Bezirk Murau

Bildinformationen

Knipserfotos aus der Landesberufsschule Murau

Diese Fotografien wurden von den Berufsschülern in den frühen 1960er-Jahren aufgenommen und in der schuleigenen Dunkelkammer auch von ihnen selbst ausgearbeitet. „Viele Maurerlehrlinge kamen damals in der Landesberufsschule Murau erstmals mit dem Medium Fotografie aktiv in Kontakt“, erzählt ein ehemaliger Schüler.

Ein Stiftsapotheker und sein „Höllenwerk“ - Dynamitfabrik St. Lambrecht

Am 12.April 1871 legte der Stiftsapotheker und Chemiker Alfred Siersch der Bezirkshauptmannschaft Murau einen Gesellschaftsvertrag vor, den Christian Gragger aus Neumarkt, Leopold Diller und er zur Erzeugung und zum Vertrieb von „Weißem Dynamit“ geschlossen hatten. Hierbei wusste er über die rigorosen Vorschriften der Sprengstofferzeugung Bescheid und zeigte sich über die Bewilligungen bestens informiert, die dem Dynamitfabrikanten Alfred Nobel bei der Anlage seines Werkes in Zamky bei Prag zugestanden worden waren.

Es galt vor allem noch zu klären, ob die Erzeugung von Dynamit nicht zu den Monopolrechten des Staates gehöre, die Bewilligung also dem Reichskriegsministerium zustehe, bevor die Bezirkshauptmannschaft darüber entscheiden kann. Ein geeigneter Standort außerhalb des Gefahrenbereichs – abseits von geschlossener Besiedelung und frequentierten Verkehrswegen – wurde in einem Gebirgskessel gefunden. Eine mächtige Bodenwelle schirmte den zwei Kilometer entfernten Markt sowie das Benediktinerstift ab.

Am 04. November 1871 erfolgte schließlich die Konzessionsverleihung. Ein von der Gemeinde eingebrachter Rekurs, wonach einer Gemeinde bei Errichtung einer „wahren Höllenfabrik“ doch eine Garantie gegeben werden müsse, dass für sie im Unglücksfalle keine finanzielle Last entstehe, blieb erfolglos.

In St. Lambrecht wurde ein Nitroglycerinpräparat, in dem Nitroglycerin mit Bergkreide und nitritierten Sägespänen als Aufsaugstoffe vermengt waren, produziert. Für die Zulassung zum Transport auf den Eisenbahnen waren jeweils gesonderte Genehmigungen des Handelsministeriums einzuholen.

Die Fabrik begann unter der Firmenbezeichnung „k.k. privilegierte Dynamit-Fabrik von Gragger & Comp. in St. Lambrecht“. Alfred Siersch, der eigentliche Initiator, sollte nur bis Februar 1872 Gesellschafter bleiben. Nachdem er sich erfolgreich in den Patentprozessen gegen Alfred Nobel geschlagen hatte, wurde er schließlich Direktor der Nobel Dynamitfabrik in Preßburg/Bratislava.

1877 trat Carl Borckenstein in das Unternehmen ein, das nun als „Rhexit- und Dynamitfabrik Borckenstein & Co“ firmierte. Zehn Jahre später ging der Betrieb samt allen Konzessionen an die Aktiengesellschaft „Dynamit Nobel in Wien“ über.

Die industrielle Sprengstofferzeugung prägt seither neben der Holzverarbeitung die wirtschaftliche Entwicklung des höchstgelegenen Marktes in der Steiermark.

Das Werk mit rund 150 Mitarbeitern wurde im Juni 2003 von der Austin Powder International, einem Sprengstoffkonzern mit mehreren Stützpunkten in Nord- und Südamerika sowie Europa, übernommen. Die Betriebsstätte in St. Lambrecht war bis dahin das älteste Werk des österreichischen Sprengstoffherstellers Dynamit Nobel Wien. Der US-Konzern Austin Powder wurde 1833 gegründet und ist nach eigenen Angaben die älteste Sprengmittelfirma. Nach St. Lambrecht wurde sogar das Europa-Headquarter verlegt, wo heute u.a. Sprengstoffe für den Tunnelbau oder Ladungspulver für Airbags hergestellt werden.

 

Quellen:

Franz Pichler, Die Anfänge der Dynamitfabrik St. Lambrecht, Sonderbände der Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 14 (1967);
Obersteiermark: Dynamitwerk „flog in die Luft“, in: Wiener Zeitung vom 11.03.2008

Bildinformationen

Murauer Bier

Bier war im oberen Murtal und seinen Nebentälern schon im frühen Mittelalter von großer Bedeutung. Das Klima war und ist für den Weinanbau zu kalt. Eigentlich genügt es auch dem Hopfen nicht, dennoch scheint das Mikrolima rund um Stadl an der Mur bis in das 17. Jahrhundert warm genug für diese Kletterpflanze gewesen zu sein. Bereits im 12. Jahrhundert ist der Hopfenanbau im Katschtal belegt, wo Tavernen mit Schankgerechtigkeit standen. Diese leisteten der Grundherrschaft, dem Bistum Freising, Abgaben in Form von Hafer. 1492 wurde ein Niederlagsgebäude am heutigen Raffaltplatz 19 in der Stadt Murau errichtet. Dieser Standort ist bis heute ohne Unterbrechung Braustätte geblieben und so betrachtet vielleicht die älteste der Steiermark.

