Ruth Vollmer (1903 München - 1982 New York), die durch die Betty Parsons Gallery vertreten wurde, stand in engem Kontakt zu Sol LeWitt, Robert Smithson und Eva Hesse. Und während Gego (Gertrud Goldschmidt, 1912 Hamburg - 1994 Caracas) in Venezuela lebte und arbeitete, war es die New Yorker Kunstszene, in die beide Künstlerinnen ihren kontinentalen Hintergrund einbrachten. Hierbei bereicherten sie maßgeblich eine amerikanische Suche nach alternativen Modellen der Abstraktion.
Hohl und voll, transparent und opak, konvex und konkav: die Arbeiten von Vollmer und Gego konjugieren das dreidimensionale Vokabular geometrischer Abstraktion neu. Anstatt einer deduktiven Logik moderner Abstraktion zu folgen, entwickeln die Künstlerinnen eine grundsätzlich unerschöpfliche Form abstrakten Denkens. Eine "Kunst ohne Inhalt" erneuert sich in ein andauerndes Experiment von "thinking the line". Als solches sucht das Spiel von Kugel, Kreis, Punkt und Spirale aktiv nach einem Cartesianischen Zentrum, einer fixen Struktur. Im Falle von Vollmer resultiert diese Suche in einer Konzentration von Form. Im Falle von Gego erregt deren Auflösung ein anhaltendes Schwindelgefühl, die Ver(w)irrung hervorgerufen durch ein leeres Zentrum. In einer Grenzwanderung zwischen mathematischem Formalismus (Vollmer) und expressivem Minimalismus (Gego) bringt jede der Künstlerinnen ein ihr eigenes Feld für die Mitwirkung des Besuchers hervor.
Als erster Ausstellungsort in Österreich präsentiert die Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum in ausgewählten Werken mehr als 140 Zeichnungen und Skulpturen aus den späten 1950er bis zum Ende der 1980er Jahre. Im Herbst 2004 / Frühjahr 2005 erscheinen Monografien zu den beiden Künstlerinnen.