"Variationen zu einem Bild."
Was wäre wenn. Wenn ein Bild ein Photo ist, wenn ein Objekt ein Bild ist, wenn ein Plakat-Raum ein dreidimensionales Photo eines Bildes ist, das ein Objekt ist. Was wenn ein Photo ein Abbild eines Objektes von einen Bild ist? Was wenn diese Kategorien und die Wahrnehmung davon transformierbar sind und inwiefern sind diese Wirklichkeiten konstruiert - sind alle Wirklichkeiten ein Konstrukt? Und: Macht das einen wirklichen Unterschied für uns?
In der griechischen Antike war man - über Jahrhunderte - der Überzeugung, dass Sehen durch ein Ausstrahlen von Fühlern vom Auge aus zustande kommt. Das Aussenden dieser Sehstrahlen würde ein Abtasten der Gegenstände ermöglichen und sie erart sichtbar machen. Auch für das Nichtsehen in der Dunkelheit hatte man eine Erklärung: Licht müsse die Luft verdünnen und somit für diese Fühler erst durchdringbar machen. Auf das Sehen selbst hatte weder diese, eine andere, noch heutige Theorien Auswirkung, doch durch dieses Erklärungsmodell werden zwei Dinge augenscheinlich: Einerseits wird klar, dass in der Geschichte der Menschheit immer wieder Anschauungen, die als erwiesen gegolten haben, verworfen und durch andere Wahrheiten ersetzt wurden. Andererseits war aber schon damals ein Thema aufgegriffen (wenn auch auf gänzlich andere Art und Weise), das aus der modernen Kunstbetrachtung nicht mehr wegzudenken ist: Die Betrachter sind im Wahrnehmungsprozess des Sehens essenziell beteiligt.
Wenn wir in dieser Ausstellung die Variationen von "Sauber Malen" sehen, werden wir in verschiedene Betrachtungspositionen gebracht, die wiederum unsere Wahrnehmung verändern. Durch Ansicht, Aufsicht, Innenansicht, durch die verschiedenen Ausschnitte werden jeweils andere, neue Bildpunkte in unsere Aufmerksamkeit gesetzt. Die Objekte werden zu Bildern und umgekehrt Bilder zu Räumen. Wir, die Betrachter, treten selbst in ein anderes proportionales Verhältnis, wenn wir uns gleichsam in ein Bild begeben oder Photos aus einer Vogelperspektive sehen. Zur eingangs gestellten Frage: Macht das einen Unterschied für uns? könnte man, zumindest in diesem Fall, meinen: Der Bertachter macht den Unterschied, oder anders, durch unterschiedliche Wahrnehmungsmöglichkeiten wird der Bertachter zu einem Wesen mit verschiedenen Wirklichkeiten, weil verschiedenen Aufmerksamkeiten. Die Frage allerdings, welche Wirklichkeit die wirklichste, wahre ist, bleibt in jedem Fall seiner eigenen Entscheidung überlassen.
(Fabian Seiz)