Sophia Gatzkan und Moritz Führer gehen in ihrer Ausstellung Everyone can lace on space-age shoes der Frage nach, wo die Grenzen, die Mensch und Maschine bzw. Mensch und Tier voneinander trennen, verlaufen, und reflektieren, ob diese Grenzen überhaupt noch aufrechtzuerhalten sind.
Nach der postmodernen, postkolonialen, postindustriellen, postkommunistischen, postdemokratischen und postfeministischen Phase - und die Liste ließe sich fortsetzen - scheinen wir nun im posthumanen Zeitabschnitt angekommen zu sein. Der Posthumanismus markiert einen grundlegenden Wandel in unserer Vorstellung, was der Mensch eigentlich ist und in welchem Verhältnis er zu seiner Umwelt und den übrigen Bewohner*innen des Planeten steht. Es geht dabei nicht nur um eine Auseinandersetzung mit Wissenschaftsfeldern wie Robotik, Prothesentechnik, Neurowissenschaften, Biogenetik bis hin zu Vorstellungen von Transhumanismus und Technotranszendenz, sondern im Kern um das Wesen des Menschen und seine Weiterentwicklung.
Nach Immanuel Kant laufen die großen Fragen „Was kann ich wissen?“, „Was soll ich tun?“ und „Was darf ich hoffen?“ in der einen Frage zusammen: „Was ist der Mensch?“ Was der Mensch ist, können wir in einem ontologischen oder anthropologischen Sinn heute weniger denn je beantworten. Doch „der Mensch, der nicht weiß, wer er ist, legt fest, wer er ist“ (Konrad Paul Liessmann), und dies zeigt sich paradigmatisch in den Bildern, die er von sich selbst konstruiert. Der Mensch gefällt sich vor allem seit den letzten Jahrzehnten zunehmend darin, seine Evolution programmatisch in die eigenen Hände zu nehmen, zum Schöpfer seiner selbst zu werden. Peter Sloterdijk spricht von der „Anthropotechnik“, durch die sich der Mensch selbst zum Gegenstand von Veränderungsprogrammen macht, von der Erziehung über die Züchtung bis zur genetischen Manipulation.
Günther Anders hatte schon in den 1950er-Jahren vermutet, dass es der Mensch auf Dauer nicht aushalten werde, nicht in einer ähnlichen Weise gemacht zu werden wie seine erfolgreichen Produkte. Unter dem Stichwort „Human Engineering“ hatte Anders, wenn auch mit großer Abwehr, die Tendenz der Entwicklung vorausgesehen: „Wir schaffen uns selbst nach dem Bild der Maschinen, die wir selbst geschaffen haben.“ Man kann diese Entwicklung jedoch auch anders sehen. Die Erfindung und Entwicklung von technischen Hilfsmitteln sollten den menschlichen Körper einerseits leistungsstärker machen und ihm anderseits auch Schutz bieten. Ernst Kapp, der Begründer der Technikphilosophie, hat in seiner Theorie der Organprojektion angenommen, dass jede technische Errungenschaft das Ergebnis einer Projektion des eigenen Körpers ist. Unter Projizieren versteht er „das Vor- oder Hervorwerfen, Hervorstellen, Hinausversetzen und Verlegen eines Innerlichen in das Äußere.“ Doch geht es dem deutschen Philosophen nicht nur um das „Zustandekommen von Mechanismen nach organischem Vorbilde“, sondern er vertritt die Auffassung, dass sich der Mensch erst durch die von ihm zunächst unbewusst geschaffenen Artefakte seiner selbst bewusst wird. In seiner Theorie der Organprojektion arbeitet er heraus, dass jedwede technischen Artefakte nicht nur den Ausgangspunkt der menschlichen Kultur darstellen, sondern auch und noch viel wesentlicher die historische Bedingung für die Produktion von Erkenntnis sind.