Katherina Mair

She: Fantastic

29.05. - 29.06.2003

Bildinformationen

Laufzeit

29.05. - 29.06.2003

Eröffnung

28.05.2003, 19 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

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Über die
Ausstellung

Studio der Neuen Galerie Graz


Zusatzinformationen

Ort: Studio der Neuen Galerie Graz

Mit den neu adaptierten Räumlichkeiten (ehemaliges Depot) kann die Neue Galerie ihr Studio- Programm fortsetzen, das weiterhin jungen KünstlerInnen eine professionelle Präsentationsmöglichkeit bietet. Die große Dichte an Qualität innerhalb einer nachdrängenden Generation ist auffällig und verdient Aufmerksamkeit.

Die Neue Galerie ist traditionellerweise ein Ort, an dem Risikobereitschaft und das Bekenntnis zum Experiment einen zentralen Aspekt im eigenen Selbstverständnis als Präsentations- und Produktionsort bilden. Es ist daher gerade im Kulturhauptstadtjahr 2003 notwendig, einen Blick auf Problem- und Themenstellungen innerhalb der jüngeren und jüngsten Generation von KünstlerInnen zu richten.

Mit Katherina Mair stellt die Neue Galerie eine junge Künstlerin vor, die in Wien lebt und an der dortigen Akademie der bildenden Künste ihr Diplom bei Hubert Schmalix erlangte. Diese Ausstellung mit dem Titel "SHE: FANTASTIC" ist ihre erste größere Einzelausstellung. Als Malerin ausgebildet steht Katherina Mair innerhalb einer Tradition realistischer Darstellung, die sich von medienreflexiven Zusammenhängen her erklären läßt. Der Schönheitsdiskurs in der Kunst der letzten Dekade konturiert sich vor dem Hintergrund des Medienhypes von Körperkult und Lifestylethemen, aber auch der postkolonialen Kritik und von Genderdebatten. Die Assoziation des Attributs "schön" - man könnte auch den Ausdruck "fantastic" verwenden - mit der Welt des Films und der Mode, sein inflationärer Gebrauch im Alltag, hat die eminente Bedeutung, die die Frage nach dem Schönen für die Kunst lange Zeit eingenommen hat, verdeckt.

Katherina Mair versucht diese Frage nach dem Schönen, dem Besonderen innerhalb unserer Gesellschaft erneut zu stellen und erkennt dabei die zentrale Bedeutung dieser Begriffe innerhalb unserer westlich kapitalistischen Lebensform. Am Beispiel der Figuren des Idols und seiner/s Bewunderin bzw. Bewunderers läßt sich zum einen eine "Ökonomie der Aufmerksamkeit" (wie es Georg Frank nennt) feststellen und damit einhergehend ein neues körperliches Selbstbewusstsein orten. Was wir von uns selbst halten dürfen, hängt in großem Maße von der Wertschätzung ab, die wir von anderen empfangen. Ein fortlaufender Tausch von Beachtung ist die Folge. Das Tauschspiel könnte man in drei Teilprobleme fassen: erstens, möglichst viel und geneigte Aufmerksamkeit von denjenigen Menschen einzunehmen, die man selbst am meisten schätzt. Zweitens, es gilt den Wert der eigenen Aufmerksamkeit in den Augen derer zu maximieren, auf die es uns ankommt und drittens, diesen Tausch so abzuwickeln, dass die Selbstachtung keinen Schaden nimmt. Innerhalb dieser Koordinaten wachsen oder zerbrechen Persönlichkeiten heutzutage, wenn sie versuchen, ihre Positionen zu beziehen. Entweder wird über einen selbst gesagt "YOU: FANTASTIC" oder über einen anderen "SHE/HE: FANTASTIC". Alles was dazwischen liegt, kann psychische Probleme verursachen.

Die Medien haben es erreicht, das Luxusgut Prominenz zu popularisieren. Es bedarf nicht mehr der hohen Geburt, der genialen Leistung oder der großen Tat - das alles kann natürlich nützlich sein - um als besonders zu gelten. Prominent wird man durch standardisierte Karrieren, deren wichtiger Bestandteil die Präsenz in den Medien ist. Die Idole werden in dieser Systematik deswegen zu Vorbildern, indem sie vormachen, wie man Blicke auf sich zieht. Katherina Mair scheint in ihren Bildern mit dem Idol um die Vormachtstellung zu kämpfen. Der Comic - Held Spiderman hat alle Attribute des vollkommenen Stars in sich vereint. Plötzlich sieht er sich jedoch den Reizen jugendlicher Schönheit gegenüber. Das scheint ihn zu verwirren und treibt ihn seinerseits in ein Verhalten, das er nur von seinen Bewunderinnen kennt. Sein Reichtum an Aufmerksamkeit scheint erschöpft zu sein und sein Fan droht ihm, nahe zu kommen.

Die Analyse des eigenen Körpers hat in der Kunstgeschichte eine lange Tradition, die in den extremen Formen der performativen Kunst der 1960er und 1970er Jahren (bspw. im Wiener Aktionismus) einen Höhepunkt erreicht hat. Durch die Medien (Kino, Werbung, Mode) erfährt Körperlichkeit eine radikale Wandlung. Die Gestalt, die visuelle Komponente tritt in den Vordergrund. Idealbilder werden immer vehementer eingefordert. Der Konsumzwang konzentriert sich auf das Erscheinungsbild des menschlichen Körpers, das den Reichtum an Aufmerksamkeit in Aussicht stellt. Idol und Fan nähern sich einander an. Beide sind im wesentlichen von den Medien gemacht und entwickeln sich im gegenseitigen Einvernehmen. Wenn man wie Marx davon ausgeht, dass Bedeutendes in der Geschichte zweimal passiert, war der Kapitalismus des Geldes eine Tragödie und ist der Kapitalismus der Aufmerksamkeit zweifellos ins Närrische gehend komisch - wobei im Einzelfall das Tragische nicht auszuschließen ist.