Wolfgang Neipl

Das irritierte Auge

10.07. - 31.07.1993

Bildinformationen

Laufzeit

10.07. - 31.07.1993

Eröffnung

09.07.1993, 19.30 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

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Über die
Ausstellung

Studio der Neuen Galerie Graz


Zusatzinformationen

Ort: Studio der Neuen Galerie Graz

Zur inhaltlichen Orientierung.

Das menschliche Auge ist Schnittstelle (Interface) zwischen visueller Medienwelt und menschlichem Handeln. Durch zunehmende “Info-Datendichte“ bei schwindendem Informationsgehalt kommt es zu einer Irritation dieser Schnittstelle. Der wissenschaftliche Diskurs im Kontext Kunst-Technik-Gesellschaft beschreibt einen derzeitigen Zustand, wo längst nicht mehr jeder Aufnahme von Information eine Reaktion folgen kann. In einer “Kultur des Sehens“- droht der menschlichen Schnittstelle Auge Überreizung und Erblindung. Das erkrankte, irritierte Auge ist in meiner Arbeit Metapher dieser visuellen Kultur. Die um sich greifende Verbreitung eines Profiwahns in den Freizeitbereichen wie Sport, Kreativität, Freizeitelektronik, Schönheit und Gesundheit verdeutlicht diese Entwicklung: Der Freizeitprofi wird in eine Spirale der Rezeption und Faszination visueller Medien gerissen und schließlich wird das Auswählen lebensnotwendiger Information zum Full Tinte Job. Es kommt zu einer Polarisierung zwischen den “Informationsreichen“2, die es verstehen, die richtigen Informationen zu beschaffen, sie richtig auswählen und einsetzen zu können - und den “Information sarmen“3, die sich auf einzelne Informationsinseln und kleine Teilbereiche zurückziehen. Entsprechend sind die charakteristischen Merkmale der vorherrschenden Fernsehkultur: “Kurze Beiträge oder Häppchenkonzept, Wiederholungen innerhalb einer Sendung, ein Viertel der Sendezeit Videoclips. Als dominantes dramaturgisches Prinzip der permanente Wechsel und Kontrast, lockerer Gesprächsstil. Thematisch dominieren Unterhaltung, Entspannung und praktische Tipps“.

Zur formalästhetischen Orientierung.

Das von der Decke abgehängte Objekt ist Hülle einer elektromechanischen Videoskulptur. Als solche beinhaltet sie formalästhetische Verbindungen zwischen der traditionellen Kategorie Skulptur und einer Ästhetik des Bildschirmmediums Computeranimation.  Die auf Videoband aufgezeichnete Computeranimation und die zylindrische Hülle des Objekts mit dem Durchmesser von einem Meter verbinden sechs, in die Hülle integrierte Augensymbole (aus Polyesterguss und Sammellinsen). Diese abstrahierten Augen geben als Fenster Einblick in das Innere der Skulptur und somit auf die elektronischen Bilder der Animation. Bildträger der Animation sind vier Monitore, die eine gleichförmige Rotationsbewegung beschreiben. Die mechanische Bewegung der Monitore wird fortgesetzt in einer elektronischen Rotation“ des Auges am Bildschirm. Ihrer “schwebende Lage“ im Zentrum des Galerieraumes wegen sollte meine Arbeit dazu anregen, aus unterschiedlichen Positionen betrachtet bzw. umschritten zu werden. Der Betrachter nimmt dabei je nach seinem Standpunkt im Raum die Bildschirmbilder unterschiedlich wahr.

Wolfgang Neipl, im Juli 1993