Zu Pferd gelangte man damals von Murau bis in die Krakau zu Hausbesuchen, kleineren Operationen und Geburten

2. Oktober 2024, Alfred Baltzer

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"Was erzählst du: Steiermark?" im vollbesetzten Murauer Handwerksmuseum! Wir gingen Geschichten über eine mutige Ärztin und die Entwicklung der medizinischen Versorgung seit den 40er-Jahren im Bezirk Murau nach - gemeinsam mit Brigitte Heitzer und Dr. Rainer Walland...

Full House im Murauer Handwerksmuseum: Ausgehend von den Medizinischen Geräten von Dr. Erika Walland-Zwicknagl drehte sich das von Uli Vonbank-Schedler moderierte Gespräch am 14. September um die Entwicklung der medizinischen Versorgung seit den 40er-Jahren im Bezirk Murau. Brigitte Heitzer und Dr. Rainer Walland erzählten von ihren eigenen Erfahrungen in der jeweiligen Ordination als Medizinisch Technische Assistentin bzw. Landarzt. 

Trotz widriger Wetterbedingungen folgten rund 60 Murauer*innen der Einladung, worüber wir uns sehr gefreut haben!  Ein großes Dankeschön auch an die Mitarbeiter*innen des Murauer Handwerkmuseums, die die Veranstaltung ohne Beisein unseres Teams durchführten. Wir nahmen an diesem Tag die Reisewarnungen der Bundesregierung ernst und mussten unsere Fahrt von Graz nach Murau absagen.

Wir haben einen tollen Nachmittag versäumt:

"Mit Pferd und ausgemusterten Heeresfahrzeugen fuhr man damals von Murau bis in die Krakau zu kleineren Operationen und Geburten, hatte keine dienstfreien Zeiten - dafür aber hauseigene Labore. Fachärzte gab's in Murau erst in den 70er-Jahren. Heute leiden die Menschen am Land - fast so wie damals - unter Ärztemangel, Versorgungsknappheit und fehlenden Fachärzten...", erzählt Alfred Baltzer.

 

Medizinischer Notfall im Jahr 1947 mit Frau Dr. Erika Zwicknagl

Herr N.N., heute 85 Jahre alt, erinnert sich:

Ich war damals ein 8jähriger Bub, es war Juli 1947. Wir wohnten in der Wurmb-Villa in der Badstraße in Murau. Ich kletterte auf eine Linde in der Nähe unserer Wohnung. Durch den Bruch eines Dürrastes stürzte ich aus ca. 5 – 6 m Höhe auf die Schotterstraße. Meine Mutter verständigte die Hausärztin Dr. Erika Zwicknagl. Diagnose: innere Verletzungen mit starkem Blutverlust.

Die Hausärztin nahm Kontakt mit dem LKH Knittelfeld und mit meinem Vater auf, ein Rettungswagen stand nicht zur Verfügung. Das Privatauto der Hausärztin stand ohne Räder in der damaligen Werkstätte Schuhberger, wo mein Vater arbeitete. Dieser montierte die Räder eines anderen PKW`s auf das Auto von Dr. Zwicknagl.

DI Walland chauffierte Dr. Zwicknagl (die beiden waren damals noch nicht verheiratet) sowie den 8jährigen Patienten mit seinem Vater, der mich hielt, nach Knittelfeld ins LKH. Die Fahrt: eine Tortour bei schlechtesten Straßenverhältnissen.

Im Krankenhaus angekommen entschied der chirurg. Primar Dr. Tschebull (Cebull?) auf eine sofortige Operation mit Öffnung des Bauchraumes. Er sagte, er hätte zwar einen Anästhesisten aber keine Assistenz. Darauf Dr. Zwicknagl: „Ich assistiere“.

Die OP ging auf Leben und Tod, die linke Niere und die Milz waren schwerst verletzt und mussten entfernt werden. Der Blutverlust, ebenso lebensbedrohlich, konnte durch eine spontane Blutspende des Vaters (der die richtige Blutgruppe hatte) momentan ausgeglichen werden.

Die OP ging gut aus, ich konnte nach 3 Wochen das LKH Knittelfeld verlassen; die Hausärztin kontrollierte in den folgenden Wochen das rote und weiße Blutbild selbst.

Der Unfall ereignete sich in den Schulferien, ich habe keinen Unterricht versäumt. Für ihren selbstlosen Einsatz danke ich Frau Dr. Walland-Zwicknagl heute noch, sie war eine wunderbare Ärztin mit viel Herz.

 

Danke an Alfred Baltzer vom Verein zur Förderung des Murauer Handwerksmuseums, der uns die Geschichte hat zukommen lassen!


PS: Der Verein freut sich über Spenden, um seine Projekte in mehrheitlich ehrenamtlich geleisteten Arbeitsstunden zu finanzieren:

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Raffaltplatz 10, 8850 Murau
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