Rollenspiele

Gesichter bei Hofe

Die Frühe Neuzeit erlebt eine neue Blüte der Bildniskunst, gestärkt durch die Wertschätzung für bedeutende Persönlichkeiten, wie sie zahlreiche Biographen aus der Antike belegen. Männer und Frauen aus der biblischen und antiken Geschichte gelten nun als vorbildlich – allgegenwärtige, abrufbare Rollenmuster, die von den Mächtigen in Renaissance und Barock übernommen werden. Hinzu kommt das gesteigerte Interesse an individuellen Zügen, wie sie das handwerkliche Talent des Malers herausfordern. So finden sich ungeschönte Gesichter ebenso häufig wie geschönte.

Die Porträtmalerei gilt aber nur als reine Nachahmung der Natur. Die Hierarchie der Gattungen wird von der Historie beherrscht, der Darstellung großer Szenen aus Bibel und Geschichte. Das Bildnis hingegen wird auf einen niederen Rang verwiesen. Dennoch ist es ein einträgliches internationales Geschäft. Es steht auch Malerinnen offen, denen andere Gattungen verwehrt sind.

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Rollenspiele - ein Kleinfürst als Halbgott

Bildnisse sollen das Andenken an Personen bewahren helfen, die im Gedächtnis der Mit- und Nachwelt einen bleibenden Platz erhalten wollen. Häufig ist es ihre soziale bzw. politische Stellung oder ihr persönliches Verdienst, die dazu führen ihr Aussehen im Porträt festzuhalten.

Dieses geistreiche Bildnis eines Renaissancefürsten ist ebenso ungewöhnlich wie irreführend. Es erweckt auf den ersten Blick nicht den Eindruck eines Porträts, sondern einer mythologischen Erzählung. Der Halbgott Hercules ruht im Schatten eines Baumes und wird plötzlich von einer bunten Zwergenarmee mit Sturmleitern und Seilen belagert. In die Rolle des Hercules schlüpft hier jedoch ein italienischer Fürst, Ercole II. d'Este, dessen Namensgleichheit mit dem Heros es allen Betrachtern leicht macht, diese Anspielung zu verstehen. In der Rolle des antiken Superhelden überwindet Fürst Ercole alle seine, zu lächerlichen Zwergen degradierten Gegner mit Leichtigkeit.

Idealbild einer Königin

Manche Rollenspiele waren nicht nur auf das Porträt beschränkt. Viele waren gezwungen, die ihnen zugeteilten Rollen auch auf der Bühne des höfischen Lebens aufrechtzuerhalten.

1599 heiratete Erzherzogin Margaretha von Innerösterreich den jungen spanischen König Philipp III., den Erben des mächtigsten Reichs der damaligen Zeit. Wie alle ihrer Geschwister war Margaretha von ihrer strengen und tiefreligiösen Mutter Maria von Bayern dazu erzogen worden, als perfektes Rädchen im großen Uhrwerk der habsburgischen und katholischen Machtinteressen zu funktionieren.

Dieses Repräsentationsporträt legt wenig Wert auf Individualität, sondern zeigt das Idealbild einer Monarchin. Margaretha trägt ein Kleid aus schwarzem Samt in den typischen Formen der spanischen Hofkleidung, die den Eindruck von Schwere und Steifheit erweckt. Der schwarze Stoff formt den idealen Hintergrund für die kostbaren Accessoires: die große, von einem Gestell gehaltene Krause und Manschetten aus venezianischer Nähspitze, sowie das Fazoletto, ein dekoratives Taschentuch in ihrer Hand. Ihre Miene ist ernst, hoheitsvoll, aber ohne jeden Gefühlsausdruck, fest steckt sie in dem steifen Kragen, der jede Bewegung des Kopfes verhindert.

Höhepunkt des königlichen Auftritts sind ihre Juwelen, die als Applikationen die Linien des Körpers betonen. Auf der Brust trägt sie Spaniens legendenumwobenes Staatsjuwel, der „Joyel rico de los Austrias“, der aus zwei unverkennbaren Elementen bestand: einem quadratischen Diamanten El Estanque und der Peregrina, einer der vollkommensten Perlen der damaligen Welt.

Margarethe von Österreich, Königin von Spanien