In einer Serie von Fotografien, 60 x 60 cm, die auf Aluminium kaschiert und in schwarze Alu-Rahmen gespannt sind, greift Arye Wachsmuth klassische Strategien auf und modifiziert sie mit avancierten technischen Medien. Die Fotos befinden sich hinter Glas, wovon aber ein 19 cm breiter Streifen schwarz bedruckt ist Diese schwarze Fläche absorbiert und spiegelt das Licht. Darauf folgen ein 3 cm breiter Streifen, der verspiegelt ist und das transparente Glas, das den Blick auf das Foto freigibt. Schwarze Fläche, Spiegel und Foto verweisen auf die Material- und Rezeptionsgeschichte der Fotografie und der Lichtkunst, von der Camera Obscura bis zur Black Box. Die abstrakten Fotos selbst hinter dem Glas entstammen einer hochentwickelten Reproduktions-Ästhetik. Eine Computersequenz wurde auf eine Folie vor dem Monitor (liegend) gespiegelt, mit einer Kamera schwarzweiß auf Video übertragen und dann wiederum direkt vom Bildschirm abfotografiert, und durch Farbfilter wieder eingefärbt. Monitorlicht, Filter, Folie, Video und Computer sind im Einsatz, um ein Foto zu erzeugen. Die Foto-Objekte (ab 1991), 200 x 67 cm Hochformat, führen solche Repro-Strategien und Material-Einsätze von der Fläche in den Raum fort. Sie bestehen aus zwei Glasscheiben, wovon die eine auf der Vorderseite bis zur Hälfte verspiegelt ist, und die andere Scheibe (rückseitig) bis zur Hälfte geschwärzt ist, und steht auf einer Metallfuß-Konstruktion. Zwischen den Scheiben befindet sich ein Großdia (Dura Clear) der hybriden Machart, das direkt abfotografierte Lichtreflexe eines Computermonitors auf einer Folie zeigt. Die Eigenschaft des Dias, die Transparenz, wird so zum Thema. Vom Monitorglas über die Folie und das Dia bis zum Display-Glas, vom Spiegel bis zur Absorption, vom Erzeugermedium bis zum Präsentationsmedium wird das Thema Transparenz unter dem Einsatz von Colour, Camera und Computer behandelt. Durch diese Selbstreferenz werden realer Raum und realer Betrachter zum Teil des Bildes, wie des Bildraums. Diese Überlagerung von visuellen, künstlerischen und realen Informationen schafft Zonen der Ungewissheit, die den Objektstatus der Skulptur destabilisieren und dematerialisieren («das feste Material auflösen« Moholy Nagy). Alles, die Fotos und die Materialien, laufen darauf hinaus, den Dingen das Dingfeste abspenstig zu machen und die Objektidentität (zwischen Bild und Gegenstand, zwischen Gegenstand und Zeichen) zu verunsichern. Das hybride verarbeitete Monitorlicht schafft als mediale Lichtmalerei und -skulptur Zonen und Rationen der Ungewissheit. Zwischen Transparenz und Absorption entfaltet sich ein ästhetischer Metacode von der Ungewissheit aller Codes. Sind Color, Camera und Computer — nur wechselnde Codes für Licht?
Peter Weibel