Einer der schönsten Funde der Austria Romana wurde 1990 bei Ausgrabungen des Institutes für Archäologie der Karl-Franzens-Universität Graz gemacht. Bei seiner Auffindung war der sogenannte Silberbecher von Grünau zwar vollständig, aber in die einzelnen Teile – Innen- und Außenbecher, Henkel und Standfläche – zerlegt, die erst bei der Restaurierung zusammengefügt wurden.
Zwischen den Henkeln ist eine Szene aus dem römischen Circus dargestellt. Girlanden, die zwischen Bukranien befestigt sind, bilden den oberen Abschluss der Szene. Auf der Vorderseite sieht man einen Wagenlenker, der den Wagen seiner Quadriga besteigt, während zwei der Pferde angeschirrt werden. Zwei Sklaven sind mit den Pferden beschäftigt, während ein Pferdeführer nach rechts voranreitet. Weiter rechts kann man die als Kegel dargestellten Wendemarken erkennen. Die Kurven möglichst eng anzufahren, ohne dabei mit der Achse des Wagens die Wendemarke zu streifen, war das erklärte Ziel der Fahrer.
Die Rückseite des Skyphos zeigt den Sturz eines Gespanns. Der Wagenlenker ist vom Wagen gestürzt, eines der Pferde scheut, eines ist gestürzt, ein Sklave versucht, in die Zügel zu greifen. Der unglückliche Ausgang der Szene wird durch das Entsetzen eines Zuschauers im Hintergrund bestätigt.
Die Verzierung der Daumenplatten sowie die Technik und die bildliche Darstellung machen eine Datierung in claudische Zeit wahrscheinlich. Unklar ist, wie der Becher seinen Weg von einer wohl mittelitalienischen Werkstätte in die Villa von Grünau (Groß St. Florian, Bezirk Deutschlandsberg) gefunden hat. Der Besitzer war jedenfalls nicht in der Lage, das wertvolle Stück, das er wohl beim Herannahen einer Gefahr verborgen hatte, wieder an sich zu nehmen.