Ein Credo der europäischen Rationalität ist die Transparenz. Damit wird ihr Anspruch auf Analyse, Verstehen und Konstruierbarkeit der Welt formuliert. Die Ratio möge die Motive und Zwecke von allen Handlungen, Fakten und Ereignissen durchschaubar machen. in der Lichtmetaphorik kommt diese Metaphysik der Erhellung, dieser Anspruch der Aufklärung visuell zum Ausdruck. Es werde Licht heißt demnach so viel wie ‚es werde Wahrheit. in der Lichtung des Seins werde die verborgene Wahrheit offenkundig. Es werde Licht, heißt aber auch so viel wie1 die Welt sei erschaffen. Lichtreflexionen und Lichtspiele sind also nur in einer eingeschränkten formalen Interpretation Medien der Reproduktion. Lichtkunst bedeutet vielmehr im eigentlichen Sinne konstruktive Kreation. So ein Creator Mundi ist aber nicht allein der Künstler selbst, sondern auch derjenige, der das Licht sieht1 also der Betrachter. Der Betrachter wird beim Lichtbild zum Mitautor, zum gleichberechtigten Partner des Schöpfungsaktes.
Nun gibt es verschiedene Erscheinungsformen des Lichtes, die verschiedenen Medien in denen es sich zeigt. Vorn Scheinwerfer zum Videoprojektor, von der Kamera zum Monitor finden wir Lichtquellen und Lichtflächen vor, die verschiedene Raum— und Zeitfunktionen haben. Das Licht entwirft nicht nur 1 Welt, sondern multiple Welten. Die Farbe ist eine Welt, die uns das Licht schenkt. Eine zweite ist die der Bewegung. Aus diesen entsteht die Scheinwelt des Lichts, das Theater der Bewegung im Zelt der Zeit, das wir die Kunst des bewegten Bildes nennen. Es entsteht ein dynamisches System zwischen der Bewegung des Körpers und der Bewegung des Lichts, vom Scheinwerfer über die Leinwand zum Bildschirm. Der Schatten des Körpers des Betrachters beim Betrachten eines Bildes erzeugt das Bild selbst. Fr erzeugt aber nicht nur ein Bild in der Welt des Hier und Jetzt, sondern durch die Scheinwelten der technischen Medien im Theater des Schattens und des Lichtes erzeugt der Körper des Betrachters viele Bilder in vernetzten multiplen Bildwelten, Ein Kalkül errechenbarer Ereignisse mutiert zu einem Kalkül vernetzter Bilder in mehrfach gebrochenen Ereignisräumen von verschiedener optischer und ontischer Dichte, Was Kusch durch seine dislozierte Installation in die Kunst einfahrt, ist die Unterscheidung von optischer und ontischer Dichte, Da wir im natürlichen Raum gewohnt sind, in der Einheit eines Raumes und eines Lichtkontinuums zu loben, haben wir, wie anfangs skizziert, eine Metaphysik des Lichts entworfen, wo ein Ort eine Wahrheit zeigt. Also eine Identität von Optik und Ontologie. Kusch zerbricht nun diese Ontologie. Verschiedene Lichtquellen an verschiedenen Orten erzeugen verschiedene Bilder der Wahrheit und der Welt. Vor allem ist es der Körper des Betrachters, der als Drehscheibe zwischen diesen multiplen Bildwelten fungiert, eigentlich diese verschiedenen Bildwelten konstruiert und steuert. Seine Installation Theatrum lucis et umbrae zeigt uns nicht nur, wie aus dem Nichts, aus dem bloßen Beobachtungsakt ein Kunstwerk entsteht, sobald es in ein entsprechendes Beobachtungsenvironment, in eine entsprechende Messkette eingebettet ist, sondern sie zeigt uns vor allem ein Beispiel von Kontextkunst, d.h. wie der Kontext aus beobachtungsgesteuerten Variablen einen Text, ein Produkt erzeugt. Die Installation ist ein mehrfach dynamisches System, das sich selbst erregt, autokatalytisch, autopoetisch. Eine gebrochene Symmetrie aus Beobachter und Bild, aus Körper und Abstraktion, aus Wirklichkeit und Schein erzeugt eine optische Dichte ohne Ontologie. Die Bilder löschen und negieren sich selbst. Die Zone des Unsichtbaren erhält partikuläre Inseln des Sichtbaren. Das Bild wird entzentralisiert und wird zu Schichten variabler Visibiliät.