Hätte man die Räume über die Jahrhunderte durchgehend beheizt, wären die Deckenbilder wegen des Temperaturunterschiedes zwischen Innenraum und darüber liegendem Dachboden längst verloren. Das ist auch der Grund, warum vergleichbare Zyklen von Ölgemälden an der Wand sonst nirgendwo erhalten geblieben sind. Auch die übrige Ausstattung der Räume mit ihren sensiblen organischen Materialien (Holz und Textil) hätte Klimaschwankungen nicht gut überlebt, sind sie doch ein Hauptgrund für tiefgreifende Schadens- und Alterungsprozesse.
Bausubstanz und Ausstattung reagieren auf rasche Klimaschwankungen (Erhöhung bzw. Verminderung der Temperatur) durch Aufnahme bzw. Abgabe von Feuchtigkeit in die umgebende Luft. Warme Luft kann wesentlich mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte. Ist die Luft soweit abgekühlt, dass sie keinen Dampf mehr aufnehmen kann, kondensiert die Feuchtigkeit an der kältesten Oberfläche, ein Phänomen, das man sehr gut an den eigenen Autoscheiben beobachten kann. Auch in Innenräumen sind sehr oft die Fenster (Scheiben und Holzrahmen) die meist belasteten Flächen, in den Prunkräumen jedoch auch die Deckengemälde, weil sie nur durch eine Lage von Deckenbalken vom kalten Dachboden getrennt sind und die dampfsperrende Schicht der Ölmalerei gleichzeitig die Kondensfläche (Taupunkt) ist.
Aber auch alle übrigen organischen Oberflächen fungieren als Feuchtigkeitspuffer für die Raumluft: Kühlt diese ab und kann weniger Dampf aufnehmen, geht der Überschuss in hölzerne oder textile Substanzen, die dann aufquellen; erwärmt sich der Raum durch das Beheizen, geht der Prozess in die andere Richtung, das Holz trocknet aus und „reißt“ – auch ein Phänomen, das man in der eigenen Wohnung sehr gut beobachten kann.
Für historische Materialien entsteht in dieser Folge von Expansions- bzw. Kontraktionsprozessen eine Fülle von Stressfaktoren mit bösen Folgen:
- Abblättern von Fassungsschichten durch Spannung oder Dampfdruck
- Lockerung der Gefüge
- Bersten von Holzteilen
- Verlust von Fassungsbindungen durch Erweichen der Bindemittel
- Durchfeuchtung von Bauteilen oder wandgebundenen Ausstattungen
- daraus folgend Befall durch Mikroorganismen (Schimmel)
- Mobilisierung von Salzen
Diese Prozesse verstärken sich gegenseitig in ihrer schädlichen Wirkung, eine rasch fortschreitende Alterung und Zerstörung der Substanz ist die Folge. Deshalb ist jedes Museum so besorgt um sein Raumklima. Ein möglichst stabiler Feuchtigkeitsgehalt und möglichst langsame Trocknungsprozesse sorgen für die Schonung der Substanz und deren längeren Erhalt. Da man in die Prunkräume aber keine Klimaanlage einbauen kann, ohne sie gleichzeitig zu zerstören, folgen wir dem seit Jahrhunderten bewährten Muster: Wir geben ihnen Zeit, sich den natürlichen Veränderungen langsam anzupassen.
Deshalb endet die Saison in Schloss Eggenberg immer noch am 31. Oktober. Die Balken der 52 Fenster werden geschlossen. Sie schützen vor Kälte, Starkregen oder Schneestürmen. Die Innenräume kühlen, dem Außenklima entsprechend, ganz langsam ab, bis die Innentemperatur im Februar ihren Tiefstand erreicht hat. Sämtliche Materialien können sich diesem Prozess langsam anpassen, ohne dabei Schaden zu nehmen, wie die Geschichte des Hauses beweist. Die Klimakurven sind dabei erstaunlich stabil, sogar ruhiger und flacher als die Klimakurven einer ideal eingestellten Klimaanlage.
Wir nehmen diese Einschränkung in der Raumnutzung für eine Erhaltung auf lange Sicht gern in Kauf und finden auch viel Verständnis dafür bei den Besucherinnen und Besuchern. Nicht alles ist jederzeit und für alle benutzbar, zugänglich und vermarktbar. Denkmäler sind per se Werte. Sie haben eine nicht konsumierbare Dimension, die zu respektieren sich die zivilisierte Gesellschaft verpflichtet hat. Erhaltung und Bewahrung ist in hohem Maß auch Beschränkung.
Während in einer Ausstellung kostbare Objekte in Vitrinen präsentiert werden, um sie vor mechanischen oder klimatischen Schäden zu schützen, ist diese Maßnahme bei einem Denkmal wie Schloss Eggenberg nicht möglich. Sein besonderer Wert liegt auch im unmittelbaren Erlebnis einer anderen Zeit. Unsere Gäste haben die seltene Möglichkeit, die historischen Innenräume ohne moderne Interventionen zu erleben, ohne Plexiglasverkleidungen vor den Wänden, ohne Glasstürze über Porzellanobjekten oder Absperrungen vor den Möbeln. Nur wenige historische Häuser bieten diesen einzigartigen Erlebniswert.