Der anagrammatische Körper

Der Körper und seine mediale Konstruktion

10.10.1999 - 27.02.2000

Bildinformationen

Laufzeit

10.10.1999 - 27.02.2000

Eröffnung

09.10.1999, 19 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

Kuratiert von

Peter Weibel

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Über die
Ausstellung

Kunsthaus Mürz


Zusatzinformationen

Ort: Kunsthaus Mürz, Wiener Straße 56, 8680 Mürzzuschlag

Die Neue Galerie Graz in Kooperation mit dem Kunsthaus Mürz im Steirischen Herbst 1999

Die Fotografie ermöglichte die Nahaufnahme, die Vereinzelung und Verabsolutierung von Körperorganen. Die Malerei hat darauf reagiert, besonders im Surrealismus.
In der Fotomontage wurden die Organe bzw. Fragmente des Körpers als Elemente möglicher Kombinationen entdeckt. So wie in der Poesie das Anagramm aus der gleichen Buchstabenmenge immer neue Worte entstehen läßt, so sind in der neuen Körperfotografie die einzelnen Organe des Körpers als Bausteine für immer neue Körper interpretiert worden. Hans Bellmer erfand mit seinen Puppen den anagrammatischen Körper. Heute ist dessen Einfluß von Mike Kelley, Gary Hill, Tony Oursler bis Cindy Sherman dominierend. Hier findet die psychoanalytische Theorie der Partialobjekte von Freud bis Lacan ihre Ausformung. Auch die Maler reagierten auf diese Vereinzelung in der Fotografie und malten extreme Nahaufnahmen von Körperteilen oder Transformationen von Körpern bis zum Morphing mit Gegenständen (Maria Lassnig). Die Fotomontagen der 20er Jahre (John Heartfield, Claude Cahun) oder die Collagetechniken der Wiener Gruppe, der Pop Art oder von John Baldessari sind das Medium schlechthin des anagrammatischen Körpers. Die reale Gestalt des Körpers hat auf das Bild des Körpers reagiert, wie es von den Medien entworfen wurde. 

Die digitale Fotografie, die den Körper bloß visuell manipuliert, nimmt die reale Manipulation des Körpers vorweg (z.B. Michael Jackson). Von der Modefotografie bis zu Inez van Lamsweerde sehen wir die Zukunft des Körpers - den virtuellen Körper. Der Körper reagiert in der Wirklichkeit auf das Bild des Körpers. Body Building, Body Styling, Aerobics etc. sind die Technologien der Phantasmen einer obsessiven Körperkultur. Der Körper wird chirurgisch und gentechnologisch so transformiert, daß er den Wunschbildern der Medien oder deren Perversionen entspricht (Helmut Newton, Cher, Orlan). Der anagrammatische Körper nimmt die Gentechnologie vorweg, wie bei den Fotoarbeiten von Aziz + Cucher oder den Körperskulpturen von Dinos & Jake Chapman. Eine Auswahl von Werken von ca. 40 KünstlerInnen zeigt, zum Teil schockierend, ein neues hybrides Körperbild im Zeitalter der Paranoia. Peter Weibel

KünstlerInnen

Einblicke

Hans Bellmer, La Poupée, 1935/1983

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Cindy Sherman, Ohne Titel / Untitled #256, 1992

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Veronika Bromova, ZEMZOO, 1998

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Veronika Bromova, ZEMZOO, 1998

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Tony Oursler, Fear

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Inez van Lamsweerde, Topaze, 1993

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Aziz + Cucher, Interior #5, 1998

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Janice Sloane, Untitled triptych, 1998

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Günter Brus, aus: Kritik der unerziehbaren Vernunft 1970/1999

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Keith Cottingham, Fictitious Portraits (Triple), 1993

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Pierre Molinier, Grande Melée, späte 60er Jahre Photomontage für "Le chaman et ses créatures", Text von Roland Villeneuve

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Orlan, aus: Refiguration Selfhybridation, 1999

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Wendy McMurdo, "Helen, Sheffield, 1996", 1997

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