Das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark und der Steirische Dachverband der Offenen Jugendarbeit setzen auf Interventionen im Zeichen der Erneuerung.
Nach der Krise kommt etwas NEUES behaupten viele Expert*innen aus unterschiedlichen Fachbereichen und zeichnen oftmals eine Morgendämmerung eines NEUEN und nachhaltigen Humanismus in der Welt. Dabei stellen Krisen auch in der Regel einen Wendepunkt dar und bieten sowohl die Chancen für eine Lösung als auch die Gefahr einer Verschärfung der Situationen. Dabei kommt der Möglichkeit einer Neuordnung von Gesellschaftsordnungen und Gesellschaftsstrukturen eine große Bedeutung zu.
Für Jugendliche bedeuten externe Krisen – wie derzeit die „Corona-Krise“ – und die damit einhergehenden Maßnahmen eine besondere Brisanz. In ihrer von Entwicklungsaufgaben geprägten Lebensphase kommen noch erschwerende Rahmenbedingungen hinzu. Freiräume, Lernräume, Mobilität, soziale Kontakte, Austausch mit Freund*innen und erwachsenen Bezugspersonen, Bewegung und Sport – unter anderem im öffentlichen Raum – sind zentrale, entwicklungspsychologisch bedeutende und stabilisierende Faktoren für junge Menschen. Jugendliche brauchen Auseinandersetzungen mit Erwachsenen, mit Autoritäten, mit ihrem Umfeld. Spannungen und Konflikte in den Familien, in den Schulen und Ausbildungsstätten sind daher in der Lebensphase Jugend keine Seltenheit und wichtige Lernfelder beim Hineinwachsen in die Gesellschaft.
Diese sozialen Kontakte sind eine wichtige Orientierungshilfe für Jugendliche bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Die Rückkehr zur „Normalität“ wirkt dahingehend wie eine Befreiung, bietet aber zurzeit nur wenig Spielraum, um wirklich NEUES zu denken und zu implementieren.
Genau diese Thematik greift das Projekt NEU! des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark und des Steirischen Dachverbands der Offenen Jugendarbeit mit Interventionen im Zeichen der Erneuerung aus dem Blickfeld von Jugendlichen auf.
Das Kooperationsprojekt NEU! findet 2022 in drei steirischen Gemeinden (Knittelfeld, Kindberg und Passail) statt, die über eine aktive Offene Jugendarbeit verfügen. In den Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit werden Künstler*innen eingeladen, welche mit den Jugendlichen vor Ort die Veränderungen ihrer Lebensumgebung, insbesondere in Bezug auf das Aufwachsen in einer von Krisen geprägten Gesellschaft erkundet und NEUES bearbeitet. Das Wissen der Jugendlichen über ihre veränderten Lebenswelten, über die regionalen und kommunalen Realitäten, über ihre Visionen und konkreten Bedürfnisse einer zukünftigen Gesellschaft – also NEUES – ist dabei ebenso sehr gefragt wie der externe Blick von den Künstler*innen.
Im Zuge des Projekts entwickeln die Künstler*innen Scott Clifford Evans & Anna Jermolaewa und Florian Berger sowie das Kollektiv Total Refusal (Susanna Flock, Leonhard Müllner, Adrian Jonas Haim, Robin Klengel) gemeinsam mit den Jugendlichen an Orten, die von den jungen Leuten als für die Krise markant definiert werden, mittelfristige künstlerische Interventionen für den öffentlichen Raum in der jeweiligen Gemeinde. Die Teilhabe der Jugendlichen an der Konzeption sowie am künstlerischen Prozess ist ein wesentliches Kriterium in allen Phasen des Projekts – vom gemeinsamen Diskurs, von der gemeinsamen Erkundung der Orte, der Analyse der Krisenrealitäten, einer Auflistung der sich bietenden Themenfelder und Fragestellungen bis hin zur Auswahl der Plätze für die künstlerischen Interventionen und praktischen Umsetzung der Kunstwerke. Wo immer es zu gewährleisten ist, sollen junge Menschen die Möglichkeit erhalten, mit den Künstler*innen gemeinsam zu arbeiten und die Entstehung des Kunstwerks aktiv mitzutragen und mitzugestalten.
Die im kollektiven Prozess entstandenen Kunstwerke sollen die Thematiken der Jugendlichen öffentlich wahrnehmbar und deutlich machen. Der informelle Charakter und die Niederschwelligkeit des Projekts, die Berücksichtigung der Lebenswelten der Jugendlichen und die Anknüpfung an ihre kulturellen Ausdrucksformen sowie an die konkreten Situationen in ihren Gemeinden sind die zentralen Elemente.
Text: Florian Arlt, Steirischer Dachverband der Offenen Jugenarbeit.