Aktivismus und Museen

Kooperationen und Prozesse produktiver Spannung

23.-24.06.2022

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Der Museumsakademie Workshop "Aktivismus und Museen" im Naturkundemuseum in Berlin widmete sich Kooperationen und produktiven Prozessen, die durch die Überschneidungen von Aktivist*innen und Museumsschaffenden entstehen können.

Ein Bericht von Annette Loeseke.

Noch bevor Klima-Aktivist*innen mit Tomatensauce auf van Goghs ‚Sonnenblumen’ in der Londoner National Gallery und Protestaktionen in weiteren Museen Aufsehen erregten, widmete sich die Museumsakademie Joanneum der Beziehung zwischen Aktivismus und Museen. Kooperationen und Prozesse produktiver Spannungen standen im Zentrum des zweitägigen Workshops, der von der Museumsakademie Joanneum am 23. und 24. Juni 2022 in Berlin ausgerichtet wurde. Mit Blick auf aktuelle Projekte zu den aktivistisch virulenten Themenfeldern Dekolonialismus, postmigrantische Gesellschaft und Klimapolitik diskutierten wir im Museum für Naturkunde und im städtischen Museum Treptow Gelingensfaktoren, aber auch Herausforderungen aktivistisch-musealer Kooperationen.

Ausgangspunkt für unsere Diskussion war die Beobachtung, dass Museen und aktivistische Gruppen zunehmend, oft punktuell, zusammenarbeiten. Zum einen setzen sich Museen immer häufiger auch mit aktuellen Themen auseinander, für die sie auf das spezifische Wissen verschiedenster Akteur*innen zurückgreifen möchten. Zum anderen scheinen aktivistische Akteur*innen daran interessiert zu sein, die öffentliche Infrastruktur von Museen als Plattform zu nutzen, um ihre jeweiligen Agenden zu kommunizieren. Während Aktivist*innen und Museen thematische Interessen teilen mögen, geschieht die Zusammenarbeit doch selten ohne Reibung.

Gemeinsame Themen, unterschiedliche Zielsetzungen?

Neben jeweils spezifischen Organisationsstrukturen und Handlungsmustern sind es auch die unterschiedlichen (politischen) Interessen, Anliegen, Perspektiven und auch Zielgruppen von Museen einerseits und aktivistischen Gruppierungen andererseits, die in konzeptueller und auch methodischer Hinsicht zu Konflikten in der Zusammenarbeit führen können.

Ausgehend von dieser Arbeitshypothese zu Formen und Gründen „produktiver Spannungen“ zwischen verschiedenen Akteur*innen im musealen Feld war im Austausch mit aktivistischen Akteur*innen und Museumsmitarbeiter*innen zu diskutieren, welche Motivationen aller Beteiligten zu Kooperationen führen, welche Zielsetzungen jeweils verfolgt werden und welche Rolle das unterschiedlich situierte Wissen der Kooperationspartner*innen spielt.

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Besonders interessierte uns dieses Verhältnis von Kooperationspraktiken und Synergien sowie von virulenten wie offenen Kontroversen. Welche Konfliktlinien – innerhalb des musealen Feldes und darüber hinaus – zeichneten sich in den Gesprächen und besuchten Ausstellungsräumen ab? Welche aktuellen gesellschaftlichen Debatten kamen in den hier verhandelten temporären Allianzen zum Tragen? Und welche kollaborativen Lösungsansätze wurden entwickelt?

Dekoloniale Museumspraxis, postmigrantische Gesellschaft, Klimapolitik

Die Veranstaltung gliederte sich in verschiedene thematische Cluster. Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen standen Themen wie dekoloniale Museumspraxis, postmigrantische Gesellschaft und Klimapolitik. Der geplante Themenblock zur Digitalisierung und Datafizierung am Beispiel von „Investigative Commons: Metadaten und Menschenrechte“ von Forensic Architecture aus London am Haus der Kulturen der Welt in Berlin musste aus gegebenem Anlass leider entfallen.

