Otto Beckmann

Zwischen Mystik und Kalkül/Between Mysticism and Calculus

20.09. - 23.11.2008

Bildinformationen

Laufzeit

20.09. - 23.11.2008

Eröffnung

19.09.2008, 19:00 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

Kuratiert von

Peter Peer, Peter Weibel

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Über die
Ausstellung

Mit Otto Beckmann (1908–1997) würdigt die Neue Galerie einen Künstler, der seine Bedeutung vor allem seiner Rolle als Pionier der Computerkunst verdankt.


Mit Otto Beckmann (Wladiwostok 1908–Wien 1997) würdigt die Neue Galerie einen Künstler, der seine Bedeutung vor allem seiner Rolle als Pionier der Computerkunst verdankt. Die Ausstellung kann als Weiterführung eines langjährigen Interessensschwerpunktes der Neuen Galerie über die Geschichte und Bedeutung mathematisch-logischer Regelsysteme bzw. Methoden für die Kunst gesehen werden. Bereits die Ausstellung „Jenseits von Kunst" im Jahr 1997 widmete diesem Thema breiten Raum, wie auch die Ausstellung „BIT-International. Computer und visuelle Forschung. Zagreb 1961-1973" im vergangenen Jahr, die einen konzentrierten Überblick über die Anfänge der Computerkunst gewährte oder auch Personalen wie jene des Künstlers Marc Adrian, der wesentliche Beiträge zur Computerkunst geleistet hat.

Otto Beckmann studierte Ende der 30er Jahre an der Akademie der bildenden Künste in Wien Bildhauerei. Bereits kurz nach Abschluss des Studiums entwickelte er erste Gedanken zur künstlerischen Formgebung auf Basis mathematischer Methoden, wobei sein Hauptaugenmerk auf der praktischen Anwendung von Algorithmen lag. In dieser Zeit entstanden u. a. Metallgefäße, deren Formen errechneten rotationssymmetrischen Körpern entsprachen. Anfang der 60er Jahre führte Beckmann diese Überlegungen in Emailbildern und Plastiken weiter.

1966 rief Beckmann die Arbeitsgruppe „ars intermedia" ins Leben, die sich vorwiegend mit Computerkunst befasste und der neben dem „Künstler" Beckmann vier Techniker angehörten, unter ihnen auch Beckmanns Sohn Oskar sowie der Nachrichtentechniker Alfred Graßl, mit dem Beckmann seine ersten Computergrafiken schuf.

Kunstwerke mit Unterstützung von Rechenanlagen zu kreieren, war für Künstler und Techniker damals gleichermaßen attraktiv: Zahlreiche Künstler sahen die Möglichkeiten der Moderne ausgeschöpft - wo man „als Nachfahre nur Nutznießer oder bestenfalls Mehrer des Erbes sein" könne, so Beckmann wörtlich - hingegen die Computerkunst neue Perspektiven eröffnete. Techniker wiederum lernten in der Auseinandersetzung mit künstlerischen Problemen, das Medium "spielerisch" zu begreifen, zugleich jedoch auch an konkrete Entwicklungsaufgaben, wie zum Beispiel die CAD-Technik, kreativer herangehen zu können.

Ab 1970 arbeitete Beckmann auf seinem eigens für künstlerische Aufgaben konzipierten „Ateliercomputer". Er trat nun in eine Werkphase ein, in welcher er die Ergebnisse des Computers u. a. mit fotografischen Verfahren, mit Lasertechnik oder mit akustischen Signalen intensiv kombinierte. Es entstanden Werke wie die "Metropolis"-Serie, wo computergenerierte Figuren in der Überblendung mit Fotografien von Landschaften und Gebäuden visionäre Architekturszenarien entwerfen, weiters Lasergrafiken (durch die Beugung des Lasers an Strukturen von Computergrafiken), computergenerierte Filme, Computerplastiken für den öffentlichen Raum u.s.w.

Beckmann war mit der internationalen Szene der Computerkunst dicht vernetzt. Er nahm an wegweisenden Ausstellungen und Veranstaltungen teil (u. a. an den Symposien und Ausstellungen der „Tendencije"-Reihe in Zagreb), pflegte Kontakte zu zahlreichen anderen Protagonisten der Computerkunst, so beispielsweise zu Marc Adrian, Kurt Alsleben, Frieder Nake, Georg Nees, um nur einige zu nennen.

 Verblüffend an Beckmann ist jedoch, dass er trotz dieser intensiven und fruchtbringenden Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten mathematischer Formfindung und insbesondere des Computers keineswegs als Apologet des Logischen und Technischen gelten kann. Denn eine Kunst, die sich allein in technischen Verfahren und Methoden verliert, hat ihn nicht interessiert.

Für ihn ebenso bezeichnend war sein metaphysisches Weltverständnis, welches seinen Ausdruck in der Beschäftigung mit Phänomenen jenseits des Rationalen, bis hin zu existenziellen Grenzerfahrungen fand. U. a. beschäftigte sich Beckmann intensiv mit der Gnosis und den Lehren des Neuplatonismus und der Pythagoräer. Und nicht zuletzt verweist ein Zweig seines Schaffens, den er zeitlebens verfolgte, auf die nahe Verwandtschaft mit den Ideen und Vorstellungen des Symbolismus und Surrealismus. So schuf er beispielseise Objekte, welche mit ihren fetischhaften Zügen magische Zwischenwelten und die Urkräfte des Seins zu beschwören scheinen; Skulpturen, die ihre Entstehung dem Zufall verdanken und die er bloß „fand" statt „erfand".

Doch ist diese Polarität in Beckmanns Werk durchaus kein Widerspruch, denn auch die Mathematik stellte für ihn nur einen Weg dar, verborgene, verdeckte Strukturen hinter allem Sichtbaren aufzuspüren. So betrachtete er auch den Computer als „evokatives Kunstinstrument" mit dessen Hilfe er die Gesetzmäßigkeiten des Kosmos zu ergründen suchte.

Begleitend zur Ausstellung:

Begleitend zur Ausstellung veranstaltet die Neue Galerie Graz am 4.10.2008 um 19:30 Uhr im Rahmen der „Langen Nacht der Museen" ein Podiumsgespräch über die Gruppe „ars intermedia" und die internationale Computerkunst mit Zeitzeugen und Weggefährten Otto Beckmanns.

Moderation: Mag. Margit Rosen, Kunsthistorikerin, ZKM Karlsruhe, Karlsruhe

Teilnehmer: DI Oskar Beckmann, Siemens AG Österreich, Leiter der Abteilung für Weltraumtechnik (Space Business) i. R., St. PöltenRichard Beckmann, Leiter des „Archivs Otto Beckmann", Kunstsammler, WienEm. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Richard Eier, Ordinarius em. für Datenverarbeitung,Technische Universität WienDI Alfred Graßl, ÖBB, Projektleitung Fernschreib- und Datenübertragungsnetz i. R., Strasshof, NÖDr. Peter Peer, Kunsthistoriker, Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, GrazMag. Gerhard Schedl, Kuratorium des Filmfonds Wien, langjähriger Direktor des Österreichischen Filminstituts, Wien

Einblicke

Ausschnitt Laserplastik (Lichtplsatik), 1970-1973

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Heliopolis (Aus der Serie „Imaginäre Architektur“), 1973

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Laserplastik (Lichtplastik), 1970-1973

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Aus der Serie „Metropolis“, 1980-1982

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