In den letzten Jahren, nach der posthumen Retrospektive im Museum moderner Kunst in Zagreb (1995), wurden die Arbeiten des kroatischen Künstlers Dimitrije Bašicevic Mangelos an verschiedenen Orten der Welt gezeigt: von New York (A/D Gallery) bis London (Anthony d'Offay Gallery) und in Museen, u.a. im Centre Georges Pompidou in Paris und im Museum of Contemporary Art in Sydney. Oft wurden nur Teilaspekte seines reichhaltigen künstlerischen Werks gezeigt, z.B. die Künstlerbücher und Arbeiten auf Papier (Galerie Operandi, Ghent), Arbeiten, die sich mit dem Thema Alphabet auseinandersetzen (Gemeinschaftsausstellung mit Marcel Broodthaers in der Galerie Rainer Borgemeister in Berlin) oder seine späten Manifeste im Museum moderner Kunst in Ljubljana.
Die Mangelos-Ausstellung im Museu Serralves in Porto, die anschließend in der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum in Graz, in der Fundació Antoni Tàpies in Barcelona und in der Kunsthalle Fridericianum in Kassel gezeigt wird, bildet die erste große Ausstellung seines gesamten Oeuvres im Westen, verbunden mit einem umfassenden Katalog. Da die Datierung von Mangelos Arbeiten oft schwierig ist (er begann 1968 mit seiner Ausstellungstätigkeit und datierte seine Werke oft nicht nach dem tatsächlichen Entstehen sondern nach der ersten Idee), richtet sich die Konzeption der Ausstellung nicht nach einer chronologischen Präsentation, sondern nach verschiedenen Themenbereichen, die Mangelos zeit seines Lebens beschäftigten: Paysages de la guerre, Paysages de la mort, Pythagoras, Alphabete, Worte, Anti-Malerei, No-stories und die Manifeste. Gezeigt werden mehr als 200 Arbeiten auf Papier, Karton und Holz, übermalte Bücher und Objekte aus verschiedenen Sammlungen in Frankreich, Deutschland, den USA, Kroatien, Slowenien, etc. Ein großer Teil seiner Werke ist nach wie vor im Besitz seiner Witwe Zdravka Bašicevic in Zagreb.
Dimitrije Bašicevic Mangelos (Šid 1921 - Zagreb 1987) war Kunsthistoriker, Kritiker und Kurator in Zagreb. Der breiten Öffentlichkeit weniger bekannt, arbeitete er jedoch zur gleichen Zeit auch als Künstler unter dem Pseudonym Mangelos (nach einem Dorf nahe seines Geburtsortes Šid). Er war Mitglied der Gruppe "Gorgona", die zwischen 1959 und 1966 in Zagreb aktiv war. Neben ihren individuellen künstlerischen Arbeiten organisierten die Mitglieder der Gruppe Ausstellungen, stellten Konzepte, Projekte und neue Formen künstlerischer Kommunikation vor und veröffentlichten das Anti-Magazin "Gorgona".
Laut einer nachträglichen Chronologie durch Mangelos begann sein künstlerisches Schaffen in der Nachkriegszeit mit folgenden Werkgruppen: "Paysages de la mort", "Paysages de la guerre", "Paysages" und "Tabula Rasa" (schwarze und weiße monochrome Oberflächen mit darunterliegendem Text), für ihn der Ausdruck von Vergessen und Neuanfang. Indem er die Positionen von Gorgonas Anti-Kunst vertrat, lehnte Mangelos in den Serien "Pythagoras", "Anti-Malerei" und "Alphabete" alles Metaphorische ab und betonte den rationalen Aspekt der Kunst. Später schrieb er Gedanken, Gedichte ("No-stories") und Manifeste in schwarzer, weißer und roter Farbe kalligraphisch zwischen gezogene Linien - eine hybride Mischung von Schrift und Malerei in Notizbüchern, auf Holz und auf Globen. In den 1970er Jahren zeigte Dimitrije Bašicevic Mangelos als Kurator Konzept- und Medienkunst, vor allem Fotografie, als Künstler tendierte er jedoch eher zu Begriffsklärungen und Gedankenkonzeptionen. Er wurde dabei von der jüngeren Künstlergeneration in Zagreb unterstützt und stellte häufig in von Künstlern geführten unabhängigen Kunsträumen aus.
Mangelos stand im Dialog - oder eher im Disput - mit allen Themen, mit denen er sich beschäftigte und sein Interesse war umfassend, von Philosophie bis Kunst, von Psychoanalyse bis Biologie. Texte waren für ihn ein spezifisches Medium, um seine sehr subjektiven Gedanken auszudrücken, dominiert von seiner Theorie der "Maschinenzivilisation" und des "funktionellen Denkens", für ihn eine Weiterentwicklung seiner Gedanken über die Entwicklung der Gesellschaft und der Nicht-Entwicklung der Kunst, d.h. der Krise und des Todes der Kunst. Er erklärte dies mit der Kluft zwischen den zwei Zivilisationen: der "handwerklichen" und der "Maschinenzivilisation". Die erstere basiert auf dem "alten, naiven und metaphorischen" Denken, die andere auf "funktionellem" Denken.
Humor und Ironie fehlten nie - wenn er Gedankenkonzepte ausstellte, in der Diskrepanz zwischen einer anspruchsvollen Botschaft und einem banalen Satz, wenn er sich über Autoritäten lustig machte oder verschiedene Fremdsprachen, vor allem Deutsch, Französisch und Englisch, vermischte. Im Bewusstsein, dass Sprache nicht die Präzision des funktionalen Denkens wiedergeben konnte, wurden seine Manifeste immer lakonischer und kürzer (vor allem jene, die er auf Globen schrieb). Er versuchte, Informationen auf die prägnanteste Form zu bringen, auf einen klaren, präzisen Gedanken zu reduzieren, einen "Super-Wittgenstein-Gedanken", wie er es nannte.
Mangelos Werk steht in einem Konnex mit dem Gefühl des Absurden im existenzialistischen Nihilismus, einer Freiheit des Ausdrucks und der Transzendenz der Medien wie sie für die Fluxus-Bewegung charakteristisch waren, dem unabhängigen intellektuellen Geist der Gorgona Gruppe, der Reduktion expressiver Mittel auf Sprache/Schrift und einer philosophischen Annäherung an den Konzeptualismus und zahlreiche andere Bereiche, die nicht notwendigerweise mit Kunst zu tun haben. Mangelos opponierte gegen alles, was erschöpft und obsolet erschien und schuf einen spezifischen Freiraum, den er für sich selbst entdeckte und den er das "private Experiment NO-ART" nannte.