Mehr Natur in die Stadt bringen, Biodiversität fördern, Grünflächen anlegen und schattenspendende Bäume pflanzen, einen Lebensraum für alle Lebewesen schaffen. Diese Maßnahmen sind in Zeiten der Klimakrise in aller Munde und werden von Klimaaktivist*innen gefordert. Das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark unterstützt als Teil des Universalmuseums Joanneum die Deklaration des Netzwerkes Museums For Future und setzt sich damit für den Erhalt einer lebenswerten Erde ein. Als Kunst- und Kultureinrichtung wollen wir auch die wichtige Aufgabe wahrnehmen, unterschiedliche Themen der Klimakrise zu adressieren und die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen. Ein wichtiger Faktor im Kampf gegen den Klimawandel, der mittlerweile klar erkannt wurde, ist die Förderung der Biodiversität, besonders im für Tiere und Pflanzen oft bereits lebensfeindlichen Stadtraum. Ein Kunstwerk, das – wie sich nun herausgestellt hat – zu einer kleinen Oase für die Tier- und Pflanzenwelt im Joanneumsviertel in Graz wurde, ist der Wild Cage von Lois Weinberger.
Der Künstler Lois Weinberger beschäftigt sich in seinen Arbeiten immer wieder mit dem Verhältnis zwischen Natur und Zivilisation und schuf als ein Wegbereiter der Debatte rund um die Beziehung zwischen Kultur und Natur mit dem Wild Cage – Ruderalgarten nicht nur ein poetisch-politisches Netzwerk im Joanneumsviertel, sondern nach neuesten Untersuchungen auch ein kleines Stück urbane Wildnis, das die Biodiversität der Stadt Graz fördert.
Julia Zierler, Junior Researcher am UNESCO Lehrstuhl für Management von Schutzgebieten (Management of Conservation Areas) an der FH Kärnten, untersuchte und kartierte im Sommer 2022 die Pflanzen- und Tierwelt des Wild Cage und konnte feststellen, dass sich dieses Kunstwerk mittlerweile zu einem kleinen „wilden“ Lebensraum in der Stadt entwickelt hat, der als naturnaher Rückzugsort eine sehr wichtige Rolle spielt und die Biodiversität im Stadtraum fördert.
Konzipiert ist der Wild Cage als Ruderalfläche. Dies ist die Bezeichnung für eine Stelle, wo nach einem (menschlichen) Eingriff offener, kahler, unbewachsener Boden zurückbleibt, der aber ohne jegliches Zutun des Menschen wieder recht schnell von diversen Pflanzenarten zurückerobert wird. Gebaut wurde der Wild Cage im Jahr 1999 am Rande des Joanneumsviertels im Stadtzentrum von Graz. Er bestand aus einer zur Mitte hin leicht absinkenden Brachfläche in Kreisform, umgeben von einem ungefähr 4 Meter hohen Zaun. Über die Jahre hinweg siedelten sich auf dieser Brachfläche ohne bewusste menschliche Intervention unterschiedlichste Pflanzen an. Mittlerweile verfügt der Wild Cage sogar über eine Baumschicht, bestehend aus Schwarzem Holunder, Spitzahorn und Ulmen. Durch den hohen Zaun wird das Innere perfekt geschützt. Die Gewöhnliche Zaunwinde, Hopfen und Waldrebe nutzen ihn als Rankhilfe und wachsen im Frühjahr und Sommer so gut, dass man nur mehr an einzelnen Stellen in das Innere des Kunstwerkes sehen kann. Somit wird der Wild Cage zu einem optimalen Lebensraum und beherbergt diverse Arten von Schnecken, Spinnen, Ameisen und Fliegen. Honigbienen und andere Insekten suchen gerne die Blüten der im Cage wachsenden Waldrebe oder des Schwarzen Holunders auf, Vögel werden wiederum von den Holunderfrüchten angezogen und nutzen die Äste als Rastplatz. Amseln verkriechen sich zum Brüten in das gut geschützte Innere.
Mit dem Kunstprojekt Wild Cage – Ruderalgarten konnte also über die Jahre ein kleiner „wilder“ urbaner Lebensraum geschaffen werden, der sich zu einem Gebiet von Stadtwildnis entwickelt hat und somit zur Biodiversität in der Stadt beiträgt. - Miriam Karner