Sammlung Schloss Trautenfels

Kupferstich mit einer Darstellung von Schloss Trautenfels. Im Hintergrund sind Berge zusehen. Kupferstich mit einer Darstellung von Schloss Trautenfels. Im Hintergrund sind Berge zusehen.

Bildinformationen

Geschichte der Sammlung

Als Abteilung des Universalmuseums Joanneums gehört Schloss Trautenfels zu den jüngsten Häusern des ältesten und zweitgrößten Museums in Österreich. 1951 beschloss die Steiermärkische Landesregierung, in den Prunkräumen von Schloss Trautenfels eine Abteilung des Joanneums einzurichten, mit dem Auftrag, die Natur- und Kulturgeschichte des Bezirkes Liezen zu sammeln, zu bewahren und zu dokumentieren, zu erforschen und zu vermitteln. Am 9. August 1959 wurde das „Heimatmuseum“ als Museum für den Bezirk Liezen im Schloss Trautenfels offiziell eröffnet. Mit 21. November 1971 erfolgte die Umbenennung in „Landschaftsmuseum Schloss Trautenfels“, seit 2011 heißt die Abteilung „Schloss Trautenfels“.

Seit den 1950er-Jahren kam es zu intensiven Begehungen der Region durch die Naturwissenschaftler*innen des Joanneums. Mit ihren Sammlungen legten sie den Grundstock für die im Landschaftsmuseum von Anfang an vertretenen Bereiche Geologie, Mineralogie und Zoologie. Ebenso gelangten die Funde von regionalen archäologischen Grabungen in das Museum.

Karl Haiding (Museumsleiter 1955–1975),[1] der mit dem Aufbau des Museums betraut worden und auch dessen erster Leiter war, sammelte von 1955 bis zur Eröffnung im Jahre 1959 intensiv, um eine Sammlung für den Bezirk Liezen aufzubauen und um dem gerade in dieser Zeit drohenden Verlust von bäuerlicher und handwerklicher Sachkultur entgegenzuwirken. Der Objektbestand des Museums wurde in kurzer Zeit durch volkskundlich wertvolle Stücke vermehrt. Bäuerliches Arbeitsgerät, Belege zum Hausbau, Handwerkszeug, Hausrat, Möbel, Volkskunst, Objekte zum Thema Brauch sowie Gegenstände aus dem Alltag der Menschen im Bezirk Liezen wurden in die Sammlung übernommen. Mit themenspezifisch geplanten Sonderausstellungen (Bienenzucht und Lebzelterhandwerk, Wald und Holz, Almwirtschaft in der Steiermark) konnte im Zuge von Feldforschungen aktiv gesammelt und dokumentiert werden.

Die Erweiterung der Sammlung durch Dr. Volker Hänsel (Museumsleiter 1975–2005) erfolgte bereits in einem weiter gefassten Rahmen, angeregt durch die zeitgemäßen Gesichtspunkte volkskundlichen Sammelns am Ende des 20. Jahrhunderts. Einerseits erweiterte er die historische Sammlung, andererseits begann er bereits in den 1980er-Jahren mit dem Sammeln von Objekten aus dem Alltag der Menschen im 20. Jahrhundert. Gesamtbestände von Haushalten, Privatsammlungen und Werkstattinventare konnten seit den 1980er-Jahren für den neuen Sammlungsbereich „Alltagskultur des 20. Jahrhunderts im Bezirk Liezen“[2] übernommen werden. Für den Bereich Natur fanden private Bestände von Präparaten, Mineralien und Gesteinen Eingang in die Sammlung.

Aufgaben, Ziele und Positionierung der Sammlung im 21. Jahrhundert

Schloss Trautenfels nimmt aufgrund der spezifisch regionalen Aufgabe und wegen seines Standortes eine Sonderstellung innerhalb des Universalmuseums Joanneum ein. Die historische Sammlung reicht von den klassischen volkskundlichen Objekten bis zu zoologischen, mineralogischen, geologischen, archäologischen Objekten und Gegenständen der Alltagskultur nach 1945. Da es weiterhin gilt, die Kultur und Natur des Bezirkes Liezen und deren Wandel zu dokumentieren, ist es unerlässlich, die umfassende Sammlungstätigkeit sehr gezielt fortzusetzen und den Gedanken eines „Universalmuseums im Kleinen“ beizubehalten. „Eine Region sammeln“ – so lässt sich die Herausforderung auf den Punkt bringen. Sehr viele Menschen im Bezirk Liezen identifizieren sich mit dem Landschaftsmuseum und dem Schloss Trautenfels, ihnen ist es ein Anliegen, dass Objekte bzw. Erinnerungsgegenstände aus ihren Familien in „ihrem Museum“ in der Region bewahrt werden.

