Momente des Glücks

Unterhaltung und Vergnügen

Die zugewiesene Lebensspanne ist nur kurz bemessen. Die Hauptrisiken heißen Hunger, Seuche, Krieg und Kindbettfieber. Umso hingebungsvoller werden Feste gefeiert, jeder Anlass benutzt, um für kurze Zeit Wohlleben und Überfluss zu erleben. Das Jahr hält eine Fülle von Anlässen bereit: Am Land wie in der Residenzstadt, von der Kirchweih bis zur Prinzengeburt.

Das ausgelassene Treiben in den Schenken bietet Ablenkung vom harten Alltag. Die zahlreichen Gasthäuser an den Fernstraßen, in Dörfern und Städten sind aber nicht nur Orte der Rast und Erholung. Es sind Umschlagplätze für Gerüchte, Nachrichten und Spionage. Freilich stehen viele Schenken in üblem Ruf: Als Stätten der Trunksucht, der Unzucht und des Verbrechens sind sie ein regelmäßig wiederkehrendes Motiv in der Kunst.

Bildinformationen

Kunstwerke im Überblick

Musikalisches Vergnügen

Andächtig hören Jung und Alt einem durch das Dorf ziehenden Drehleierspieler zu. Mehrere Kinder sind vor einem Haus mit typisch niederländischer Halbtür (im Norden auch Klöntür genannt), Hühnerleiter und Taubenverschlag zusammengelaufen. Sie gesellen sich zu den Erwachsenen als Zuhörer. Eine Musikdarbietung ist immer etwas Ungewöhnliches im Alltag des 17. Jahrhunderts.

Es ist die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Europa ist gezeichnet von geplünderten und zerstörten Landstrichen. Umherziehende Vagabunden, ausgediente Söldner zeichnen das Dorfbild. Die Drehleier ist das Instrument der Bettler und Landstreicher. Und doch sind jene, die musizieren, noch im Vorteil. Sie bekommen leichter ein Almosen als jene, die nur klagen.

Adriaen van Ostade ist ein jüngerer Zeitgenosse Rembrandts und von diesem in seiner Hell-Dunkel-Manier beeinflusst. Ostade hat zeit seines Lebens Haarlem nie verlassen. Als genauer Beobachter seiner Umgebung stellt er die niederen Volksschichten in den Mittelpunkt seiner Arbeiten.

Kaiserschild Walls of Vision: Neuinterpretation von "Dorfstraße mit Drehleierspieler"

Verbotenes Vergnügen

Vorhang auf für ein Theaterspiel: Schauplatz ist ein niederländisches Bürgerhaus, eigentlich ein Ort von Reinlichkeit und Ordnung, vor allem aber tugendhaften Lebenswandels. Das junge Paar ist davon aber weit entfernt: Ihm geht es um sinnliches Vergnügen, um Sex, befeuert durch reichlichen Alkoholgenuss. Die Epoche sieht darin ein unmoralisches Verhalten, bestimmt durch die Todsünde der Wollust, luxuria.

Die niederländische Genremalerei des Goldenen Zeitalters entwickelt visuelle Codes für Dos, doch vor allem für Dont’s: Grundlage ist eine strenge, protestantisch geprägte Moral, wie sie von Kanzeln und auf Theaterbühnen gepredigt wird. Die junge Frau ist wie der Papagei im Käfig ihrer Ehe gefangen. Noch wehrt sie den jungen Mann ab, dessen Begehren von der tropfenden Zinnkanne drastisch illustriert wird. Auch Kohlebecken und Pfeife stehen für Unzucht. Mit dem zerbrochenen Glas und der geknackten Nuss am Boden nimmt der Maler den Ausgang der Geschichte schon vorweg.

Eisiges Vergnügen

Zwischen 1570 und 1700 erlebt Europa eine „Kleine Eiszeit“. Die Temperaturen fallen um mehr als vier Grad. Ein Panzer aus Schnee und Eis überzieht weite Teile des Kontinents. Schwere Krisen wie Missernten und Hungersnöte sind die Folge. Der akute Mangel an Nahrung verschärft die sozialen Spannungen und schwächt die ohnehin vom Krieg geplagte Bevölkerung. In all dem sieht man das Zeichen eines göttlichen Strafgerichts. Die niederländischen Maler beobachten dies sehr genau und veranschaulichen die Macht des Klimas über die Menschen, die sich ihrer Hinfälligkeit aufs Neue bewusst werden. Doch lehren diese strengen Bedingungen auch Lebenskunst und der unbarmherzigen Härte der Natur zu trotzen: Winterfreuden sind ein stets wiederkehrendes Thema der Malerei.

In allen Einzelheiten kann man das winterliche Treiben beobachten: Der Kampf gegen die Kälte wird zum sportlichen Zeitvertreib. Auf den zugefrorenen Flüssen wärmen sich die Menschen mit Eislaufen und beim Kolf, einer Art Eishockey.