„Wir haben gelernt, miteinander zu leben.“ So steht es auf dem Denkmal von Gerhardt Moswitzer am Grazer Europaplatz, das an die blutigen Februarkämpfe vor 90 Jahren erinnert, als Menschen unterschiedlicher Ideologien in Österreich und auch in Graz sich mit Waffengewalt bekämpften.
Nach dem Ende der NS-Herrschaft und dem Zweiten Weltkrieg gab es seit 1945 ein Bemühen für Menschenrechte und ein friedvolles Zusammenleben in demokratischen Staaten, die sich stetig weiterentwickelt haben und als liberale Demokratien für viele das höchste und offenste Wertesystem darstellen.
Doch mehr und mehr wird unsere Demokratie als Begriff strapaziert und missbräuchlich genutzt und deren Eckpfeiler — wie Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und Gewaltenteilung — zunehmend ausgehöhlt. Eine Pandemie, die Menschen schicksalshaft verband und zugleich trennte, vermehrte Krisen, Kriege, Naturkatastrophen und daraus resultierende gesellschaftliche Verschiebungen verändern unser Zusammenleben. Autoritäre Regime und stark auftretende Führer*innen stellen gesellschaftspolitische Errungenschaften in Frage oder verdrängen diese sogar. Deren politisches Vokabular sucht in der Vorspiegelung einfacher Lösungen für komplexe Verhältnisse lautstark Sinne und Reflexionsvermögen zu vernebeln. In gleich mehreren Ländern der EU sind rechtsextreme Bewegungen stark im Aufwind und in den USA droht eine neue Präsidentschaft von Trump. Ebenso versprechen in Mittel- und Südamerika, Asien und Afrika zumeist rechtspopulistische Politiken neues Heil.
In unserem Kunstprojekt, das im Schatten richtungsentscheidender Wahlen weltweit stattfindet und am Tag der US-Präsidentschaftswahl eröffnet wird, beziehen Künstler*innen und Künstler*innenkollektive aus mehreren Kontinenten dazu sichtbar Stellung. Deren Interpretationen zu aktuellen und vergangenen politischen Konflikten sind mittels Banner, Wandmalereien, Installationen etc. — ganz bewusst vom 5. November bis zum Tag der Menschenrechte — im öffentlichen Raum von Graz an neuralgischen und diskursiven Orten sichtbar, deren Geschichten mit dem Entstehen der Demokratie, dem Kampf um sie und ihrer Niederlage in Zeiten von Autokratie und Diktatur verknüpft sind. Indem wir uns explizit in Form von Kunst im öffentlichen Raum mit den Gefahren für Demokratien kritisch auseinanderzusetzen, möchten wir, zusammen mit unseren Kooperationspartner*innen unseren Beitrag zur Achtung und Verteidigung demokratischer Werte leisten.
Text von: Eva Ursprung, Maryam Mohammadi, Joachim Hainzl und Elisabeth Fiedler