Franz Motschnig hat es geschafft, als einer der ganz wenigen in der steirischen Malerei, sich von den klassischen Materialien der Malerei, nämlich Öl und Leinwand, zur Gänze zu befreien und Bilder nur aus Glas und farbigen Stoffen zu "malen".
Die Malerei hat im Zuge ihrer Selbstanalyse und Selbstbegründung einerseits immer mehr ihre eigene Materialität und ihre eigenen Trägermedien untersucht und dabei immer mehr Materialcharakter angenommen, was zu einer Kette von materiellen Substitutionsoperationen führte (Leinwand wurde durch Holz, Eisen oder Aluminium ersetzt, Farbe durch Erde, Kiesel, Sand, Schnüre, Stoff, Lebensmittel etc.). Zwischen Materialität, Medialität und Immaterialität situierte sich die neue Malerei.
Auch Franz Motschnig hat sich in seiner jüngsten Produktion auf überraschende Weise aus dem Sumpf des Farbbreis gezogen. Beginnend mit riesigen Bildfeldern aus schweren bunten Stoffen und aus dick aufgetragenen Farbmassen (Pu-Schaum), die wie kompakte, fast dreidimensionale Bildobjekte wirken, Farbmassive, die nicht von ungefähr Bergmassiven und von oben gesichteten Landschaften, dreidimensionalen Landkarten gleichen, hat er sich in das Feld der Materialmalerei eingearbeitet. Schlußendlich hat er es geschafft, als einer der ganz wenigen in der steirischen Malerei, sich von den klassischen Materialien der Malerei, nämlich Öl und Leinwand, zur Gänze zu befreien und Bilder nur aus Glas und farbigen Stoffen zu "malen". Die Dispension von Dispersion, Ölfarbe und Leinwand gibt diesen reinen Materialbildern eine mediterrane Leichtigkeit, die an die späten Farbpapierexperimente von Matisse erinnert. Der Ersatz von Pinselschwung durch Faltenschwung, die durch die Überlagerungen mehrerer farbiger Stoffe erzielten Farb-Additionen und -Subtraktionen treiben die klassische Methode der Schichtenmalerei auf ungewohnte Weise voran: statt Farbschicht auf Farbschicht, die zudeckt, kommt es zu Stoffschicht auf Stoffschicht, die transparent bleibt. Die Transparenz der Stoff-Malerei wird verstärkt, logisch richtig und formal stringent, durch die Transparenz des Glases. Ein Grundaxiom der europäischen Moderne, Transparenz als Folge von Rationalität, die sich selbst begründet, wird hier malerisch visualisiert. Eine Materialmalerei, ganz ohne Ölfarbe und Leinwand, nur mit leichten Stoffen und Glas, erreicht das Paradox, der Faszination der Farbe und der Kritik der Selbstreferenz in gleichem Maße zu erliegen. (Peter Weibel)
Franz Motschnig, geb. 1951 in Völkermarkt, lebt in Graz