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„Kritik auf Bestellung. Performative Aktivierungen kuratieren” – Kein schöner Archiv. Das immaterielle Erbe der postmigrantischen Gesellschaft

Am Donnerstagvormittag startete der Workshop mit Michael Annoffs einführendem Vortrag Kritik auf Bestellung. Performative Aktivierungen kuratieren. Darin stellte der als freier Kurator* und Lehrbeauftragter* arbeitende Kulturanthropologe* aus Berlin das von ihm und Nuray Demir 2018 gegründete Projekt Kein schöner Archiv zum immateriellen Erbe der postmigrantischen Gesellschaft vor, das sich mit den oft wenig inklusiven sozialen Bedingungen im Kultur- und Museumsfeld auseinandersetzt und marginalisierte Perspektiven in etablierte Erinnerungsdiskurse einbringt.

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Exemplarisch gab Annoff Einblick in die Lecture-Performance Natürlich blond! von 2021. Michael Annoff und Nuray Demir nehmen darin das rassistische Erbe anthropologischer Universitätssammlungen aus dem 19. Jahrhundert in den (ironischen) Blick, um die anhaltende „radikale Praxis des Blondierens“ auf deren historische Begründung durch Forscher*innen wie Rudolf Virchow oder Ernst Haeckel hin zu untersuchen. Wie etwa Anthropolog*innen Natur- und Kulturwissenschaften miteinander verbanden, um bis heute nachklingende Thesen zu „Blonde Supremacy“ aufzustellen, wurde im Rahmen der Reihe Kein schöner Archiv: Unfassbare Geschichte(n) am Tieranatomischen Theater in Berlin untersucht.

Als weiteres Beispiel interventionistischer Aktionen wurde die performative Installation Geliehene Gemeinschaft besprochen, die Annoff und Demir 2021 im Auftrag des Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg für die dort gezeigte Ausstellung Heimaten kuratiert haben.

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Im Mittelpunkt des Vortrags und der anschließenden Diskussion mit den Workshop-Teilnehmer*innen standen Rahmenbedingungen, Prozesse und Effekte der Kooperation. Annoff verdeutlichte entlang der beschriebenen Projekte, wie unterschiedlich Positionen auch innerhalb konsensualer Kooperationen sein können und wie die zeitliche und finanzielle Planung sowie personelle Entscheidungen Einfluss auf Inhalte, Form und Dynamik nehmen. Sichtbar wurde auch eine Form des Arbeitens, die an den Schnittstellen zwischen Aktivismus, Wissenschaft und Kunst verortet ist. In den Projekten von Demir und Annoff verbindet sich künstlerischer Ausdruck mit einer Gesellschaftskritik, die immer auch Institutionskritik einfordert.

Michael Annoff stellte die (offene) Frage, inwiefern ihre aktivistischen, interventionistischen Arbeiten tatsächlich zur nachhaltigen Transformation des Museums beitragen können oder ob sie als bloße „aktivistische Geste“ Kritik auf Bestellung bleiben würden.

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„zurückgeschaut | looking back – Die ‘Erste Deutsche Kolonialausstellung’ in Berlin-Treptow 1896“ am Museum Treptow

Methodischer Einfallsreichtum und historisches Wissen jenseits des (weißen) Kanons waren auch innerhalb des aktivistisch-musealen kuratorischen Teams der Ausstellung zurückgeschaut | looking back im Museum Treptow gefragt, die wir im Rahmen des Workshops mit Agathe Conradi und Anna Yeboah besuchten. zurückgeschaut | looking back – Die ‘Erste Deutsche Kolonialausstellung von 1896 in Berlin-Treptow ist der Titel der 2021 nach einer Überarbeitung wiedereröffneten, bundesweit ersten Dauerausstellung zur deutschen Kolonialzeit und zu Schwarzem Widerstand. Die erstmals 2017 unter dem Titel „zurückGESCHAUT“ eröffnete Ausstellung zur „Ersten Deutschen Kolonialausstellung“, die 1896 im Treptower Park stattfand, legt nicht nur offen, inwiefern Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft von der Ersten Deutschen Kolonialausstellung zu profitieren suchten. Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist auch der Widerstand der 106 Frauen, Männer und Kinder aus verschiedenen Ländern in Afrika und dem pazifischen Raum, die gegen ihre Behandlung durch die Organisator*innen der Kolonialausstellung protestierten und sich dagegen verwahrten, im Rahmen sogenannter „Völkerschauen“ ihre (vermeintliche) Kultur zu performen. Um seinem Protest Ausdruck zu verleihen, kaufte sich etwa Kwelle Ndumbe aus Kamerun in Berlin ein Opernglas und schaute zurück auf das gaffende Publikum, wie in einer zeitgenössischen Zeitungsnotiz vermerkt ist.

