Bereits in den 1940er-Jahren beschäftigte sich Heinz Leinfellner mit dem Motiv liegender bzw. „ruhender“ Figuren, einem geradezu klassischen Thema der Kunst seit der Antike, welches Maler wie Bildhauer gleichermaßen faszinierte. Für das 20. Jahrhundert steht vor allem das Werk Henry Moores Pate, der von den drei Grundstellungen der menschlichen Figur – stehen, sitzen und liegen – in der liegenden das größte Potential für den Bildhauer sah, da sie in Bezug auf Komposition und Umgang mit dem Raum ein Höchstmaß an Freiheit zuließe.
Wie der große Engländer war auch Leinfellner den Strömungen der klassischen Moderne verpflichtet, wobei er seine „Ruhenden“ im Lauf der Jahrzehnte auf stilistisch vielfältige Weise variierte. Am Anfang standen neoklassische Figuren, welche ihre Nähe zur Plastik Ariside Maillols zeigen. Darauf folgten Werke, die mit ihrer pastos-bewegten Oberfläche, die einer flimmernden Aura gleich die voluminösen Gliedmaße und eigenwillig proportionierten Körperteile überfängt, an den Plastiker Matisse erinnern.
Intensiv setzte er sich mit der Kunst der Primitiven auseinander, wobei er zu ähnlichen Lösungen wie Picasso und André Derain gelangte. Schließlich führte sein Weg zu jener kubistisch-konstruktivistischen Formensprache, welche das Bild der österreichischen Nachkriegsplastik nachhaltig prägte und u. a. im Werk Fritz Wotrubas (dessen Mitarbeiter und Assistent Leinfellner gewesen ist) exemplarischen Ausdruck fand.
Leinfellners „Die Große Ruhende“ setzt sich aus grob behauenen, geometrisierend-vereinfachten Einzelformen zusammen, welche sich jedoch in der präzisen Erfassung der gelösten Körperhaltung wie selbstverständlich zu einem natürlichen Ganzen verbinden. Dabei verzichtete der Künstler nicht darauf, die verschiedenen Richtungen, in welche Arme, Beine, Rumpf und Kopf weisen, einer ausgewogenen Komposition einzugliedern, womit Kunst- und Naturform zu einer perfekten Synthese geführt sind.