2018: Simadruck 117 Jahre – 91 Jahre Weststeirische Rundschau
Er war schon als Jugendlicher nicht nur auf der „Walz“, was damals das mit der Arbeit verbundene Reisen durch andere Länder bedeutete, sondern auch recht ehrgeizig. So kam es, dass der 1870 geborene Kärntner Wilhelm Sima in Bischofteinitz in Böhmen, nahe bei Pilsen, schon in jungen Jahren Mitbesitzer einer Buchdruckerei mit einem Zeitungsverlag wurde.
Mitbesitzer zu sein bedeutete aber schon damals, nicht das alleinige Sagen zu haben, und so waren Mentalitätsunterschiede und vor allem die unterschiedliche nationale Identität Grund dafür, dass er sich auf Drängen seiner Frau in Österreich nach einer eigenen kleinen Druckerei umsah. So wurde schließlich Deutschlandsberg ab dem Jahr 1901 zu seiner Heimat und sollte es bis zu seinem Lebensende – er wurde 91 Jahre alt – bleiben. Deutschlandsberger zu werden hieß Vorstellungsgespräche – „overdressed“ mit Gehrock und Zylinder – zu führen, sich als musischer Mensch in das Vereinsleben zu integrieren usw.
Eine eigene Zeitung herauszugeben, das war aber eine andere Sache. Sie verlangte ab dem Jahr 1927 viel, viel Einsatz, Überzeugungsarbeit und „Fingerspitzengefühl“. Unterstützung gab es natürlich durch aufgeschlossene Freunde, in erster Linie aber durch seine beiden Söhne Wilhelm und Walter, die nach der Mittelschule – wie andere Deutschlandsberger besuchten sie das Gymnasium in Pettau, dann in Melk – den Beruf erlernten und im Betrieb mitarbeiteten. Schwierig war es schon damals, allerdings anders als heute. Die Berichte kamen meist handschriftlich oder auf der Maschine getippt – das blieb übrigens bis in die Zeit der Computer so – montags in die Firma. Hier wurden sie erst – wenn nötig – überarbeitet, um dann den Fließsatz auf einer Bleisetzmaschine wie auf einer Schreibmaschine einzutippen. Zeile für Zeile, und auf der Inseratenseite, wie die großen Titel der Berichte, Buchstabe für Buchstabe! Heute unvorstell- und unbezahlbar!
War es ein Wunder, dass man die Buchdruckerei als „die schwarze Kunst“ bezeichnete? Es war ein „elitärer“ Beruf für Menschen mit Köpfchen, die in ihrer Gewerkschaft gut vertreten waren. Von Haus aus eine niedrigere Arbeitszeit; Mädchen durften den Beruf nicht erlernen, sie konnten nur als sogenannte „Hilfsarbeiterinnen“ die Druckmaschinen bedienen. Blatt für Blatt, WR für WR einlegen usw. Während des Krieges – die jungen Männer waren eingerückt – erschien die Zeitung ohne Unterbrechung Woche für Woche nur in einem wesentlich geringeren Umfang. Da half sogar ein längst pensionierter Setzer aus, der zu Fuß (!) jeden Tag den Weg von Stainz nach Deuschlandsberg und zurück bewältigte.
Es würde den Rahmen des Berichtes sprengen, würde man den Beruf eines Setzers oder Druckers von damals genauer beschreiben. Heute gibt es diese Berufsbezeichnungen nicht mehr. Seit der Computer Einzug gehalten hat, spricht man vom Grafiker, Druckvorstufentechniker und Drucktechniker. Dementsprechend hat sich natürlich auch die Einrichtung einer Druckerei gewandelt. Gab es früher die Setzerei bzw. die Druckerei, beherrschen heute Computer, verschiedenste computergesteuerte Maschinen usw. das Bild eines modernen Betriebes. Und natürlich hat sich auch das Bild des Hauses Simadruck, der „Geburtsstätte“ einer Zeitung wie der Weststeirischen Rundschau oder auch anderer Zeitungen, Bücher, Drucksorten, etc. gewandelt. Von der Straßenseite schwer erkennbar, reiht sich heute ein Arbeitsraum nach dem anderen – mittendrin die „Druckereikatze“ Fred, der sich von den vielen Kunden absolut nicht stören lässt!