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Die 2017 eröffnete Ausstellung wurde gemeinsam kuratiert von Berlin Postkolonial e. V.Each One Teach One – EOTO e. V., der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland – ISD Bund e. V. und dem Museum Treptow im Verbund der Stiftung Stadtmuseum Berlin. 2021 wurde die überarbeitete und in zentralen Aspekten grundlegend neu konzipierte Ausstellung wiedereröffnet. Die Neukonzipierung erfolgte im Rahmen des fünfjährigen Modellprojekts Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt, das sich aus den bereits genannten Projektpartner*innen von 2017 zusammensetzt, und der Berliner Kommunikationsagentur Visual Intelligence, die für die grafische Überarbeitung zuständig war.

Deutlich wurde, dass in einem Projekt mit vielen Beteiligten auch sehr unterschiedliche Interessen, Erfahrungen und Notwendigkeiten mitverhandelt werden und an manchen Stellen besondere Vorsicht geboten ist. Im Bewusstsein über die gewaltvollen Implikationen der Ausstellungsthematik gab es etwa bei kuratorischen Entscheidungsprozessen ein Veto-Recht für jene Mitglieder des kuratorischen Teams, die selbst Rassismuserfahrung haben.

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Die kuratorische Neuausrichtung der Ausstellung war auch im Gespräch mit zwei der Kurator*innen der neuen, überarbeiteten Ausstellung Thema. Zu unserem Ausstellungsbesuch trafen wir uns mit Anna Yeboah, die Architektin ist und das Modellprojekt Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt seit seiner Initiierung 2020 leitet, und Agathe Conradi, die Historikerin ist und die Leitung des Museums 2019 übernommen hat. Das sehr informative Gespräch bot uns nicht nur einen Einblick in zentrale Inhalte der Ausstellung und die vielen Phasen und Facetten des Zusammenarbeitens verschiedener Akteur*innen, sondern offenbarte auch die konzeptionellen Herausforderungen von Ausstellungen zwischen Geschichtsschreibung und Erinnerungspolitik. Während Agathe Conradi etwa betonte, die in der Ausstellung präsentierten Ereignisse seien historisch abgesichert, bezeichnete Anna Yeboah die Ausstellung auch als „safe space“ für Schwarze Menschen. Neben konzeptionellen Ambivalenzen rund um komplexe Fragen zu Erfahrungswissen, situiertem Wissen und disziplinären Begriffen von Wissen und Wissensproduktion waren auch Erwartungen bezüglich des Zielpublikums ein Thema.

Aufschlussreich war vor diesem Hintergrund auch die Texttafel mit dem Impressum zur Ausstellung von 2021, die hinter der Tür zum hinteren Raum, dem Porträtraum, angebracht war. Angesichts der langen Namensliste derer, denen für ihre „Mitarbeit, Unterstützung und Beratung“ gedankt wurde, wurde einmal mehr deutlich, wieviel Wert in der Ausstellung von 2021 auf den Nachweis von fachlicher, disziplinärer Expertise gelegt wird. Mehr erfahren würde man von einigen der als Unterstützer*innen Firmierenden allerdings gerne, warum sich ihre Unterstützung des Treptower Ansatzes nicht klarer auch in den Häusern und Ausstellungen widerspiegelt, für die die Unterstützer*innen beruflich tätig sind, namentlich das seit Langem in der Kritik stehende Humboldt Forum mit dem Ethnologischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin oder der Ausstellung zu Berlin Global, die vom Stadtmuseum eingerichtet wurde, zu dessen Verbund auch das Museum Treptow gehört. Durchaus gespannt sein darf man in diesem Zusammenhang auch auf die geplante Neukonzipierung der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums, das 2016/17 eine Ausstellung zur deutschen Kolonialpolitik mit dem Titel Deutscher Kolonialismus: Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart verantwortete …

