Barbara Eichhorn

Hänsel und Gretel

28.04. - 30.05.1999

Bildinformationen

Laufzeit

28.04. - 30.05.1999

Eröffnung

27.04.1999, 19 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

Kuratiert von

Günther Holler-Schuster

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Über die
Ausstellung

Studio der Neuen Galerie Graz


Zusatzinformationen

Ort: Studio der Neuen Galerie Graz

Im Rahmen der Serie zum Medium Zeichnung zeigt die Neue Galerie im Studio diesmal Arbeiten der aus Deutschland stammenden und in Wien lebenden Künstlerin Barbara Eichhorn. 

Ihre gesamte künstlerische Praxis ist von der Zeichnung dominiert. Keinesfalls bedeutet dies ein Rückzugsverhalten auf Gesichertes, Traditionelles. Die Zeichnung ist hier vielmehr in ihrer Direktheit und in ihrer Möglichkeit zur Subjektivität und Intimität gemeint. Fotografien, eigene und anonyme, sind Ausgangsmaterial für die Zeichnungen Barbara Eichhorns.

Vor allem gefundene Fotos, also anonyme Darstellungen, haben einen hohen Grad an, Banalität. Nur der Eingeweihte kann die Einzigartigkeit empfinden und diese Banalität mit dem ganzen Elan einer Emotion beflügeln. Das Foto hält den Moment fest, der einen Augenblick später schon Vergangenheit ist und damit eine gewisse Tragödie auslöst. Roland Barthes gesteht dem Foto aber nicht das Zurückrufen dieser Vergangenheit ins Gedächtnis zu, sondern die Fähigkeit der Beglaubigung. Was auf dem Foto sichtbar ist, ist tatsächlich dagewesen. Möglichkeiten, dies zu hinterfragen, sind heute angesichts der elektronischen Bildmedien, selbstverständlich. Malerei und Zeichnung jedenfalls haben diesen beglaubigenden Faktor erst, wenn sie sich deutlich auf vorhandenes Bildmaterial berufen. Dann ist das Vorhandensein des Bildes (der Vorlage) zweifelsfrei. Die Situation auf dem Bild (das Sujet) bleibt aber ein Mysterium. Die Erinnerung im Proust'schen Sinne, die auf den Impuls abzielt, der eine solche in Bewegung bringt, ist angesichts eines solchen Bildmotivs eher relevant. Der "mémoire involontaire", einem Terminus, den Walter Benjamin für Proust anwendete, folgend, gibt es Bilder, die wir nie sahen, ehe wir uns ihrer erinnern.

Barbara Eichhorn zeichnet Fotos ab, aus dem eigenen privaten Fotofundus, aber auch aus den medialen Bildangeboten (Magazine, Zeitungen etc.)

In ihren großformatigen Zeichnungen, in denen Figuren isoliert dargestellt werden (manchmal Familienmitglieder, oft Freunde), scheint sie Vergangenes, Vergessenes sichtbar zu machen. Die Wälder, die in ihrer bayrischen Heimat oft ihr Aufenthaltsort waren, sind mit Kohle direkt an die Wand gezeichnet. Diese Landschaften sind aber topografisch nicht notwendigerweise gesichert. Dadurch, daß sie vom Trägermaterial befreit sind, scheinen sie der Realität näher. Daß das Vergehen nicht mit pathetischer Wehleidigkeit zu tun haben muß, sondern eine Selbstverständlichkeit ist, wird hier auch deutlich. Marcel Prousts Vorstellung vom Vergänglichen scheint hier genau zuzutreffen. Es ist nicht der kontinuierliche Prozeß, der wie ein Dahinwelken wäre. Es ist vielmehr ein hin und wieder aufflackerndes Bewußtsein, daß sich die Umgebung, die Protagonisten und letztlich man selber sich verändert haben. Feiern, Gedenktage, Beerdigungen etc. im Familienzusammenhang bspw. haben stets dieses Erschütternde, daß ein Sprung im Kontinuum der Zeit sichtbar wird. Das Betrachten einer Fotografie kann diesen Vorgang auslösen.
In den Zeichnungen Barbara Eichhorns wird eher dieser Erinnerungsablauf sichtbar, als daß über das tatsächliche Leben und Handeln der Dargestellten eine Aussage gemacht wird.