In der Stadt Murau sind für das 16. Jahrhundert jedenfalls sieben Braustätten belegt. Im 19. Jahrhundert gab es nur mehr zwei: eine von Adeligen geförderte, am Rindermarkt, und die bürgerliche am Oberen Platz. Ein paar geschäftstüchtige Herren hatten Visionen und machten aus der Handwerksbrauerei schließlich einen Industriebetrieb. 1823 bis 1856 stand die Brauerei im Besitz von Valentin Bauer, anno 1848 war er auch der erste frei gewählte Bürgermeister von Murau. Er erwarb 1829 das alte Niederlagsgebäude am Raffaltplatz und schuf so den Grundstein für die spätere Erweiterung.   

Der einzige in Murau verbliebene Mitbewerber, die Heinrich‘sche Brauerei am Rindermarkt, wurde 1898 gekauft und stillgelegt. Im selben Jahr wurde erstmals Murauer Flaschenbier erzeugt. Gustav Baltzer, der letzte private Eigentümer, leitete 1910 - kurz vor seinem Tod - die Gründung der „1. Obermurtaler Brauereigenossenschaft“ (heute: Brauereigenossenschaft Murau eGen) durch seinen Schwager Anton Guggenberger in die Wege. Dies sicherte Kapital- und Absatzmärkte.

Während des Zweiten Weltkrieges drohte mangels Arbeitskräften der Stillstand, dieser konnte aber dank des Einsatzes von Fürstlich Schwarzenbergischem Personal abgewendet werden. Seit den 1950er Jahren ist ein kontinuierlicher Aufwärtstrend bei den Bieren aus dem Oberen Murtal zu verzeichnen. Die Murauer konnten sich auch nach dem Ende des Bierkartells 1980 auf dem Markt behaupten.

 

Bierkartell

Dieses war 1907 als „Schutz­verband alpenländischer Brauereien“ gegründet worden: Ein „Kundschaftsversicherungsvertrag österreichischer Brauereien“, wonach streng geregelt war, welche Brauereien wohin Bier liefern durften.

Wenn eine Brauerei ihr Bier in einem neuen Absatzgebiet vertreiben wollte, musste sie das Recht dazu vom angestammten Lieferanten käuflich erwerben – oder man kaufte einfach den Mitbewerber mitsamt seinen Kunden auf. Auf diesem Wege wechselten oft ganze Ortschaften den Bierlieferanten.

 

Quellen:

Grüß Gott in der Bierstadt – Genuss Magazin, 2012/02
Conrad Seidl, Fallstaff Jubiläumsausgabe, 2015/12
Alfred Baltzer, Bierstadt Murau, 2015

Auf dem Maxlaunmarkt in Niederwölz

Friedrich III. erteilte der Gemeinde Niederwölz im Jahr 1450 das Privileg, am Tag des Kirchenpatrons Maximilian einen Jahrmarkt abzuhalten. Die zugehörige Urkunde ging im Jahr 1532 bei Plünderungen verloren, weshalb der Originalinhalt nicht überliefert ist. Da neben der Urkunde auch die Freiung verbrannte, konnte das Recht zum Abhalten des Maxlaunmarktes nicht nachgewiesen werden, weshalb er zu Beginn des 16. Jahrhunderts verboten wurde. Am 18. November 1536 hat König Ferdinand I. jedoch neuerlich einen Freiheitsbrief ausgefertigt, wodurch die Niederwölzer abermals das Recht erhielten,  einen "offenen Jahrmarkt" abzuhalten.

Im Jahr 1656 wurde auch eine neue Freiung angefertigt, welche mit der heutigen Kopie bis auf einige Restaurierungen identisch ist. Das Original wird beim vlg. Stinglbauer aufbewahrt.

Der geschnitzte Schwertarm wird dabei auf eine fast 4 m lange Stange montiert und in einer feierlichen Prozession „ausgetragen“. Die Freiung war einst Zeichen für den strafrechtlichen Schutz zur Marktzeit und garantierte den freien Handel und Frieden durch ein Waffenverbot.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zählte der Maxlaunmarkt zu den größten Jahrmärkten der Steiermark. Vor allem der Vieh- und Lederwarenverkauf spielten dabei eine zentrale Rolle. Mittlerweile werden an den vier Markttagen jeweils am zweiten Oktoberwochenende zwischen 70.000 und 80.000 Besucher gezählt.

Die Murtaler Zeitung berichtete 1953 zum Maxlaunmarkt:

„Aus allen Gräben und Einschichthöfen waren die Leute zusammengeströmt, um sich einen neuen Steirerhut, ein warmes Leibl oder einen Zögger zu kaufen, aus allen obersteirischen und benachbarten Kärntner Orten kamen Hunderte und Tausende mit den Zügen und Autobussen, um einmal eine richtige Jahrmarktshetz mit Schiffsschaukel und Tierschau und allem Klimbim zu erleben. Es wird wohl jeder auf seine Rechnung gekommen sein: die Käufer, die Vergnügungssüchtigen, die zweihundert Händler, die Wirte - und die Murtalbahn.
Letztere sah sich allerdings zu einer, na sagen wir, vorbeugenden Maßnahme gezwungen, um den winkenden Reingewinn nicht in den Kanal des Schwarzfahrens abgleiten zu sehen: sie ließ in der kleinen Haltestelle Lind-Scheifling, also fünf Minuten vor Niederwölz, das Bähnle geschlagene zwanzig Minuten halten, um die rund dreihundert in Unzmarkt zugestiegenen Maxlaun-Besucher noch abfertigen zu können. Leicht wären diese sonst auf den Gedanken gekommen, ohne ihren Obolus zu entrichten, in Niederwölz flugs aus dem Zügle und damit durch die Maschen des Gesetzes zu entfleuchen!“