KRIEG.

Österreichische Triennale zur Fotografie 1993

17.09. - 31.10.1993

Bildinformationen

Laufzeit

17.09. - 31.10.1993

Eröffnung

16.09.1993, 19 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

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Über die
Ausstellung

Die Ausstellung KRIEG fand in Zusammenarbeit von Neuer Galerie Graz und Forum Stadtpark Graz statt.


Zur Ausstellung ist bei Edition Camera Austria ein Katalog (im Handel nicht mehr erhältlich) erschienen mit Texten von Bogdan Bogdanovic (Serbien), Burghart Schmidt (Österreich), Fred Ritchin (USA), Harun Farocki (Deutschland), Dzevad Karahasan (Bosnien-Herzegowina), Herta Wolf (Österreich), Dubravka Ugresic (Kroatien).

Die Triennale zur Fotografie wird vom Österreichischen Kunstministerium seit 1993 veranstaltet und geht zurück auf eine Idee von Werner Fenz.

Die Arbeit an der Ausstellung KRIEG. wurde Anfang des Jahres 1993 begonnen. Die Entscheidung, eine Veranstaltung mit und um Fotografie in bezug zur nur wenige Stunden von Graz entfernt stattfindenden Katastrophe im ehemaligen Jugoslawien zu setzen, hat sich mit zwingender Selbstverständlichkeit ergeben: Der Realität und der Kunst gegenüber. Nicht im Inneren der fotografisch/künstlerischen Praxis, im selbstreflexiven Sinn, in der Untersuchung methodischer und formaler Entscheidungen oder als Standortbestimmung heutigen Fotoschaffens sollte dieses Projekt beginnen, sondern das Medium sollte vor diesem Hintergrund historischer Wirklichkeit stehen. Eine Herausforderung für eine Kunst, die sich mit dem Realen einläßt? Ein Versuch jedenfalls, der auch das Scheitern als mögliche Antwort einschließt. Wie kann innerhalb des fotografischen Diskurses auf die Situation KRIEG. reagiert werden, wie kann diese vielschichtige Formation "sichtbar" gemacht, bezeichnet, in eine künstlerische Produktion gewendet werden?

KRIEG. als Thema zu wählen heißt, jede mögliche Äußerung (heute) vor den Hintergrund des Zustandes Krieg zu stellen. Fragen nach einer Form des Ausdrucks, nach Möglichkeiten der Beschreibung und des Umganges mit diesem Zustand werden entscheidend, wenn wir dem Kommentar und der Illustration von Gegebenheiten, d. h. den der Fotografie vorrangig zugesprochenen Eigenschaften nicht mehr glauben können, wenn der Wirklichkeitsbegriff, von dem wir ausgehen, ein vermittelter (geworden) ist, wenn somit erst der Angriff auf den Körper eine Wirklichkeit einzuführen scheint, die als real erfahren werden könnte. Mittels einer solchen Erfahrung ließe sich die von der Alltagsgewalt bewirkte Immunität überwinden.

Mit einem Thema wie KRIEG. (das in der Fotografiegeschichte einen weiteren Hintergrund bildet - Fotografie als strategisches wie als propagandistisches Mittel) glauben wir, daß dieses Ausstellungsprojekt doppelt wirksam sein sollte: Ein Ereignis fokussierend, werden hier die allgemeinen Bedingungen einer Kunst, die sich mit dem Realen einläßt, angesprochen. Auf die Fotografie, jenes grundsätzlich abbildhafte Medium, bezogen bedeuten diese Umstände eine besondere Herausforderung - in einer zeitgemäßen fotografischen Sprache das Sichtbare und Denkbare des Realen und seiner begreifbaren Fragmente zu formulieren.

Wie das Leben erst vom Tod her erzählbar wird, ist auch der Blick auf historische Ereignisse retrospektiv. Wir haben keine andere Wahl als unsere Perspektive als "außenstehende Betrachter" zu formulieren - die Auswahl der Künstler und Autoren, die aus einem unterschiedlichen politischen Umfeld und mit subjektiven Haltungen an diesem Projekt mitarbeiten, zeigt dies. Die Textbeiträge spielen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die künstlerischen Arbeiten: Den Blick von innen verdanken wir drei Textautoren aus dem ehemaligen Jugoslawien. Im ersten Band des Kataloges werden thematisch relevante Arbeiten der Teilnehmer veröffentlicht, er soll zu den für die Ausstellung KRIEG. entstandenen Projekten hinführen. Der zweite Band dokumentiert die Ausstellung selbst ausführlich.

Wir danken den Künstlerinnen und Künstlern, den Autorinnen und Autoren, sowie den öffentlichen Institutionen für ihre Bereitschaft, sich mit uns auf dieses Thema und dieses Vorhaben einzulassen.

