8. Bezirk ST. PETER

St. Peter war das kirchliche Zentrum eines weiten, landwirtschaftlich geprägten Gebietes, in dem die Ziegelherstellung lange Tradition hatte. Der heutige Bezirk entstand 1938 durch die Eingemeindung der Straßendörfer St. Peter und Messendorf, deren ehemaliger Charakter durch die rege Bautätigkeit inzwischen weitgehend verschwunden ist.

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Die Ziegeleien im Bereich St. Peter-Waltendorf

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts präsentierte sich Graz als eine Großbaustelle. Der Bedarf an Ziegeln war enorm. Ziegeleien entstanden überall, wo es gute Lehmböden gab, besonders in Waltendorf und St. Peter. Die ausschließlich italienischen Besitzer hatten meist eine Art Pachtvertrag mit den friulanischen Arbeitern. Diese waren hier vom Frühjahr bis zum Einsetzen des Frostes im Herbst unter äußerst schlechten Bedingungen tätig: Massenquartiere, Arbeitszeit von 5 Uhr in der Früh bis zur Abenddämmerung, Entlohnung durch Blechmarken, mit denen beim Betriebskantineur eingekauft werden musste. Eine Arbeiterfamilie stellte täglich rund 5.000 Ziegel her! Die Hochkonjunktur im Ziegelgewerbe dauerte bis zum Ersten Weltkrieg.

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Gasthaus „Teichhof“ beim alten Ziegelteich

Der Teich wurde 1958/59 zugeschüttet. Die heutige Adresse wäre Ecke Plüddemanngasse/Eisteichgasse.

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St.-Peter-Hauptstraße

St.-Peter-Hauptstraße
Straßenbahnunfall 12. April 1919
St.-Peter-Hauptstraße
Ansichtskarte, um 1930
St.-Peter-Hauptstraße verkehrsfrei
Ansichtskarte, um 1930

Straßennamensschild „Nußbaumerstraße“

Otto Nußbaumer (1876–1930) studierte an der Technischen Hochschule in Graz, wo er dann als Assistent an der Lehrkanzel für Physik auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie wirkte. Im Jahre 1904 gelang ihm in den Räumen der Grazer Technik die erste drahtlose Musikübertragung. Nußbaumer zog aus der Erfindung aber keinen wirtschaftlichen Nutzen und meldete sie nicht zum Patent an.

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Der Sender St. Peter

Die „Rundfunkbewegung“ begann in Österreich 1924. Ein Jahr später wurde der Sender auf dem Grazer Schloßberg dem „Radioverkehr“ übergeben. 1928 besaßen 12.000 Grazer/innen ein Radiogerät, 7.000 waren es in der übrigen Steiermark.
Das Studio befand sich im Gebäude der Polizeidirektion (Parkring 10). Straßenbahn- und anderer Lärm wirkten störend. So gedieh der Plan, nach St. Peter zu übersiedeln. Dort wurde schließlich 1929 das erste Rundfunkzentrum in Österreich gebaut.
Unter den Nationalsozialisten diente der Sender in erster Linie einer zentralen, gleichgeschalteten Propaganda. 1942 ging der Sender Dobl in Betrieb.
Das steirische ORF-Landesstudio ist eines von sechs Studios, dievon Gustav Peichl geplant wurden. Sie funktionieren alle nach demselben Prinzip, indem die Räume um einen Zentralraum in Form eines Kreissegments angeordnet sind.
Feind hört mit
Das NS-Regime versuchte mit dem Aufmalen von schattenhaften männlichen Figuren auf Plakatwänden etc. unter dem Motto „Feind hört mit“ die Bevölkerung auf "feindliche Lauscher" aufmerksam zu machen und so Misstrauen in der Bevölkerung zu sähen.

Terrassenhaussiedlung

Das Demonstrativbauvorhaben Terrassenhaussiedlung (GWG Wien, Entwurf: Werkgruppe Graz, Projekt ab 1965, Bau 1972–1978) ist durch Größe und Originalität der Gestaltung auffallend. Die 522 Eigentumswohnungen in vier Großblöcken sind in Fläche (45–105 m2) und Gestaltung stark differenziert, teilweise nach den Wünschen der Wohnungswerber/innen. Die bis zu 15 Geschosse aufragenden Gebäude sind um 15 teilweise offene Erschließungstürme angeordnet. Eine zentrale Tiefgarage hält das Siedlungsgelände autofrei.

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Ehemaliges Schloss Messendorf

Das Schloss Messendorf lässt sich urkundlich bis in das Jahr 1479 zurückverfolgen. 1802 von Alois Graf Trautmannsdorf erworben, befand sich im Anwesen auch eine Brauerei. Seit 1865 dem Land Steiermark gehörend, wurde das Schloss zu einer Zwangsarbeiteranstalt. In der Zwischenkriegszeit eine Fürsorgeanstalt, wurde 1934 ein Anhaltelager für politisch Verdächtige eingerichtet. Ab 1938 kam es hier zur Unterbringung psychisch kranker Männer. Im Ungeiste der NS-Zeit endeten die Schicksale vieler mit dem Euthanasiemord im oberösterreichischen Schloss Hartheim. Die Funktion von Messendorf als Bewahrungsstätte für geistig Behinderte dauerte bis 1979. Ein Jahr später kam es zum Abbruch eines Großteils des Gebäudes.

Schloss Messendorf

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„Handkarte des Herzogthums Steiermark im Maße 1:750.000. Verkleinerung der Schulwandkarte 1: 150.000 von Dr. Karl Schober, k. k. Landesschulinspektor. Ausgeführt und herausgegeben vom k. u. k. milit.- geograph. Institute“ (Ausschnitt)

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Internierte Nationalsozialisten im Anhaltelager Messendorf

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Waldorfschule

Seit 1984 befindet sich hier eine Waldorfschule, die einen speziellen Weg der sanften Pädagogik einschlägt: „Das Kind in Ehrfurcht aufnehmen / in Liebe erziehen / in Freiheit entlassen“.

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