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Fridays For Future am Museum für Naturkunde, Berlin

Am Vormittag des zweiten Tages trafen wir Uwe Moldrzyk, den Leiter des Bereichs Ausstellungsentwicklung am Museum für Naturkunde, zum Gespräch. Im Mittelpunkt unserer Diskussion stand die Kooperation des Museums für Naturkunde mit Aktivist*innen von Fridays For Future im Jahr 2019, als diese im Rahmen der ersten großen Klimastreiks auf der weiten, parkähnlichen Rasenfläche neben dem Museumsgebäude ihr Lager aufgeschlagen hatten, um von der deutschen Regierung eine bessere, effektivere, nachhaltige Klimapolitik einzufordern. U. a. im Rahmen seines damaligen „Experimentierfeldes“ organisierte das Museum seinerzeit Diskussionen zu Klima- und Umweltschutz, um den Austausch zwischen Wissenschaft und insbesondere jungen Erwachsenen anzuregen. Jeweils freitags fanden im Anschluss an die Fridays-For-Future-Demonstrationen in den Räumen des Museums von den Aktivist*innen organisierte Workshops statt, in denen Klimafragen und mögliche Lösungsansätze diskutiert wurden. Im Sommer 2019 fand im Museum für Naturkunde etwa ein Treffen von Aktivist*innen der Fridays For Future und Politiker*innen aller im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien statt.

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Seit 2005 als Ausstellungsentwickler am Museum für Naturkunde tätig, beschäftigt sich unser Gesprächspartner Uwe Moldrzyk als studierter Biologe vor allem mit der Vermittlung von Wissenschaft, etwa in den Bereichen Wissenschaftsmarketing, Besucher*innenverhalten, Audience Development und Fundraising. Diese spezifische Ausrichtung spiegelte sich auch in seinem Vortrag zur Kooperation mit Fridays For Future wider: Ohne den seit Langem am Haus praktizierten partizipativen Ansatz der Wissensvermittlung wäre eine Kooperation mit Fridays For Future seiner Einschätzung nach kaum zustande gekommen. Anders als viele andere Naturkundemuseen, wie er von zahlreichen Tagungen wisse, seien die primären Zielgruppen des Berliner Museums für Naturkunde nicht Kinder bzw. Familien mit Kindern, sondern vor allem Erwachsene. Eines der großen Ziele des Museums sei es, in Zeiten von Klimawandel und Fake News Vertrauen in die Naturwissenschaften zu schaffen. Nur vor diesem Hintergrund der Markenbildung als Museum für erwachsene Besucher*innen sei es seiner Meinung nach möglich und sinnvoll gewesen, Fridays For Future Räume im Museum zur Verfügung zu stellen.

Deutlich wurde jedoch auch, dass der Kontakt zu Fridays For Future eher zufällig zustande kam. Trotz der strategischen Ausrichtung des Museums als Marke zur Wissensvermittlung und verschiedener Projekte zum Thema Gesellschaft und Naturwissenschaften klang im Gespräch durch, dass die Kooperation von dem persönlichen Engagement einer Mitarbeiterin am Museum getragen wurde, die das Museum aus beruflichen Gründen inzwischen allerdings verlassen hat. Sowohl die Kontaktaufnahme mit den Aktivist*innen als auch die Umsetzung der Kooperation am Haus seien durch diese Mitarbeiterin auf deren Initiative hin unternommen worden. Da die Kooperation zeitlich begrenzt gewesen sei, Fridays For Future, vermutlich auch pandemiebedingt, derzeit keine Veranstaltungen auf der Grünfläche neben dem Museumsgebäude abhalten würden und die Kontaktperson am Museum nicht mehr am Haus arbeite, sei für die Zukunft keine weitere Zusammenarbeit geplant. Ausschließen wollte Uwe Moldrzyk aber nicht, dass es weitere Kooperationen mit Fridays For Future geben könne.

