Gerhard Lojen

Retrospektive 1955–2000

20.01. - 25.02.2001

Bildinformationen

Laufzeit

20.01. - 25.02.2001

Eröffnung

19.01.2001, 19 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

Kuratiert von

Christa Steinle

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Über die
Ausstellung

Kaum ein Künstler der Gegenwart verkörpert das Schicksal der Moderne in der Steiermark so präzise wie Gerhard Lojen, insbesondere weil er nicht nur ein Produkt, sondern vor allem ein Prototyp der steirischen Moderne ist.


Er hat seine Initiation zur Kunst in den 50er Jahren durch die Pole der Avantgarde in Graz, von Kurt Weber bis zur Grazer Sezession und über den Kärntner Hans Bischoffshausen erfahren. Lojen ist geborener Grazer, der zeitlebens in Graz wirkte, aber dennoch im Dialog und Austausch mit internationaler Kunst stand und steht. Darüber hinaus ist er auch prototypisch für die Vielfalt der Funktionen, die ein Künstler im steirischen Kulturleben innehaben kann. Lojen ist bildender Künstler, Architekt und war über viele Jahre Lehrer an der Meisterklasse für Malerei an der Ortweinschule Graz. Sowohl als Künstler als auch als Lehrer hat er die Entwicklung der Moderne vorangetrieben, der er Mitte der 50er Jahre erstmals begegnete.

1954 begann er sein Architekturstudium an der Technischen Universität Graz. Sein Lehrer für Zeichnen und Malen war Kurt Weber, einer der Wegbereiter der Moderne in der Steiermark. Kurt Weber machte seine Studenten mit der internationalen zeitgenössischen Kunst vertraut, vor allem mit Tachismus, Informel, dem Action Painting von Jackson Pollock, aber auch mit den Ursprüngen der Moderne, dem Kubismus von Braque und Picasso. Durch diese Angebote erwarb sich Lojen umfassende Kenntnisse von zeitgenössischen Kunstpraktiken der Abstraktion und des Informel, aber er lernte auch deren Quellen in der Moderne von Kubismus bis Paul Klee kennen. Unter dem Eindruck dieser künstlerischen Bewegungen begeisterte er sich bereits im ersten Jahr seines Architekturstudiums sosehr für die Kunst, daß er 1955 als Zwanzigjähriger sein erstes Bild malte. Nach wenigen Jahren war seine Position bereits so gefestigt, daß er 1958 in die Grazer Sezession, in der sich auch nach 1945 die heimische Avantgarde versammelte, aufgenommen wurde. Die Sezession vermittelte Lojen durch ihre Ausstellungspolitik von Mondrian bis Vasarely auch die konstruktiven Tendenzen der Moderne. Nicht nur die Brechung und Verschiebung des Gegenstandes durch die multiple Perspektive im Kubismus, sondern die dadurch errungene Flachheit des Bildes, welche die Voraussetzung für die konstruktive Flächenverschiebung bildete, wurden für Lojen wichtig. 

Durch seine Auffassung, gewonnen durch die Begegnung mit der konstruktiven Abstraktion, daß "Kunst künstlich ist", gelang es Lojen früh, eine wesentliche Behinderung und Einschränkung der österreichischen Moderne zu überwinden, die, wie Arnulf Rohsmann ausführte, in der Hauptsache bloße Naturabstraktion und nur selten in die reine Abstraktion von Form und Farbe eingedrungen war. Als Ausnahme sieht Rohsmann den gebürtigen Kärntner Maler Hans Bischoffshausen, der1960 nach Paris übersiedelte und über seinen Freund, den berühmten italienischen Maler Lucio Fontana als Mitglied in die Gruppe "ZERO-Avantgarde" aufgenommen wurde, die zur europäischen Entwicklungsspitze der Künste zählte. Die Begegnung mit Bischoffshausen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband, war ausschlaggebend für Lojens entscheidende Vertiefung der frühen Faszination durch die Abstraktion. Bischoffshausen vermittelte Lojen wesentliche Kenntnisse der französischen Avantgarde von Yves Klein bis zu Georges Mathieu und den internationalen Situationisten. Lojen schuf also in der Nachfolge der Grazer Sezession und ihrer Mentoren der Moderne bereits ab den 50er Jahren abstrakte Bilder von Rang unter Einfluß von Weber und gleichzeitig abstrakte Materialbilder unter Einfluß von Bischoffshausen und dessen künstlerischen Umfelds.

