Dass "Geld die Welt regiert" und dass "der Gentleman nicht über Geld und die letzte Nacht spricht" oder dass es natürlich "ohne Geld ka Musi" gibt, wissen wir aus diversen Redensarten, die uns seit der Kindheit begleiten.
Andreas Leikauf, in Wien lebender Obersteirer, der bei Markus Pranchensky und Bruno Gironcoli an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert hat, stellt den "Mythos Geld" ins Zentrum seiner Ausstellung im Studio der Neuen Galerie Graz. Von ihm individuell bearbeitete Geldscheine aus aller Welt, bilden einen Werkkomplex, den er seit Mitte der 90er Jahre verfolgt. Auf annähernd 1000 Geldscheinen entwickelte Leikauf eine imaginäre Story - ein antikapitalistisches Comic.
Banknoten sind zum Einen Illustrationen der Kulturgeschichte eines Landes, wenn sie Personen und Errungenschaften desselben zeigen und somit Identifikationshilfen für den Staatsbürger bieten.
Zum Anderen sind sie Wertzeichen und zeugen von der Vereinbarung Dinge und Leistungen damit eintauschen zu können. Ein gewisser zivilisatorischer Entwicklungsstand scheint damit verbunden zu sein, wenn wir nicht bspw. für einen Kürbis zwei Gurken bekommen, sondern ein kleines Stück Papier. Damit können wir uns wieder eine Schachtel Zigaretten oder was auch immer eintauschen, oder es auf eine Bank tragen und solcherart vermehren. Dieses kleine Stück Papier hat einen festgelegten Wert ist und besonders geschützt - d. h. jede Veränderung solcher Wertzeichen ist gesetzlich verboten und somit strafbar. Man kann also nicht einfach auf einer 20-Schilling Banknote eine Null dazuschreiben und dann 200 Schilling haben.
Künstler stehen im Ruf nahezu alles zu dürfen. Sie stellen sich, wie die Psychoanalytikerin Joyce McDougall in ihrem Buch "Plädoyer für eine gewisse Anormalität" beschreibt, außerhalb der Gesellschaft und wirken von dort auf diese ein. Sie nützen somit den bescheidenen gesetzesfreien Bereich, um gewisse Überlegungen anzustellen - zu kritisieren und zu analysieren.
Andreas Leikauf macht das auch, wenn er uns seine "erste Million" vorstellt. Die Veränderung einer Banknote durch einen Künstler schafft ein Kunstwerk und sie bekommt damit einen veränderten oder zusätzlichen Wert. Diesen Wert legt der Künstler selbst fest. Die Geldscheine mutieren solcherart zu Bildern, die ihren Preis sichtbar tragen. Nicht mehr verstorbene Geistesriesen sind die Protagonisten sondern Comic-Männchen. Auf diese Weise wird das nationale Pathos zu anarchischem Witz. Leikauf unterläuft hier nicht nur die Mechanismen des Kunstmarktes, sondern er relativiert zugleich auch die, immer mehr zum Fetisch werdenden, kapitalistischen Spielregeln. (Günther Holler-Schuster)
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der einen Teil der überarbeiteten Geldscheine zeigt und ein Interview des Künstlers mit dem Wiener Philosophieprofessor Dr. Wolfgang Pircher, beinhaltet.