Der „Nestor der Buchdruckerkunst“, wie Wilhelm Sima in vielen Berichten über ihn in anderen Zeitungen genannt wurde, hatte in seinem Sohn Walter einen tüchtigen Nachfolger gefunden. Dieser erlebte noch die schwierige Zeit der Umstellung vom Bleisatz auf Offsetdruck, die totale Erneuerung des Maschinenparks zusätzlich zu den Belastungen, die die Herausgabe der Weststeirischen Rundschau mit sich brachte. Schon früh fand er aber Unterstützung durch seine beiden Töchter Waltraud, verheiratete Weisi, und Annemarie, verheiratete Aigner. Trotz des Frauen-Berufsverbotes durfte Annemarie Aigner als „Druckereibesitzerstochter“ als einige der wenigen Mädchen in Österreich den Beruf erlernen.
Junge Frauen als „Chefinnen“ damals – und das in diesem Beruf – das ging so einfach nicht, das konnte damals vor allem die Männerwelt nicht so leicht akzeptieren. Es kam nicht nur einmal vor, dass Firmenfremde erst einmal eine männliche Hilfskraft kontaktierten, ehe sie sich an eine der „weiblichen Wesen“ wandten. Das hat sich mittlerweile natürlich geändert – Frauen sind, auch wenn man es ihnen nicht unbedingt leicht macht, wohin man sieht, im Vormarsch! Auch bei Simadruck firmiert als dritte Frau Mag. Cathrin Truppe, Tochter von Waltraud Weisi, als Geschäftsführerin des Betriebes, die nach Absolvierung eines Studiums auch den Beruf einer Reprotechnikerin erlernte. „Drei Damen machen Druck“ ist übrigens der Titel eines Artikels über die „Weststeirische Rundschau“ im Fachjournal „Der Journalist“, der vor einiger Zeit erschienen ist.
Womit wir noch einen Blick auf den über 90-jährigen Bestand der Weststeirischen Rundschau werfen wollen. In all den Jahren hat sie sich bewähren müssen. Oftmals aufgrund der vielen Gratiszeitungen – viele von ihnen existieren nicht mehr – „totgesagt“, gelang es schließlich doch – allen Unkenrufen zum Trotz – über 90 Jahre zu bestehen. Und das in der Form und Art, wie sie die Leser gewöhnt sind und wie man sie mag! Nicht „inseratenlastig“ mit Unmengen an PR-Artikeln, sondern mit jenen Berichten, die das Geschehen selbst im kleinsten Dorf des Bezirkes schildern. Dank vieler, vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen „Schichten“ und jeden Alters – pro Nummer oft bis zu 70 verschiedene – wurde und wird die Zeitung so zu einem authentischen Zeitdokument des ganzen Bezirkes. Nicht immer war sie jedoch unparteiisch – ein trauriges Kapitel, das nicht verschwiegen werden soll. Wie 21 große und kleine Zeitungsverlage aus der Steiermark und Kärnten wurde sie während des Zweiten Weltkriegs Sprachrohr des damaligen NS-Regimes, konnte so „überleben“ und hatte nach Kriegsende das Glück, dass das Archiv nicht durch die Engländer verbrannt wurde.
Nach einer öffentlichen Entschuldigung der damals Verantwortlichen nach Kriegsende achtete man ab diesem Zeitpunkt peinlichst genau auf eine unparteiische Berichterstattung. Heiteres Detail am Rande: Nach 1945 musste die „erste Nummer“ jeder Ausgabe einige Jahre hindurch jeweils donnerstags bei der Staatsanwaltschaft in Graz abgegeben werden, wo man vorgab, sie zu studieren und das „Okay“ zu geben. Da damals der Bote mit der Zeitung den Zug benutzte, waren die Zeitungen bereits bei der Post bzw. in den Trafiken erhältlich, ehe das eine Exemplar „begutachtet“ werden konnte. Aber Vorschrift war eben Vorschrift ... Die unparteiische Haltung war durch viele, viele Jahre jedoch nicht einfach. Den einen war sie zu ROT, den anderen zu SCHWARZ, wieder anderen zu liberal – was wiederum damit zusammenhing, dass man nicht veröffentlichen konnte, was nicht als Bericht einlangte. Leider hatten diese Unterstellungen oft auch Auswirkungen auf die Drucksortenvergaben.
Mittlerweile schätzen die Leserinnen und Leser – Ausnahmen gibt es immer wieder – das Bemühen um eine breitgestreute, soweit es geht objektive, unparteiische Berichterstattung.
Quelle: Waltraud Weisi und Mag. Cathrin Truppe