Werner Fenz, Christine Frisinghelli

Künstler*innen
Dennis Adams (USA) · · · Iris Andraschek (A) · · · Art in Ruins (GB) · · · Bader & Tanterl (D) · · · John Baldessari (USA) · · · Sabine Bitter (A) · · · Christopher Bledowski (CH) · · · Krzysztof Cichosz (PL) · · · Michel Dector / Michel Dupuy (F) · · · Willie Doherty (IRL) · · · Seiichi Furuya (J) · · · Georg Herold (D) · · · Horàkovà & Maurer (CZ / A) · · · Gerald van der Kaap (NL) · · · Herwig Kempinger (A) · · · Astrid Klein (D) · · · Verena Kraft / Kurt Petz (D) · · · Elke Krystufek (A) · · · Zofia Kulik (PL) · · · Wladimir Kuprijanow (GUS) Paper Tiger Television (USA) · · · Philippe Perrin (F) · · · Pierre et Gilles (F) · · · Martha Rosler (USA) · · · Michael Schuster (A) · · · Andrea Sodomka (A) · · · Andrea van der Straeten (D) · · · Matta Wagnest (A) · · · Nick Waplington (GB) · · · Manfred Willmann (A)

Beiträge

KRIEG. - Bader & Tanterl
Bader & Tanterl liefern Fotobilder, die das Thema explizit beim Wort nehmen. [...] Durch die Benennung kommt permanent die Existenz des Krieges zur Sprache. Die Argumentation erfolgt dabei an der Schnittstelle zwischen Anonymität und Individualität, der metaphorische Charakter liegt im Werk selbst. Verweise evozieren Bilder über das tatsächliche Bild hinaus; jede mögliche Anreicherung ist im Rezeptionsverhalten des Betrachters aufgehoben.
Werner Fenz, Von den Darstellungen zum KRIEG.

John Baldessari
Erst wenn das Erkennen von Bedeutungen so sehr gestört wurde, der Grad der Irritation so groß ist wie in der Arbeit John Baldessaris; wenn die Präsenz des Bildes so flüchtig ist wie sein Erscheinen auf den Plakatflächen der Stadt während einiger Wochen, wenn die Aussage nach einiger Zeit überdeckt sein wird von anderen Botschaften - kann der einfache Satz, ohne Autorität, ausgesprochen werden: "KRIEG: Die passende Antwort: Eine ausgestreckte Hand."
Christine Frisinghelli, KRIEG.

Horàkovà & Maurer
Die etymologische Lesart - Krawatte/Krawat/Kroate - mag eine Konnotation sein, die "Erklärung" des Kunstwerks ist sie nicht. Vielmehr sticht das Objekt selbst und seine allgemeine semiotische Verankerung ins Auge. Diese führt zu Bedeutungszuordnungen für ein nicht bedeutendes Objekt. Auf dieser Ebene von Sinn und Gehalt, der sich der Betrachter vor allem im Themenzusammenhang zu stellen versucht, balanciert der Gegenstand seine Bekanntheit im einen und seine Fremdheit im anderen Kontext aus. Der Realitätsgrad des abgebildeten Objekts sollte es davor bewahren, zum Menetekel oder zum inoffiziellen Hoheitszeichen zu mutieren, obgleich auch dafür keine absolute Sicherheitsgarantie geliefert werden kann.
Werner Fenz, Von den Darstellungen zum KRIEG.

Paper Tiger Television
TARGET AUDIENCE / ZIELGRUPPE (1993)
In dieser Installation werden zwei Räume nachgestellt, wo sich Menschen im Krieg versammeln: ein Militärbunker und ein Wohnzimmer mit TV-Gerät. Der Bunker suggeriert unsere Realität als Angehörige einer dem Wort- und Bildbombardement der TV-Nachrichten ausgesetzten Konsumgesellschaft. In diesen Nachrichten wird die Kriegswirklichkeit gemäß den Absichten internationaler Multis gefiltert, verherrlicht und verzerrt.
Paper Tiger Television

Martha Rosler
Das Fotoarrangement "It Lingers" aus dem Jahr 1993 für die Ausstellung KRIEG. soll ikonische Bilder des Krieges, vor allem des 2. Weltkrieges, zum Teil aber auch des derzeitigen Krieges im ehemaligen Jugoslawien, ins Bewußtsein rufen. Die Installation dreht sich um jeweils ein Bild, das in meiner Heimat, in den USA, und eines, das am Ort der Ausstellung, in Österreich, Bedeutung hat; sie umfaßt aber noch weitere Bilder und Texte. Die Arbeit soll Zusammenhänge zwischen militärischen Gedenkfeiern und der Militarisierung des Alltagslebens deutlich machen.
Martha Rosler

Einblicke

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