Der diskrete Charme der Technologie

Kunst in Spanien

27.09. - 01.11.2009

Bildinformationen

Laufzeit

27.09. - 01.11.2009

Eröffnung

26.09.2009, 17 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

Kuratiert von

Claudia Giannetti, Antonio Franco, Peter Weibel

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Über die
Ausstellung

Die Ausstellung „Der diskrete Charme der Technologie. Kunst in Spanien“ bietet erstmals einen umfassenden Überblick über die Produktionstätigkeit spanischer Medienkunst mit historischer Spannbreite.


Zusatzinformationen

Idee und Konzeption: Claudia Giannetti

Ausstellungsproduktion: MEIAC, Museo Extremeño e Iberoamericano de Arte Contemporáneo, Badajoz (Spanien).
Ausstellungsorganisation: Kultusministerium, Hauptabteilung für Bildende Kunst und Kulturguüter, Amt zur Förderung der Bildenden Künste; Regionalministerium für Kultur und Tourismus der
Autonomen Regierung Extremadura, Amt für kulturelles Erbe
Förderung der internationalen Ausstellungsstationen durch: Sociedad Estatal para la Acción Cultural Exterior (SEACEX), Spanien Außenministerium, Hauptabteilung für kulturelle und wissenschaftliche Beziehungen Spanien

40 künstlerische Positionen aus Spanien zeigen eindrucksvoll die Wechselwirkungen zwischen technologischer Entwicklung und künstlerischem Schaffen.

Der diskrete Charme der Technologie besteht darin, mit den Mitteln der Medienkunst sensorielle, formale und konzeptuelle Erkundungen vorzunehmen. Dabei ist die Technologie nicht notwendigerweise das Mittel, stets aber der Initiator für künstlerisches Schaffen. Malerei, Plastik und Fotografie stehen neben interaktiven Installationen, experimentellem Kino, Video und Internet. Zu sehen ist beispielsweise ein selten gezeigtes filmisches Werk von Salvador Dalí und José Montes-Baquer unter dem Titel: »Impressionen aus der Inneren Mongolei«.

Die in fünf Themenbereiche gegliederte Ausstellung zeigt künstlerische Positionen vom 13. bis zum 21. Jahrhundert, die sich durch ihre ästhetische Qualität sowie ihre kulturhistorische Bedeutung auszeichnen.

Die Themenbereiche sind:

Acting on the Formal Code
Der katalanische Philosoph Ramon Llull (1232-1316) entwarf ein binäres und kombinatorisches System zur Codierung von Sprache. Seine Konzeption kann heute als Vorläufer des binären Computercodes betrachtet werden. Seine »logische Maschine«, ein Scheiben-Apparat, war der erste Versuch, die Beziehung von Mensch und Maschine aus der Sicht der Wissensautomation zu erforschen. Verschiedene Technologieentwürfe und Theorien im 20. Jahrhundert, wie etwa die Kybernetik, wurden von diesem Prinzip inspiriert. In den 1960er-Jahren waren es von der Kybernetik beeinflusste Künstler wie Manuel Barbadillo oder José Luis Alexanco, die damit begannen, Kombinatoriken in ihre Arbeiten einfließen zu lassen. In Spanien waren sie die Ersten, die Rechner und Programmierungstechniken einsetzten, um Computerkunst entstehen zu lassen.

Acting on the Visual Code
In den Wissenschaften wird immer wieder danach gestrebt, durch Apparaturen sichtbar zu machen, was dem menschlichen Auge verborgen bleibt. Mit Hilfe von Mikroskopen und Mikrofotografie war es dem angesehenen spanischen Wissenschaftler Ramón y Cajal möglich, das Nervengewebe zu untersuchen und so seine Neuronentheorie zu entwickeln, welche die Neurowissenschaft revolutionierte. Bis in die Gegenwart hat seine Theorie großen Einfluss: von der künstlichen Intelligenz und Telematik bis hin zur Kunst. Um die unsichtbare Seite des Sichtbaren zu untersuchen, nutzt auch die Kunst neueste Verfahrenstechniken. So entstehen neue Modelle zur Erforschung des Visuellen, die die künstlerische Praxis grundlegend verändern.

