projekt.
Der Betrachter ahnt den „Abflug“ und seine Utopie; die Dynamik reißt ihn mit. Vom Profil her aber überwiegt die Schwere: Open hat eben aufgesetzt. Es vermittelt den Eindruck, als ob es sich in sich selbst zurückziehen möchte. Angesichts der ineinander greifenden leeren Räume findet der Betrachter wieder in die Komplexität der Welt zurück.
Die Bedeutung des Werks ändert sich mit dem Blickwinkel und der Distanz: Es geht bald um Umkehr, bald um Entfernung und um die Ambivalenz jeden Lebens. Und zwischen den zwei Konzepten nimmt es die Kinder auf, die spontan auf ihm herumklettern.
Durch das Schwarz, Grau und Weiß, die die Metallstruktur gliedern und die Symmetrie verletzen, atmet es. Je nach Licht oder Jahreszeit verschwimmen ganze Abschnitte mit der Umgebung oder heben sich von ihr ab: Durch den Schnee werden die weißen Teile, durch das Laub die dunklen Linien unsichtbar, sodass sich das Werk wie eine Geschichte ständig neu erfindet. Es passt sich an, zieht sich zurück oder bietet sich der Landschaft an, an der sie teilhat. Die Natur entscheidet, vereint oder vereinzelt.
Open kündigt auf diese Weise das Motiv der im Raum schwebenden Fragmente an, mit denen Tom Carr seit 2002 experimentiert. Aus diesem Experiment entwickelt sich eine Reflexion über die Diskontinuität des Bewusstseins.