Mit dem Knistern und Rauschen von Phonograph und Grammophon begann eine neue Ära in der Welt der Musik.
Mit dem Knistern und Rauschen von Phonograph und Grammophon begann eine neue Ära in der Welt der Musik.
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Die Möglichkeit, Töne und Klänge in eine dauerhafte und reproduzierbare Spur zu verwandeln, machte sich die Unterhaltungsindustrie rasch zunutze: Bereits in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Stimmen bekannter steirischer Künstlerinnen und Künstler wie Alexander Girardi, Mirzl Hofer oder „Die Obersteirer“ auf den neuen Medien Tonwalze und Schellackplatte veröffentlicht. Ihre Operettenschlager, Volkslieder und Jodler konnten damit immer und überall, in öffentlichen wie auch privaten Räumen konsumiert werden. Dies steigerte die Popularität von Künstlerinnen und Künstlern in bislang unbekannter Weise und zwang zugleich zu künstlerischer Perfektion, denn das Aufnahmeverfahren ermöglichte keine Bearbeitungen oder Montagen.
Geschickt setzte die Unterhaltungsindustrie Anfang des 20. Jahrhunderts auch auf das neue Medium Film: Schallplatten lieferten den Ton für frühe „Synchrontonfilme“. In sogenannten „Tonbildern“, einer Vorform der späteren Musikvideos, traten Künstler/innen vor die Kamera und sangen lippensynchron zu einer Schellackplatte. Diese wurde gemeinsam mit dem projizierten Film im Kino vorgeführt.
Doch Phonographen und Grammophone dienten nicht nur der Unterhaltung: Als Möglichkeit der Fixierung akustischer Phänomene diente der Phonograph etwa Vertreterinnen und Vertretern der Volkskunde. Sie sahen die Notwendigkeit des Sammelns und Archivierens akustischen Materials im drohenden Verschwinden kultureller Ausdrucksformen – bedingt durch den unaufhaltsamen Fortschritt. Nicht selten ging es dabei aber weniger um Erforschung als vielmehr um Pflege und Erhaltung, im Sinne einer politischen Aufgabe.
1880 gründete der Färbermeister und Kaffeesieder Johann Arbeiter mit fünf Musikanten aus Mooskirchen und Umgebung eine Instrumental- und Gesangsgruppe. Ihr guter Ruf reichte bald über die nähere Umgebung hinaus: Auch in Graz, Wien, Berlin und anderen europäischen Städten feierte sie Erfolge. Dem Geschmack des städtischen Publikums entsprechend, ergänzten die „Mooskirchner“ steirische Walzer, Polkas, Steirer und Ländler mit Wiener Tanz- und Gesellschaftsmusik und bekamen sogar eine Audienz bei Kaiser Franz Joseph I. Höhepunkt ihrer Karriere war allerdings ein Auftritt im „Pavillon Österreich“ bei der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900.
Der Erste Weltkrieg beendete die Erfolgsgeschichte der „Mooskirchner Altsteirer“. Johann Arbeiter starb 1917 mit 84 Jahren und hinterließ einzig seine Bassgeige. Das Ensemble aber erneuerte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts immer wieder – die ursprüngliche Charakteristik des Musizierens und Singens der „Mooskirchner“ wurde damit fortgesetzt.
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„Die Obersteirer“ wurden vermutlich 1899 gegründet und zählten zur Gilde der Alpensänger. Diese reisenden Volksmusikanten propagierten mit ihrem Singen, Tanzen und Spielen eine romantisierte Dorfkultur und trugen damit wesentlich zur Bildung von Klischeebildern des Tirolerischen, Kärntnerischen und Steirischen bei.
„Die Obersteirer“ traten auch in zahlreichen europäischen Städten auf. 1902 führte sie eine gemeinsame Konzertreise mit dem berühmten Schweizer Jodler Josef Felder nach Deutschland und Holland. Zu Hause in der Steiermark waren sie vor allem im Grazer Orpheum zu hören.
Konzertankündigungen, Zeitungskritiken und Schellackaufnahmen der „Obersteirer“ zeugen von ihrer herausragenden musikalischen Qualität, die ihnen auch ein Engagement bei der Weltausstellung 1904 in St. Louis (USA) einbrachte. Dem folgte eine einjährige Amerika-Tournee mit Auftritten in New York, Chicago oder Philadelphia. Angekündigt wurden sie u. a. als „Obersteirer Tyrolean Troupe“, was weniger ein Beleg für die Herkunft der Sängerinnen und Sänger war, sondern eher einer Berufsbezeichnung gleichkam.
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Über das Leben und die Auftrittsorte von Mirzl Hofer (bürgerlich: Maria Vidowitsch, 1877–1955) weiß man nur wenig. Um 1900 war sie jedoch sehr bekannt, als „preisgekrönte Jodlerin aus Graz“, „Erste Solistin der Steiermark“, „Beste Natur-Jodlerin der Gegenwart“ und „Stimmphänomen von der Alm“.
Sie begeisterte ihr Publikum auf verschiedenen Bühnen sowohl im In- als auch im Ausland und hat etliche Tonträger hinterlassen: Neben Aufnahmen auf Edison-Walze (um 1903) und Pathé-Walze (um 1906) sind es vor allem die zahlreichen Plattenaufnahmen diverser Labels, die von ihrer großen Popularität zeugen.
Eine besondere Rarität des frühen Filmerbes ist ein „Tonbild“ von Mirzl Hofer aus dem Jahr 1908: Vor kulissenhaftem Hintergrund wurde es im Playback-Verfahren synchron zur Schallplatte aufgenommen – ein „singender Film“ als Vorläufer späterer Musikclips.
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Der 1850 in Graz geborene Schauspieler, Operettentenor und Komödiant Alexander Girardi war einer der großen Stars des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Seine bedeutendsten Erfolge feierte er als Charakterdarsteller in den Stücken Nestroys und Raimunds sowie als Gesangskomiker in den Operetten von Johann Strauß und Franz Lehár.
Girardi war außerdem einer der ersten österreichischen Interpreten, dessen Stimme auf dem neuen Medium Schellackplatte weite Verbreitung fand. Ab 1908 folgten Film- und Tonaufnahmen, u. a. Tonbilder in Berlin und eine Hauptrolle im österreichischen Stummfilm Der Millionenonkel (1913) unter der Regie von Hubert Marischka. Diese erfolgreiche und erste österreichische Kino-Großproduktion präsentiert den Star in mehr als 30 seiner populärsten Theaterrollen. Die Uraufführung des Films fand 1913 in Wien statt – Robert Stolz gab hier sein Filmdebüt und dirigierte persönlich die „Salonkapelle Haupt“. Girardis Privatleben war auch für die aufkommende Boulevardpresse sehr interessant. Er starb 1918 in Wien.
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