Acting on the Sensorial [Space-Time] Code
Die Errungenschaft des experimentellen Filmemachers José Val del Omar war es, das Sensorielle sichtbar zu machen, das Immaterielle fasslich darzustellen und so dem Verhältnis von Raum und Zeit eine Substanzialität zu geben. Das Kino stellte er sich als eine allumfassende Erfahrung vor, das auf alle Sinne des Betrachters einwirken sollte und dementsprechend von ihm als »plurisensorial supervision« bezeichnet wurde. Seine Ideen eröffneten neue Wege für audiovisuelle Erforschungen und sind so zu wichtigen Bezugspunkten für KünstlerInnen der Gegenwart wie José Antonio Sistiaga, Eugènia Balcells oder Pedro Garhel geworden.

Acting on the Body's Interface
Aus der Perspektive der Wahrnehmung kann man niemals den gesamten Körper - die Schnittstelle zur Welt - erfassen. Kodiert und dekodiert wird die Identität durch verschiedene Strategien, die wir selbst und die Gesellschaft für uns entwerfen. Diese Fragen versucht die Gegenwartskunst fortgesetzt zu interpretieren und in Szene zu setzen. Einige der hier gezeigten Arbeiten bilden die Beziehung von Leben und Tod, des Verhältnisses von äußerer und innerer Welt ab. Andere Arbeiten thematisieren jene äußeren Umstände, die zur Konstruktion von Identität führen oder zeigen den Körper als jenen Ort, in dem Lebenserfahrungen widergespiegelt werden. In manchen Werken werden die Thematiken der diversen Identitäten und Masken, die das Subjekt gesellschaftlich anwendet, sowie die Art und Weise, in der makrostrukturelle Kontrollmechanismen auf Individuen ausgeübt werden, aufgenommen.

Acting on the Reality Interface
Was und wie beobachtet wird, bestimmt die Erkenntnis von Realitäten. Die unmittelbare Erfahrung von Wirklichkeit wird zunehmend durch massenmediale Bilder der »Wirklichkeit« ersetzt. Wir Menschen leben nicht länger ausschließlich »in« der Welt oder »in« Sprache, sondern »in« Bildern: in Bildern, die wir uns herstellen, und in Bildern, die wir uns durch technische Medien aneignen. Die Verschmelzung von Fiktion und Realität ist nicht mehr entwirrbar. Ein solcher Prozess befördert den Hedonismus und eine Spaßgesellschaftsmoral, durch die jede Bedeutung von Gerechtigkeit und Egalitätsprinzipien entkräftet wird. Aus der Perspektive der individuellen oder familiären Mikrostruktur, innerhalb der man sich unterschiedliche Wirklichkeiten entwirft, formulieren die in diesem Teil der Ausstellung versammelten KünstlerInnen ihre Positionen. Andere nehmen Bezug auf den öffentlichen Raum oder die Massenmedien, in denen Übereinstimmungen oder Konfrontationen über die Deutungen von Realitäten entstehen und ausgetragen werden.

Virtual Reality
Dieser Teil der Ausstellung wird ausschließlich im Internet präsentiert.

KünstlerInnen
Antoni Abad, Roberto Aguirrezabala, Pilar Albarracín, José Luis Alexanco, Jesús Alido, Eugènia Balcells, Manuel Barbadillo, Eugeni Bonet, Bressemer & Alia, Maite Cajaraville, Daniel Canogar, Gustavo Caprín, Nilo Casares & Bernardo Tejeda, Javier Codesal, Salvador Dalí & José Montes-Baquer, Juan Carlos Eguillor, Evru, Joan Fontcuberta, Dora García, Isabel Herguera, Jodi, Miquel Jordà, Joan Leandre, Ramon Llull, Moisés Mañas, Iván Marino, Enrique Marty, Anna Miquel, Sylvia Molina & Juan Millares, Jordi Moragues, Thomas Nölle, Victor Nubla, Daniel Palacios Jiménez, Carles Pujol, Joan Rabascall, Santiago Ramón y Cajal, Benet Rossell, Francesc Torres, José Val del Omar, Eulàlia Valldosera, Begoña Vicario, Wolf Vostell