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Nennenswertes Potenzial in Sachen Wissensvermittlung in die Gesellschaft hinein scheint das Museum in der Kooperation mit Fridays For Future nur bedingt zu sehen. Allerdings scheint die Zusammenarbeit mit den Aktivist*innen das eigene Markenimage als wissensvermittelnde Einrichtung für Erwachsene aus Sicht des Museums auch nicht beschädigt zu haben. Insgesamt scheint es dem Museum wichtig zu sein, das eigene Image als Ort der Wissensproduktion und -vermittlung zu pflegen, gerade auch in Bezug auf Fragen der Biodiversität und des Klimas. Auch wenn die Bedeutung von Mundpropaganda für die Imagebildung erwähnt wurde, scheint dem Erlebnis insbesondere erwachsener Besucher*innen während des Museumsbesuchs ein höherer Stellenwert zugeschrieben zu werden als dem Mobilisierungspotenzial, das eine Kooperation mit Aktivist*innen wie von Fridays For Future möglicherweise hätte mit sich bringen können. Wir dürfen gespannt sein, ob oder wann das Berliner Museum für Naturkunde – oder andere Museen quer durch alle Sparten – ihr eigenes gesellschaftliches Mobilisierungspotenzial, allein oder in temporären Allianzen mit Klima-Aktivist*innen wie Fridays For Future, aktivieren wollen.

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Daher sei hier abschließend die Fridays For Future nahestehende Gründung von Museums For Future (inzwischen mit Ablegern u. a. in Österreich und Deutschland) erwähnt, die 10 einfache Aktionen empfehlen, wie Museen und Kulturorte Fridays For Future unterstützen können – z. B. wie am Berliner Museum für Naturkunde weniger in Form einer engen Kooperation als vielmehr durch unterstützende Infrastruktur:

„Investigative Commons“: Metadaten und Menschenrechte. Forensic Architecture am Haus der Kulturen der Welt, Berlin

Der geplante Beitrag zur Digitalisierung und Datafizierung am Beispiel von „Investigative Commons: Metadaten und Menschenrechte“ von Forensic Architecture aus London und deren Berliner Büro Forensis sowie des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) am Haus der Kulturen der Welt in Berlin musste leider ausfallen.

Wie im Programmheft beschrieben, geht das kollaborative Projekt „Investigative Commons“ der zunehmenden Bedeutung von Metadaten nach. Die von dem Architekten und Professor Eyal Weizman gegründete, mit dem Goldsmith College der University of London verbundene Agentur Forensic Architecture und deren Berliner Standort Forensis erkunden, wie mithilfe von Metadaten staatliche oder auch unternehmerische Gewalt wie rassistische Polizeiarbeit, Grenzsysteme oder Cyberüberwachung aufgedeckt werden können. Mit „Investigative Commons“ wurde am Haus der Kulturen der Welt in Berlin ein Forum gegründet, in dem mittels Ausstellungen, Konferenzen und Workshops die Entwicklung und der Einsatz „counter-forensischer“ Beweisführung und deren Nutzbarmachung für die Allgemeinheit diskutiert werden. Zuletzt zu sehen war 2022 die Forensik-Ausstellung „three doors“ im Frankfurter Kunstverein. Sie thematisierte die Umstände des Todes von Oury Jalloh 2005 in einer Dessauer Polizeizelle.

Die eingangs angesprochenen Klima-Protestaktionen in Museen verschiedener Länder sind sicherlich ein deutlicher Hinweis darauf, dass uns die Beziehung zwischen Aktivismus und Museen auch in Zukunft und auf immer neue Weise beschäftigen wird. Machtverhältnisse zwischen Institutionen und nicht institutionellen Akteur*innen sind in Bewegung geraten, wie die Diskussionen während unseres Workshops vermuten lassen. Statt vereinfachender binärer Zuschreibungen von Macht und Ohnmacht brauchen wir ein differenzierteres Bild von Handlungsoptionen und -praktiken verschiedenster Akteur*innen in einer zunehmend dynamischen Öffentlichkeit.