Das Goldene Kalb Hans Holleins, des Universalkünstlers, wie Peter Weibel konstatiert, wurde im Rahmen seiner Personale 2011 vor der Neuen Galerie positioniert. 2013 ändert sich sein Aufstellungsort und wechselt in den Österreichischen Skulpturenpark.
Ausgehend von der technischen Revolution und rückverweisend auf die Bedeutung von Geschwindigkeit und Maschine seit den Futuristen und Kubisten reflektiert Hollein Bewegung und Veränderung von Raum und Zeit durch Technik und neue Materialität. Es geht dabei nicht nur um Interesse am Ineinandergreifen unterschiedlicher Materialitäten wie Licht, Farbe, Substanz und deren Konsistenz durch wissenschaftliche Erkenntnisse, es ist auch Geschwindigkeit, die unvorstellbare Dynamiken andenken lässt und die sich mit Neupositionierung von Raum und Zeit trifft.
Hans Hollein zitiert in seiner Arbeit Das Goldene Kalb ganz bewusst die erste technische Fortbewegungsmaschine, die Eisenbahn, deren Weg auf vorgefertigten Schienen klar vorherbestimmt und nachvollziehbar ist und gleichzeitig utopische Impulse für neue Lebensformen denkbar macht und eröffnet. Die sich mit Bauhaus und De Stijl entwickelnde Verbindung von Kunst und Handwerk, Kunst und Technik oder Kunst und Industrie findet in der von Hollein getätigten manifesten Aussage „Alles ist Architektur“ im Jahr 1968 einen weiteren Höhepunkt, der ähnlich dem Satz „Jeder Mensch ist ein Künstler“ von Joseph Beuys von 1967 gesellschaftsverändernde und selbstverantwortete Position des Menschen einfordert.
Indem Hollein Automobile ebenso wie diesen Waggon zum Kunstwerk erhebt, vergleicht er nicht einzelne Disziplinen oder wertet sie, sondern er demokratisiert sie. Parallel untersucht er ideologische, materielle, ideelle, merkantile, religiöse oder kultische Werte und konfrontiert uns mit diesen anhand eines Waggons, der nicht per se Dynamik, sondern als mitgeführtes Transportmittel und damit bewegliches Potenzial vor uns aufgebaut erscheint.
Es ist ein allen bekanntes Objekt, das in der Heraus-, Emporhebung und Vereinzelung neu wahrgenommen wird und damit unsere Wirklichkeit neu konstruiert. Errichtet im Zeitalter der Kommunikations- und Informationstechnologie verweist diese Arbeit bewusst auf deren Beginn, also in die Geschichte, gleichzeitig in ihrer Dynamisierungsbereitschaft immer noch auf eine utopische Vision schönen Lebens, also in die Zukunft. Und doch steht sie trotz ihrer potenziellen Mobilität, die eine Analogie zu Ortlosigkeit bedeutet, in der Gegenwart.
Konzeptuell versieht Hans Hollein das analoge Transfermittel von Mineralöl, des „flüssigen Goldes“, mit edler Goldfarbe. So changiert der Satz Holleins „Alles bauen ist kultisch“, den er mit dem überdimensionalen Waggon als Monument für die Opfer des Holocaust im Jahr 1963 prägte, im Zusammenhang mit dem alttestamentarischen Titel und Zitat des biblischen Götzenbildes zwischen sakraler Symbolsprache und Pop Manier, höchstem materiellem Wert und virtueller Realität, Archaik und Flüchtigkeit.