In seiner vielzitierten Nobelpreisrede von 1987 fordert der russisch-amerikanische Lyriker Joseph Brodsky, dass Gedichte an jeder Tankstelle und Klassiker in billigen Ausgaben erhältlich sein sollten. Sie seien der gedankliche Treibstoff für den Tag, ein „kolossaler Beschleuniger des Bewußtseins, des Denkens, der Wahrnehmung der Welt“.
Das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark und der international renommierte Dichter und Übersetzer Matthias Göritz (* 1969) knüpften an diese Ideen an und brachten Poesie in den urbanen Freibereich der literarisch experimentierfreudigen Stadt Graz. Drei Automaten, normalerweise mit Spielereien für Kinder, erfrischenden Bonbons oder Kondomen befüllt, wurden zu lyrischen Raumin(ter)ventionen und gaben Poesie aus.
Für ein halbes Jahr waren Bewohner- und Besucher*innen von Graz eingeladen, Gedichte aus drei unterschiedlichen Apparaten zu ziehen. Der „Frische Gedichte“-Automat im Joanneumsviertel barg bisher unveröffentlichte, neue Werke von Grazer Dichter*innen, der „Mein Nachbar auf der Wolke“-Automat am Schloßberg überraschte mit Gedichten slowenischer Lyriker*innen auf Slowenisch und Deutsch und besonders „gefühlsechte“ Gedichte hielt ein historischer Kondomautomat neben dem Eingang des Forum Stadtpark bereit.
Jeder Automat war mit 14 unterschiedlichen Gedichten bestückt, welche um je 50 Cent erhältlich waren. Im Rahmen des 50-Cent-Preises wurden die Leser*innen auch dazu eingeladen, aktiv zu werden. Mittels Onlinevoting konnte eines der Gedichte des Automaten im Joanneumsviertel als Favorit ausgewählt werden.
Orte: Joanneumsviertel, Schloßberg & Forum Stadtpark (8010 Graz)