Catrin Bolt

Lauftext

Bildinformationen

Eröffnung

2013 / Wiedereröffnung: 2021 & 2024

Ort

Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark

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Über das
Projekt

Erstmals 2013 als temporäres Projekt angelegt, wurde die Arbeit 2021/2024 in eine permanente Installation umgewandelt und instand gesetzt. Sie zieht sich von der Radetzkystraße 8 bis zum Griesplatz durch den öffentlichen Raum der Stadt Graz.


Catrin Bolt

Lauftext

Catrin Bolt nimmt mit diesem unkonventionellen Denkmal mittels dem Medium Schrift Bezug auf die Novemberpogrome von 1938, bei welchen erstmals von offizieller Seite Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden ausgeübt wurde. 2013 trug die Künstlerin den Bericht des damaligen Oberrabbiners David Herzog zum ersten Mal temporär auf. Der Text verläuft entlang jener Strecke, die er von seinem Wohnort in der Radetzkystraße 8 bis zum Griesplatz zu Fuß getrieben und auf offener Straße misshandelt wurde. Der Lauftext als permanente Arbeit wurde am 10. November 2021 um 16 Uhr eröffnet.

„Dieses Mahnmal ist kein symbolisches oder repräsentatives Denkmal, das in Vertretung für die Bevölkerung Leid darstellt und mahnt, es fordert die Betrachter*innen und bindet sie aktiv in den Gedenkprozess ein. Über den subjektiven Bericht kann die damalige Situation nachempfunden werden, und man wird nicht nur theoretisch, transformativ informiert, sondern kann real den Weg verfolgen, Sequenzen empfinden, wird unmittelbar und doch subtil berührt. Anhand eines Einzelschicksals wird hier die grauenvolle Dimension menschenverachtenden Massenwahns erkenn- und fühlbar.“

Elisabeth Fiedler, Leiterin des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark

 

Technische Beratung:

Firma Kansai Helios

Standort:

Radetzkystraße 8 über den Grieskai, der Rosenkranzgasse, Kleegasse und Brückenkopfgasse bis zum Griesplatz

Bildinformationen

Thematischer Hintergrund

Die Novemberpogrome von 1938 gelten als bezeichnendes Ereignis, da erstmals von offizieller Seite Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden angeordnet war und Teile des Staatsapparats sowie der Bevölkerung in massiven Übergriffen auf offener Straße gegen jüdische Mitbürger*innen vorgingen. In Graz wurde nicht nur die Synagoge in Brand gesteckt; wie viele andere Jüdinnen und Juden holte man auch den damaligen Oberrabbiner David Herzog nachts aus seiner Wohnung, misshandelte ihn auf offener Straße und bedrohte ihn wiederholt mit dem Tode.

Der Stadtraum als zentraler Bereich des öffentlichen Lebens, der besonders auch zu jener Zeit als Ort der Machtbehauptung und Exklusion genutzt wurde, wird zum Erzähler seiner eigenen Vergangenheit. Schrift dient nicht nur als Zeichen der Bewusstwerdung und Reflexion, der Geschichtsschreibung und Kommunikation, sondern wird im Lauftext auch zu einer Skulptur.

Der Lauftext von Bolt funktioniert nicht nur im klassischen Sinne eines Denkmales, das auf die Vergangenheit verweist und für die Zukunft warnt, sondern spricht sowohl über ihre Ausführung als auch über den Textinhalt allgemein Verwendung und Missbrauch des öffentlichen Raumes zu machtpolitischen Aspekten an. Denn tatsächlich steht immer wieder zur Diskussion, wie der öffentliche Raum begriffen und definiert wird, von wem er besetzt oder eingenommen werden kann, wer nur am Rande Platz hat und wer im Zentrum steht. Klar ist, dass er nicht Wohnzimmer, also persönlicher Privatbereich ist, aus dem man Unerwünschtes einfach aussperren kann. Heute stellt sich zunehmend die Frage, wie weit er, als grundsätzlich allen zugänglicher und zur Verfügung stehender Bereich, von ökonomischen Interessen dominiert und geprägt wird. Kunst ist weder mit kommerzieller Werbung vergleichbar, noch dient sie der Behübschung unserer Umgebung. Sie spielt in unserem Leben und vor allem im öffentlichen Raum eine besondere Rolle, da sie wesentlich zum Demokratieverständnis und zur Selbstreflexion innerhalb einer Gesellschaft beiträgt.

Catrin Bolt (*1979)
Publikation: Lauftext Mahnmal

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Folder: Catrin Bolt, Lauftext

In Zusammenarbeit mit

Jüdische Gemeinde Graz

Jausnstadl