Seit seiner Gründung widmet sich das Museum den vielfältigen Äußerungen von Kultur sowie der regionalen Identität und Geschichte des Bezirkes Liezen und dessen Bewohner*innen. Objektsammlungen und umfangreiche Dokumentationen aus den Bereichen Kultur und Natur dieses Bezirkes zeugen von umfassenden Arbeiten.

Heute umfasst die Sammlung 42.000 Objekte, wobei die volkskundliche Sammlung den größten Teil einnimmt. 1.000 Objekte werden in der Dauerausstellung präsentiert. Das Fotoarchiv umfasst 30.000 Schwarz-Weiß-Fotos, 25.000 Dias und mehr als 20.000 digitale Aufnahmen.

Sammlungsstrategie, -bewirtschaftung und -erschließung

Schloss Trautenfels steht als Abteilung des Universalmuseums Joanneum für die Kultur- und Naturgeschichte des Bezirkes Liezen. Daraus ergeben sich die vielfältigen Sammlungsbereiche des Landschaftsmuseums, die durch einen geografischen Raum – den politischen Bezirk Liezen – begrenzt sind. Die Schwerpunkte der bestehenden Sammlung, die auch in der Dauerausstellung nach themenspezifischen Räumen die Schwerpunkte bilden, umfassen Almwirtschaft, alpenländische Landwirtschaft, Arbeit, Archäologie (Grabungen am Dachsteinplateau mit Belegen zur frühen Almwirtschaft), bäuerliche Möbel, Bergbau, Brauch, Handwerk, Haushalt, Kleidung, Objekte zur Geschichte von Schloss Trautenfels, Objekte aus dem Alltagsleben der Menschen des 20. Jahrhunderts, Textilien, Volksfrömmigkeit, Volkskunst, Ziegel, Stopfpräparate, Mineralien und Gesteine.

Schon seit den 1970er-Jahren wird zum Thema Alltagskultur im überregionalen Kontext gesammelt. Objekte aus dem Alltagsleben im 20. Jahrhundert sind zwar in einem überregionalen Kontext einzustufen, erreichen jedoch durch die Dokumentation und die Geschichte der Menschen aus der Region weitreichende regionale Kontexte. Objekte des 20. Jahrhunderts sind wesentlich kurzlebiger und verschwinden dadurch schneller als die traditionelle bäuerliche Kultur. Umfangreiche Bestände bürgerlicher und bäuerlicher Haushalte aus dem Bezirk Liezen stehen für die Lebensverhältnisse einzelner Menschen und als Zeitdokumente für Lebensformen im 20. Jahrhundert.

Erweiterung der Sammlung

Durch themenspezifische, interdisziplinär aufbereitete Sonderausstellungen, partizipative Projekte sowie Schenkungen und gezielte Ankäufe erfolgt eine selektive Erweiterung der Sammlung.

Ein zentrales Anliegen der aktuellen und zukünftigen Sammlungstätigkeit ist die Dokumentation und Kontextualisierung der Objekte. Das bedeutet, dass nicht nur die Objekte selbst gesammelt werden, sondern auch möglichst viel Wissen über ihre Herkunft, über ihre Entstehungs- und Gebrauchskontexte. Die Erweiterung der Sammlung erfolgt nach Prinzipien der radikalen Selektivität und des signifikanten Ausschnittes. Die Sammlung konzentriert sich auf die Alltags-, Kultur- und Sozialgeschichte des Bezirkes Liezen und wird verstärkt um Leitobjekte aus dem 20. und 21. Jahrhundert erweitert.

Wir wollen uns den Mut, die Kreativität und die Freude am selektiven Sammeln bewahren, um mit außergewöhnlichen, besonderen Objekten die Region zu dokumentieren und damit zeitgemäße Beiträge zur regionalen Identität des Bezirkes Liezen in den Ausstellungen zu schaffen.

Anmerkungen

Der Volkskundler Karl Haiding (1906‒1985) war in der NS-Zeit u. a. in hoher Funktion im Amt Rosenberg tätig. Vgl. Ursula Mindler, „… obwohl ich überhaupt keine Zugeständnisse gemacht habe und meine gesamtdeutsche Einstellung den Fachkollegen durchaus bekannt ist …“ Anmerkungen zu Karl Haiding (1906‒1985), in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde NS Band LXIV, Heft 2, 2010, S. 179‒202.
 

Alltagskultur seit 1945“: Bei den zahlreichen Besprechungen der Arbeitsgruppe „Alltagskultur seit 1945“ hat sich gezeigt, dass es bei der Fülle der Alltagsobjekte keine allgemein gültigen Sammlungsrichtlinien geben kann. Es wurden für ihre Zeit charakteristische Leitobjekte ausgewählt, aus deren Umfeld Sammlungsschwerpunkte von den einzelnen Museen definiert werden.