Vor-Bilder

Tugendhelden und starke Frauen

Große Männer und Frauen, die ihre Gegner sowohl durch Tapferkeit und Willensstärke als auch mit Standhaftigkeit und List überwunden haben, werden von der antiken Dichtung als Vorbilder gefeiert. Ihnen ebenbürtig sind die Helden des Alten Testaments, gehorsame Diener ihres Gottes Jahwe, Vorkämpfer ihres Volkes: Abraham, der seinen Sohn Isaak opfern will, oder Judith, die über den assyrischen Feldherrn Holofernes triumphiert. Den biblischen Vorbildern folgen die christlichen Heiligen: Auch sie sind Heroen (athletae Christi) und zeigen dies durch standhaftes, gottergebenes Erdulden ihres Martyriums.

Bildinformationen

Kunstwerke im Überblick

Heroen des Glaubens

Die klassische Tradition verändert seit der Renaissance auch das traditionelle Heiligenbild der Kirche. Aus dem duldenden Märtyrer wird der aktive Vorkämpfer Christi. Schon das Mittelalter kennt die antiken Heroen, lässt sie jedoch nur als Vorläufer des Christentums gelten. Der ständige Umgang mit dem Erbe Griechenlands und Roms führt zu größerer Wertschätzung, zum Kult des Heroischen. Wie der Halbgott Herkules muss der Heilige ein Tugendheld sein und seine Kraft in den Dienst einer höheren Sache stellen.

Auch die Gegenreformation findet ihre heldischen Vorbilder: Es sind die christlichen Märtyrer und jene biblischen Gestalten, die wie Abraham als gehorsame Diener Gottes jedes Opfer auf sich nehmen. Der in Italien geschulte Österreicher Johann Michael Rottmayr zeigt Abraham am dramatischen Höhepunkt der biblischen Erzählung. Abraham hat bereits das Messer in der Hand, um dem grausamen Befehl Gottes, den eigenen Sohn zu töten, nachzukommen. Erst im letzten Augenblick hält ihn ein Engel zurück, sodass an Isaaks Stelle ein Widder geopfert werden kann.

Judith mit dem Haupt des Holofernes

Der italienische Humanismus hat die Tradition begründet, bedeutende, von Bibel, Geschichte und Mythologie überlieferte Personen in Bildnissen zu ehren. Dies betrifft nicht nur Männer. Auch starke, d.h. willensstarke Frauen genießen hohes Ansehen. Sie alle haben durch Mut und Standhaftigkeit persönliche Charakterfestigkeit bewiesen, was sie zu zeitlosen Helden bzw. Heldinnen macht. Sie wurden für würdig erachtet, der Nachwelt als Tugendbeispiele, exempla virtutis, immer wieder vor Augen geführt zu werden.

Pietro della Vecchia schildert hier Judith, eine der Heldinnen Israels, die durch besonderen Mut und Tapferkeit ihr Volk errettet. Die junge und schöne Witwe Judith nützt das Begehren des feindlichen Feldherrn Holofernes aus, um aus der von den übermächtigen Assyrern belagerten Stadt Betulia bis in sein Zelt zu gelangen. Als er nach einem reichlichen Festmahl betrunken einschläft, kann sie ihm den Kopf abschlagen und aus dem feindlichen Lager zurück in die Stadt bringen. Am nächsten Morgen stellt sie ihn auf den Mauern zur Schau und kann so das Heer der Feinde Israels zum Abzug bewegen. Judith wird so zum Inbegriff von Mut, List und aufopferungsvoller Vaterlandsliebe.