Gianni Colombo wurde am 1. Jänner 1937 in Milano geboren. Von 1956 bis 1959 studierte er an der Accademia di Belle Arti di Brera in Milano. 1959 stellte er Arbeiten aus Watte in der von Piero Manzoni und Enrico Castellani geleiteten Galleria Azimut in Milano aus. Im selben Jahr gründete er mit Giovanni Anceschi, Davide Boriani und Gabriele De Vecchi die Gruppo T (1960 schloss sich auch Grazia Varisco an), die mit den Möglichkeiten der Programmation und der Kinetik als Kunstmittel mit räumlichen und zeitlichen Verfremdungseffekten experimentierte. Im Jahr 1960 stellte er erstmals Arbeiten mit Lichtprojektionen, die in kinetische Objekte einbezogen waren, aus, und 1964 entwickelte er erste begehbare kinetische Environments mit räumlich-zeitlicher Veränderung bei der Ausstellung Nouvelle Tendance in Paris - Ambienti, die den Betrachter zu taktilen Aktivitäten animierten. Diese Ambienti nannte er auch spazi elastici, da der Raum sich dabei unnatürlich zu vergrößern und zu verkleinern scheint. Im gleichen Jahr, und auch im Jahr 1968, nahm er an der Biennale di Venezia teil und war auf der documenta 4 von 1968 in Kassel vertreten. Ein Jahr später beschäftigte er sich mit Studien über die Veränderungen von Mustern mittels Video.
Zu Beginn der 1980er Jahre entstanden monumentale architektonische Environments. Der am 3. Februar 1993 in Melzo (Provinz Milano) verstorbene Gianni Colombo stand seit 1967 in enger Verbindung zur Neuen Galerie Graz. 1967 und 1973 beteiligte er sich an der Biennale trigon in Graz im Rahmen des Festivals steirischer herbst. 1971 fand seine erste Personale in der Neuen Galerie in Graz statt. In der Sammlung befinden sich zwei kinetische Objekte, Grafiken und die Rauminstallation Spazio elastico, die für die trigon-Ausstellung 1967 entwickelt wurde, als Dauerleihgabe des Archivio Gianni Colombo in Milano.
Das Visionäre an Gianni Colombo war aus der heutigen Sicht wohl die Aufhebung des Bild- und Objektbegriffes. In seinen Ambienti, die als Werkgruppe das zentrale Anliegen der Ausstellung in Graz sein sollen, befindet sich der Betrachter mitten im Kunstwerk - mitten im Geschehen. Oft verändert der Betrachter durch Interaktivität das Kunstwerk derart, dass sich die Wahrnehmungsbereiche nicht mehr ausschließlich auf das Sehen beschränken lassen. Waren es in den kleiner dimensionierten Arbeiten Colombos noch Wandgebundenheit bzw. direkte Relationen zum Tafelbild und zur Skulptur, so transformiert er das in den Ambienti und dehnt es auf ganze Räume aus. Lichtprojektionen werden so zu gestalterischen, sich ständig verändernden Elementen. Aber auch das alleinige Beschreiten einer Treppe (mit manipulierten Stufen) wird zum Kunsterlebnis. Nahezu alle Bereiche der menschlichen Wahrnehmung sind somit gefordert. Die Radikalität, mit der Gianni Colombo seine Arbeiten konzipierte, ist im Verhältnis zur aktuellen Kunstentwicklung immer noch ausgesprochen hoch einzuschätzen. Technische Hilfsmittel, die damals noch nicht in dem Maße zur Verfügung gestanden sind, machen es heute möglich, sich in der Virtualität mit derartigen Raumkonzepten ähnlich kompromisslos auseinanderzusetzen.