Durch seine Materialbilder gehört Lojen zu den wichtigsten Begründern und Vertretern einer abstrakten Malerei in Österreich, deren Wirksamkeit erst in den 90er Jahren durch zahlreiche jüngere Künstler wahrnehmbar geworden ist. Motive des Kubismus wie des Informel, nämlich die materiellen Eigenschaften und Eigenwerte der Farbe wie auch der Fläche, konnte er auf diese Weise in seinen Materialbildern neu lösen. Farbe und Form wurden Eigenschaften des Materials. Die flache Leinwand wurde zum bloßen Farbträger. Ob die Form geometrisch war oder informel, ergab sich aus der Verwendung des Materials. Die Abstraktion wurde dadurch ebenfalls eine Eigenschaft des Materials, das auf einer flachen Fläche aufgetragen wurde. Eine souveräne Autonomie des Bildes in Fragen der Farbe und Form wurde auf der Grundlage eines Materialbewußtseins erreicht. Dieses Materialbewußtsein hat in den 60er Jahren die revolutionärste Phase in der österreichischen Kunst ausgelöst, nämlich die Aktionsmalerei von Prachensky, Brus, Schilling, Nitsch, die im Wiener Aktionismus endete und die materialbewußte Skulptur von Walter Pichler und Bruno Gironcoli, deren Erbe heute Franz West ist. Mit West stellte Lojen übrigens 1986 in der Neuen Galerie Graz gemeinsam aus. 

1999 wurde Lojen der Würdigungspreis des Landes Steiermark zugesprochen und damit ein Künstler geehrt, dessen jahrzehntelanges Schaffen sich den wichtigsten Leistungen der Malerei im 20. Jahrhundert verschrieben hat, nämlich dem abstrakten Bild und dem Materialbild, und sich dadurch in die Kunstgeschichte der Steiermark und Österreichs eingeschrieben hat. Aber auch als Lehrer und Vermittler zeitgenössischer Kunst ist Gerhard Lojen zu würdigen, denn auf der Grundlage seiner Erfahrungen als Künstler konnte er auch durch seine Schüler und Schülerinnen, erfolgreiche Künstler und Künstlerinnen der 90er Jahre, von Sabina Hörtner, Jack Bauer, Markus Wilfling, Bernhard Frühwirth, Ronald Kodritsch bis Martin Schnur, ebenfalls die Geschichte der Moderne in der Steiermark bis in die Zukunft fortschreiben. In der Ausstellung sind Arbeiten von folgenden seiner SchülerInnen zu sehen: Jack Bauer, Sigi Hofer, Sabina Hörtner, Tatjana Lecomte, Klaus Mosettig, Christiane Schmid, Michaela Söll und Bernhard Humting. (Christa Steinle)

Gerhard Lojen
Einzelausstellungen
Ausstellungsbeteiligungen
Preise und Auszeichnungen

Einblicke

Zu Turner, Öl / Leinwand 70 x 90 cm, 31.12.1990

Bildinformationen

Englischer Garten, Öl / Leinwand 60 x 50 cm, 17.01.1990

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Großes Bild, Acryl / Leinwand 145 x 180 cm, 1988

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Gerhard Lojen

Bildinformationen

Buchobjekt 18.2 x 10 x 4.5 cm, 1987 Für H.B.

Bildinformationen

Randzonenbild, G 30/81, Acryl / Leinwand 60 x 50 cm, 04.07.1981

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Innere Landschaft, 59/2 Öl, Lack, Kunstharzbinder mit Füllmittel, Füllmittel / Leinwand 120 x 100 cm, 1959

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