Die Alpen stehen gegenwärtig vor allem im Zusammenhang mit zwei großen Themen im medialen und öffentlichen Bewusstsein: Für unsere Freizeitgesellschaft sind sie Ort der Sehnsucht nach sportlicher Betätigung, nach Erholung und Naturgenuss. In der Diskussion um das bedrohte Weltklima dienen sie als sensibler Gradmesser für die Auswirkungen der steigenden Erderwärmung.
Vor rund 200 Jahren aber galten die österreichischen Alpen als ein Gebiet, das es zu entdecken galt. Reiseschriftsteller verfassten erste Führer mit Beschreibungen der Alpenregionen, erste Touristen kamen, um sich an den landschaftlichen Schönheiten zu erfreuen. Bald folgten ihnen Vedutenzeichner und Maler, die dem städtischen Publikum ihre Bilder von den Berglandschaften nahebrachten. Bestimmte Ansichten erwiesen sich als besonders geeignet, die Vorstellungen über eine Gegend im Bild zu transportieren. Manche von ihnen wurden so erfolgreich, dass wir sie von den Gemälden aus der Zeit des Biedermeier bis zu den heutigen Handyfotos der Tourist*innen verfolgen können – man spricht von der Standardisierung des Blicks.
Franz Steinfeld (Wien 1787-1868 Pisek) war einer der Künstler, die für diese „Bildwerdung“ der österreichischen Alpen maßgeblich waren. Die Gegend, die er über die Jahrzehnte bereiste und in seinen Gemälden bevorzugt zur Anschauung brachte, war das Salzkammergut. Seit ca. 1820 war diese Region der sommerliche Treffpunkt für eine Vielzahl von Künstlern, hier vor allem entstand der Landschaftstypus der österreichischen Biedermeiermalerei. Ein Gemälde Steinfelds aus dem Jahr 1824 gilt bis heute als deren „Geburtsbild“. Steinfeld ist aber auch als Wegbereiter der Stimmungslandschaft des späteren 19. Jahrhunderts in die Kunstgeschichte eingegangen. Als langjähriger Professor für Landschaftsmalerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien hat er eine Vielzahl von Schülern geprägt und auch auf diese Weise in die Zukunft gewirkt.
Zu seiner Zeit war Steinfeld erfolgreich und anerkannt, in den Kritiken und der Kunstliteratur wird er oft gemeinsam mit Ferdinand Georg Waldmüller oder Friedrich Gauermann genannt. Heute jedoch ist er nur noch Insidern geläufig. Daher hat es sich die Ausstellung, ausgehend von seinen Gemälden in der Sammlung der Neuen Galerie Graz, zum Ziel gesetzt, erstmals einen Überblick über das Lebenswerk von Franz Steinfeld zu geben. Die Voraussetzungen werden unter anderem mit einem Gemälde des barocken niederländischen Landschaftsmalers Jacob von Ruisdaels gezeigt, wie auch Steinfelds Sohn Wilhelm (Wien 1816-1854 Ischl) mit etlichen Werken aus der Vergessenheit gehoben wird. Zahlreiche Leihgaben aus den maßgeblichen Museumssammlungen Österreichs, aus Privatbesitz und aus dem Kunsthandel machen das möglich. Den Weg der Landschaftsmalerei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veranschaulichen Werke einiger Schüler Franz Steinfelds aus der Sammlung der Neuen Galerie Graz.
Zurück in die Gegenwart führt ein aktueller Gemäldezyklus von Hubert Schmalix (geb. 1952): Er reflektiert die Landschaftsdarstellung quer durch die künstlerischen Medien. In Kalifornien lebend, zeigt uns der Künstler auch den exotischen Blick auf das Alpenländische und bietet damit veränderte, neue Blickwinkel auf die traditionelle, historische Landschaftsmalerei.
Der Katalog zur Ausstellung mit Beiträgen der Kurator*innen sowie von Sabine Grabner, Wolfgang Kos, Götz Pochat und einem literarischen Text von Bodo Hell wird im Leykam-Verlag erscheinen.