Ars Lucis et Umbrae

Licht- und Schattenobjekte aus der Neuen Galerie Graz

12.03. - 24.05.2002

Bildinformationen

Laufzeit

12.03. - 24.05.2002

Eröffnung

11.03.2002, 18.30 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

Kuratiert von

Christa Steinle

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Über die
Ausstellung

Palais Kinsky, Wien. Licht und Schatten als selbständige Medien in der Kunst.


Zusatzinformationen

Ort: Palais Kinsky, Freyung 4, 1010 Wien

Van Goghs berühmte Prophezeiung "Der Maler der Zukunft, der ist ein Farbiger, wie es ihn noch nie gab", hat die Farbe von ihrer Gegenstandsgebundenheit befreit und die rein farbbezogene abstrakte Malerei eingeleitet. Die Beziehung von Farbe und Form im gegenständlichen Bild wurde durch die Beziehung von Farbe und Fläche ersetzt. Die Farbe wurde verabsolutiert und autonom, das Bild wurde tendenziell zu einer reinen Farbfläche. Henri Matisse vermerkte 1929 rückblickend zu Gauguin und Van Gogh: "Aufbau mit Farbflächen. Das Licht findet sich im Zusammenklang von leuchtenden Farbflächen." Das Licht schälte sich aus der Farbe als Medium.

In den 1920ern begann man, das Licht nicht mehr mit Farbe darzustellen, wie S.J. Wright of Derby und W. Turner, sondern es durch neue Materialien, wie Blech, Aluminium, Spiegel und Plexiglas real einzusetzen. Das Licht wurde in den reflektorischen Lichtspielen, Lichtplastiken, Farbenlichtspielen des Bauhauses zum alleinigen Material der bildnerischen Gestaltung. Zdenek Pesarek schuf zwischen 1933-36 wahrscheinlich als erster lichtkinetische Plastiken mit Neonröhren und farbigen Glühbirnen. Aber auch die Schatten, siehe den kinetischen Raum-Modulator (1939) von Moholy-Nagy, wurden Medium der Kunst. Die Objekte mit Lichteffekten von der Avantgarde der Zwischenkriegszeit wurden bei der Neoavantgarde nach dem II. Weltkrieg zu Lichtobjekten, Lichtkästen, Lichtreliefs und Lichtwänden, z.B. der Zero-Bewegung (1957-61), der Groupe des Recherches d'Art Visuelles.

Doch erst Dan Flavin erweiterte mit industriellen fluoreszierenden Lichtröhren ab 1963 das Bildfeld und die Farbfläche in den realen Raum. Denn erst jetzt erreichte das Licht völlige Selbständigkeit als Gestaltungsmedium, wie sie nach ihm von Robert Irwin, James Turrell, Douglas Wheeler, dem Avantgardefilm der 1960er und 1970er Jahre und einer neuen Generation von Lichtkünstlern ausdifferenziert wurde. Licht und Schatten, Lichtobjekte und Schattenobjekte sind also für eine jüngere Künstlergeneration selbstverständliche Medien, die nicht nur aus den Traditionen des Bildes und der Skulptur gespeist werden, sondern auch aus einem großen Reservoir von Strategien zu deren Überwindung. So gibt es von Mischa Kuball bis Bertrand Lavier, von Michel Verjoux bis Joseph Kosuth ungegenständliche und gegenständliche Lichtkunst, Dia- und Lichtprojektionen, Neonröhren und Glühbirnen, Laserstrahlen und Lichtinstallationen. Die verschiedenen Kunstbewegungen, von der Conceptual Art bis Arte Povera, brachten verschiedene Formen des künstlerischen Einsatzes von Licht hervor.

In einer sehr punktuellen Auswahl kann die Neue Galerie einen Einblick in die Vielfalt dieser Formen der künstlerischen Verwendung von Licht und Schatten bieten. Uncini und Petercol arbeiten auf der Ebene des Objekts. Die Schatten, die ihre Objekte werfen, verhalten sich symmetrisch zur Lichtwelt. Die Schattenwelt erscheint als eine notwendige Parallelwelt zur realen Welt des Lichts. Nannucci und Adams bilden die Antipoden im Genre des Lichtbildes; der eine bildet mit Neonröhren eine geometrische Form auf dem Tafelbild, setzt also die geometrische Abstraktion fort; der andere setzt die Tradition der Lichtkästen fort, aber verweist auf die dunkle Seite des Lichts, die Schattenseite des Lichts: die atomare Verstrahlung, das Licht als Zerstörer der Welten. Bulloch, Kowanz, Erjautz und Sokić verwenden Neonröhren, Halogenlicht und Glühbirnen als abstrakte skulpturale Formen, die aber eine libidonale Energie freisetzen und als Wunschmaschinen agieren. Schuster verweist auf die Geschichte der Fotografie (Talbot, 1844), auf die Gestaltwerdung durch Licht. Eliasson verbindet in seiner Arbeit die Tradition der Lichtexpansion von Flavin mit der Bauhaustradition und gleichzeitig mit der langen "Geschichte des Schattens" in der Kunst seit dem Höhlengleichnis von Plato. Er erinnert an den Quell aller Künste: mit Bildern die Dämonen zu bannen oder mit Bildern, die nichts als Schatten sind, die Wirklichkeit zu entwerfen, zu erahnen. Die Kunst des Lichts und des Schattens, Ars magna lucis et umbrae, nannte Athanasius Kircher daher die Mutter der Künste.

Die Flüchtigkeit des Lebens und der Kunst zeigt Weibel in der konzeptuellen Verbindung von Licht und Wind. Sind wir nicht alle nur Reisende mit Lichtgeschwindigkeit auf irgendeiner Weltlinie, deren Fahrkarte nur für Kurzstrecken gilt? Der Mensch und das Licht sind das Thema dieser Ausstellung aus der Sammlung der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum Graz, gerade weil der Mensch ausgespart und abwesend ist. Keine klassische Metaphysik spendet Licht, wo Schatten ist. Das Licht entstammt einer Gegenstandswelt, in deren Horizont der Mensch fehlt.

Einblicke

Peter Weibel (A), Wind 1975 Neonröhren, Sockel, Maße variabel Neue Galerie Graz / III 539

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Brigitte Kowanz (A), Ohne Titel 1989 Acrylglas, Stahl, Glas, Halogenlicht, 127 x 120 x 60cm Neue Galerie Graz / VI 439

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Dennis Adams (USA), Blue Spill 1993 Plexiglas, Alu, Neonlicht, C-Print, 267 x 294 x 61cm Neue Galerie Graz / III 569

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Olafur Eliasson (DK/D), Spiral doughnut 2000 Licht, Stahl, Maße variabel Neue Galerie Graz / III 667

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