5. Bezirk GRIES

Der Name verbindet den Bezirk mit der Mur. Er bezeichnet den feinen Murschotter des Flussgeschiebes. So kennt auch das Buch „Steirischer Wortschatz“ (1903) den Griesler als 1.) allgemein Uferbewohner und 2.) speziell den Einwohner des Bezirkes Gries. Dieser ist aus mehreren Siedlungen entstanden, war (bzw. ist) wie der Lend von Verkehr und Industrie geprägt sowie ein Viertel der armen Leute.

Gries, ein Viertel zwischen Stadt und Land

Lazarettfeld
Heute befindet sich hier das Shoppingcenter Citypark.
Der murnahe Teil des Viertels, vom Flugzeug aus gesehen
Das Viertel zwischen Griesplatz und Elisabethinergasse, vom Flugzeug aus gesehen
Rösselmühlgasse „Vorstadtidyll“

Das Schloss Karlau

Als Graz 1564 Residenz von Innerösterreich wurde, setzte im städtischen Umland verstärkter Schlossbau ein: repräsentative Bauten ohne Wehrfunktion entstanden (und das trotz der drohenden „Türkengefahr“!). Selbst der Landesfürst Erzherzog Karl II. ließ sich ein Lustschloss in der nach ihm benannten Karl-Au errichten. Das Lustschloss erfuhr eine bemerkenswerte Metamorphose: 1784 Arbeitshaus, 1803 Provinzialstrafhaus, 1872 Zellengefängnis.

Schloss Karlau
Strafanstalt Karlau
Straßennamensschild „Auf der Tändelwiese“
Tändel ist eine alte Bezeichnung für Damhirsche und die Tändelwiese ist ein Wildpark, im konkreten Fall der Tiergarten mit jagdbarem Wild um das Schloss Karlau.

Rund um den Griesplatz

Wie der Lendplatz bildet der Griesplatz eine linsenförmige Erweiterung der wichtigen Nord-Süd-Verbindung, die 1728 zur Triester Kommerzialstraße wurde. Hier siedelten sich zahlreiche Gasthöfe an.
Griesplatz
Speisekarte des Express-Buffet Griesplatz
Verkehrsposten am Griesplaz
In den 1960er Jahren wurden Verkehrspolizisten zu Weihnachten von dankbaren Verkehrsteilnehmern beschenkt! Geschenkannahme erlaubt!

Die Triestersiedlung

Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte große Wohnungsnot in Graz. Und so wurde unter anderem mit dem Bau der Siedlung im Bereich Triester Straße begonnen. (Für alle Bauten wurden Arbeitslose herangezogen.) Der Nationalsozialismus schuf dann das große Siedlungsgebiet. Die Mehrzahl der Wohnungen war für umgesiedelte Südtiroler vorgesehen. Fertig gebaut wurden die Objekte teilweise allerdings erst nach 1945.

Bildinformationen

Der Zentralfriedhof

Der Zentralfriedhof hat allein schon aufgrund seiner Größe den Anspruch, eine Stadt der Toten zu sein. 1898 fand hier das erste Begräbnis statt. Der Friedhof ist heute interkonfessionell mit Gräberfeldern für muslimische und koptische Gläubige.

Weitzer/SGP/Siemens: Bahngebundene Industrie

1861 begann Johann Weitzer (1832–1902) mit der Herstellung von Kutschen, doch bald verlegte er sich auf den Bau von Lokomotiven und Waggons. Zu den Abnehmern zählten u. a. Indien, Java, China, Australien. Auch Militärfuhrwerke, Dampfkessel etc. wurden produziert, später auch Straßenbahnen. 1938 erfolgte die Stilllegung des Werks,  1941 die Fusionierung mit den Pauker-Werken. Nach 1945 wurde im SGP-Werk Graz Lokomotivgeschichte geschrieben. Heute ist das Siemens-Werk Graz-Eggenberg anerkannt für die Entwicklung und Fertigung von Fahrwerken für alle Arten des modernen schienengebundenen Verkehrs.

Am 3. April 1938 kam Adolf Hitler nach Graz. Als Lokalität für eine Massenkundgebung wurde bewusst die Lokomotivmontagehalle gewählt, wo die Maschinen seit Längerem stillstanden.

Puchwerke: Es begann im Gries

Janez/Johann Puch (1862–1914), ein Schlosser aus Ptuj/Pettau, verließ 1899 seine Werkstätte in der Strauchergasse und richtete an der Südgrenze der Stadt sein Fahrradwerk ein (Puchstraße!). Bald wurden dort auch Motorräder und Autos gebaut. 1914 beschäftigte Puch bereits 1.000 Mitarbeiter/innen. Nach seinem Tod wurde die Firma mit Austro-Daimler verbunden und 1938 zu Steyr-Daimler-Puch fusioniert. Im Werk Graz wurden 86 % der Motorräder Österreichs gebaut. Während des Krieges verlagerte sich der Produktionsschwerpunkt nach Thondorf.

Gries - Das jüdische Zentrum von Graz

Bis zur Zwangsvertreibung durch das NS-Regime gab es in Graz einen jüdischen Bevölkerungsanteil von 1-2 %. Nachdem es in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem verstärkten Zuzug gekommen war, lebte rund ein Drittel der Grazer Juden im Bezirk.
Trotz massiver Widerstände konnte am Grieskai eine Synagoge errichtet werden. Anlässlich ihrer Einweihung am 14. September 1892 hob Oberrabbiner Güdemann hervor: „Die deutsche Kultur hat an den Juden eifrige Pfleger gefunden … Möge (also) das neue Go
Deutschtum und Judentum sollten aber gerade in Graz Gegensätze sein. Die Stadt war von einem immer stärker werdenden Antisemitismus geprägt.
Hass und Ausschreitungen eskalierten und erreichten 1938 mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten einen neuen Höhepunkt.
Die geschändete Synagoge
In der propagandistisch als „Reichskristallnacht“ bezeichneten Aktion 9./10. November 1938) organisieren in Graz SA- und SS-Männer die Zerstörung der Synagoge am Grieskai, der Schule und der Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde.
Die neue Synagoge
„Die neue Synagoge erhebt sich aus den Ruinen der alten. So bleibt die Erinnerung an die Zerstörung wach und zugleich wird durch den Neubau Zuversicht und Hoffnung ausgedrückt.“ Am 9. November 2000 wurde die neue Synagoge ihrer Bestimmung übergeben.